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Wolfpassing - Haghof


Der Ort Wolfpassing war seit dem 12. Jahrhundert landesfürstlich. Er gehörte dem Mödlinger Zweig der Babenberger. Ein hier bestehender Hof wurde meist verliehen, wobei die Lehensinhaber nicht exakt einzuordnen sind, da es allein im Weinviertel und im Tullner Becken noch zwei weitere Orte namens Wolfpassing (Wolfpassing am Wagram und Wolfpassing an der Hochleiten) gab und in den drei Orten natürlich mehrere Höfe existierten. So nennt sich zwischen 1279 und 1299 ein Leutwin von Grafenwerd auch nach Wolfpassing. Vor 1333 war das Wolfpassinger Lehen im Besitz des Konrad von Sierndorf, der damals seinen Hof der Gemeinde Hausleiten als Zehenthof zur Verfügung stellen musste. Als Lehensnehmer folgte 1378 Hans Parschenprunner. Um 1448 stellten die Maissauer die Besitzer. Sie übergaben ebenfalls einen Hof der Pfarre Hausleiten. Ob es sich um den gleichen Hof bzw. um den heutigen Haghof handelte ist nicht mit Sicherheit zu sagen, doch geht man davon aus, dass der damalige Pichlhof der spätere Haghof war. 1538 gelangte der Ort Wolfpassing als Lehen an Julius I Graf von Hardegg aus einer Nebenlinie der Hardegger Grafen. Sein Sohn Heinrich II Graf von Hardegg ließ das bereits stark vernachlässigte Herrenhaus durch die Baumeister Jakob Vivian und Ferdinand Dunano ab 1572 schlossartig ausbauen. Möglicherweise handelte es sich um einen Abriss des alten Gebäudes und einen Neubau. Der Wiener Dombaumeister Hans Saphoy dürfte als Berater sein Wissen zur Verfügung gestellt haben. Heinrich, nach dem der Hof nun auch Hardeggerhof genannt wurde, wohnte zuvor im durch die regelmäßigen Donauhochwasser gefährdeten Schloss Schmida. Er war mit der reichen Anna Maria Gräfin Thurn-Valsassina verheiratet, so dass er über die notwendigen Mittel für seine Bauvorhaben verfügte. Nach dem Ableben ihres Mannes zog die Gräfin 1591 aus dem Haghof aus und bezog ihren Witwensitz Oberabsdorf. 1645 verwüsteten die Schweden den Hof. Zwischen 1608 und 1684 diente die Kapelle des Haghofes als Begräbnisstätte der Grafen von Hardegg. Nach einem Brand erhielt das Gebäude 1725 seine heutige Gestalt. Im 19. Jahrhundert wurde das Schloss zum Zentrum eines großen Gutsbetriebes aus- und umgebaut. Der heutige Besitzer des Haghofes ist Georg Stradiot, der eine Renovierung und Reaktivierung plant.

Der einstige Adelssitz liegt etwa einen Kilometer nordwestlich von Hausleiten am südlichen Rand von Wolfpassing, das heute ein Teil der Gemeinde Seitzersdorf-Wolfpassing ist. Zahlreiche Stall- und Wirtschaftsgebäude begrenzen das von einer Mauer umgebene Schlossareal. Es wird jedoch zum größten Teil nicht mehr bewohnt und bewirtschaftet, so dass es ein vernachlässigtes und teilweise baufälliges Aussehen hat. Das rechteckige Herrenhaus stammt aus der Spätrenaissance. Es ist ein zweigeschossiger unterkellerter Bau unter einem hohen Mansarddach. Dieses ersetzte zu Beginn des 19. Jahrhunderts das durch Brand zerstörte alte Grabendach, das am Vischer-Stich deutlich zu erkennen ist. Die Schauseiten der beiden Hauptfronten sind neunachsig. Die Seitenfronten weisen nur drei bzw. zwei Achsen auf. Als Bauschmuck fallen nur der Ortsteindekor an den Gebäudekanten sowie die von Konsolen gestützten Sohlbänke und die geraden Fensterverdachungen auf. Als im 19. Jahrhundert das Obergeschoß des Schlosses als Schüttboden diente, wurden die hier befindlichen Fenster teilweise vermauert. Das gequaderte Rechteckportal befindet sich in der Mittelachse. Es wird von gebänderten Pilastern flankiert. Die Jahreszahl 1682 über dem Portal dürfte auf einen Umbau zurückgehen. Das Innere des Haghofes ist wegen seiner Zweckentfremdung wenig interessant. Zwei große Hallen mit korbbogenförmigen Kreuzgratgewölbten wurden später unterteilt. Bemerkenswert sind die mächtigen tonnengewölbten Kelleranlagen. Die Schlosskapelle steht isoliert in der Nordwestecke des Gutshofes. Sie ist ein durch Strebepfeiler standsicher gemachter Ziegelbau mit einem Polygonalchor. Die Kapelle verfügt über keinen Turm, da dieser 1718 durch einen Blitzschlag zerstört wurde. Sie macht einen gotischen Eindruck, ist aber erst um 1580 als protestantisches Bethaus entstanden. Nachdem sie 1628 katholisiert wurde, wurde sie der hl. Barbara und dem hl. Kreuz geweiht. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurde sie profaniert und ihr Langhaus in einen Schüttkasten umgewandelt. Der Chor diente weiterhin als Gruftkapelle. Der Hauptaltar geht auf einen Entwurf von Johann Lukas von Hildebrandt aus dem Jahr 1731 zurück. Um ihn vor mutwilligen Zerstörungen zu sichern wurde er vor einigen Jahren aus der Kapelle entfernt. Vor dem Schloss steht eine Statuengruppe aus Sandstein von 1743, die den hl. Franz Xaver zeigt, wie er einen Negerknaben tauft.

Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 13 km nördlich von Tulln

Besichtigung: nicht möglich


Weitere Literatur:


28.12.2011