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Ebenfurth


Ebenfurth dürfte zu den ältesten Burgen Österreichs gehören. Die Lage des heutigen Schlosses am westlichen Ufer der Leitha war im Mittelalter strategisch besonders günstig. In Ebenfurth gabelte sich die schon von den Römern benützte Bernsteinstraße von Ödenburg nach Wien in mehrere Äste. Wie schon der Name sagt, gab es hier eine Furt durch den Fluss, der jahrhundertelang die Grenze gegen Ungarn bildete. Man nimmt daher an, dass an der Stelle des späteren Schlosses bereits zu Beginn des 12. Jahrhunderts ein Wehrbau existierte. Da in Ebenfurth eine Burg erst 1263 urkundlich erwähnt wird, dürfte es sich aber zuvor um eine wenig bedeutende Anlage, vermutlich um ein „Festes Haus“, gehandelt haben. Der Ort „Ebenfurte“ scheint übrigens 1160 urkundlich erstmals auf. Er war ein Lehen des Bistums Passau. Die Furt stand vermutlich im Schutz eines Turmes. Diese Anlage befand sich 1250 im Lehensbesitz der Feldsberg/Seefelder. Die Mitglieder dieser Familie wurden um die Mitte des 13. Jahrhundert mit dem Ehrenamt der Truchsesse von Österreich betraut, starb aber bereits 1269 aus. Um 1270 ging Ebenfurth in das Eigentum der Pottendorfer über, die 1290 hier ein einträgliches Mautrecht erhielten. Chunrad von Pottendorf bekam 1293 von Herzog Albrecht I die Erlaubnis, die in den Ungarnkämpfen schwer beschädigte Anlage auf- und auszubauen. Möglicherweise war diese bereits in der Schlacht an der Leitha 1246 verwüstet worden. Er schuf eine, von einer Ringmauer umgebene, kleine romanische Wasserburg. Reste davon sind noch im Mauerwerk des Nordturms erkenntlich. Durch ihre Lage unmittelbar an der Landesgrenze war die Burg immer wieder schwer umkämpft und musste häufig ausgebessert und ausgebaut werden. Die Pottendorfer behielten Ebenfurth bis zu ihrem Aussterben gegen Ende des 15. Jahrhunderts, wobei sie die Wehreinrichtungen mehrfach verstärkten.

Die Anlage war ein wichtiges Bindeglied in der Burgenkette Wiener Neustadt, Ebenfurth, Bruck/Leitha, Hainburg sowie Pottendorf, Ebreichsdorf und Ebergassing. Ihr gegenüber lagen die ungarischen Grenzburgen Leithaprodersdorf und Hornstein. Allerdings fiel Ebenfurth in den Kämpfen zwischen Kaiser Friedrich III und König Matthias Corvinus 1485 letzterem in die Hände und wurde verpfändet. Seine Gattin Beatrix wohnte hier 1487 während er die Belagerung von Wiener Neustadt plante und leitete. Als König Matthias 1490 starb, blieb in Ebenfurth eine ungarische Besatzung zurück, die von den kaiserlichen Truppen erst vertrieben werden musste. Da Jörg, der letzte Pottendorfer, mittlerweile verstorben war, wurde Ebenfurth nun landesfürstlich. Die Herrschaft wurde der Reihe nach an Stephan von Zips, Heinrich Prueschenk Graf von Hardegg (1495), Hans von Rappach und den Herren von Stamp verpfändet. Die Schäden der ungarischen Besatzungszeit wurden behoben und die Verteidigungseinrichtungen ausgebaut, da mit einem Türkeneinfall zu rechnen war. Dieser kam 1529 und ließ die Burg recht ramponiert zurück.1582 gelangte Ebenfurth an die Familie Unverzagt, zuerst als Pfand und dann 1589 durch Kauf. Käufer war Wolf von Unverzagt, der als Kämmerer des Kaisers Rudolf II die notwendigen Mittel besaß, um Stadt, Herrschaft und Burg erwerben zu können. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde die hochmittelalterliche Burg in ein Renaissanceschloss verwandelt.. 1683 konnte Ebenfurth den türkischen Streifscharen Widerstand leisten. Eine kurzfristige türkische Besatzung ist aber nicht auszuschließen. Die Barockisierung erfolgte im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts durch die Familie Unverzagt. Von 1747 bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts gehörte Schloss Ebenfurth der Familie Suttner. In dieser Zeit kam es außen zu keinen wesentlichen baulichen Veränderungen mehr. Lediglich die letzten Wehreinrichtungen wurden abgebaut. Im dritten Viertel des 18. Jahrhunderts wurde das Innere im Barock- und Rokokostil großzügig ausgestattet. 1754 schuf Franz Anton Maulpertsch im Auftrag von Leopold Gundacker von Suttner in der von diesem errichteten Schlosskapelle das Deckenfresko.

Damals wurden auch eine bedeutende Gemäldegalerie sowie eine wertvolle Gobelin-Sammlung angelegt. Noch zu Beginn des Zweiten Weltkrieges war das Schloss voll eingerichtet. Mit Fortschreiten des Krieges versuchte man die wertvollsten Ausstattungsgegenstände, darunter zahlreiche barocke Gemälde in Sicherheit zu bringen, doch wurden diese am Bergungsort – einem anderen Schloss der Familie - durch Brand vernichtet. In den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges diente das Schloss vorübergehend als Auffangstelle für zehntausende Flüchtlinge, die sich vor den vordringenden russischen Truppen nach Westen absetzen wollten. Zu Verwahrlosung und schweren Schäden kam es unter der russischen Verwaltung von 1945 bis 1955. In dieser Zeit wurde der Nordostflügel als Hühnerfarm und der Festsaal als Getreidespeicher verwendet. Da das Schloss auch später nicht mehr bewohnt war, wurde im Laufe der Zeit alles noch Brauchbare von Teilen der umliegenden Bevölkerung entwendet oder mutwillig zerstört, so dass letztendlich nur mehr die nackten Mauern ohne eine einzige Fensterscheibe übrig blieben. Auch als 1979 Carl Suttner den bereits ruinösen Bau an Herrn Dr. Liebleitner verkaufte, konnte der neue Eigentümer den weiteren Verfall nicht aufhalten. Lediglich das Bundesdenkmalamt ließ die notwendigsten Sicherungsarbeiten zum Schutz der stark gefährdeten Fresken vornehmen. Erst mit dem vorletzten Besitzerwechsel, der im Jahr 2000 erfolgte, kamen wieder gewisse Hoffnungen auf. Immerhin konnte mit finanzieller Hilfe des Landes Niederösterreich die riesige Dachlandschaft saniert werden. Letzten Endes konnten aber die gewaltigen Finanzmittel, die für eine Generalsanierung erforderlich gewesen wären, nicht aufgebracht werden. Dies ist noch am ehesten Frau Dragana Mirkovic Bijelic und Herrn Anton Bijelic zuzutrauen, die seit 2010 Eigentümer des Schlosses sind und bereits die ersten Schritte zur Sanierung des Schlosses gesetzt haben.

Das Schloss liegt im Westen der gleichnamigen Stadt. Die regelmäßige Vierflügelanlage ähnelt jener der Wiener Hofburg. Sie stammt auch aus derselben Zeit. Schloss Ebenfurth ist im Westen, Süden und Osten von einem ehemals französischen Park umgeben, der einst unter Wasser gesetzt werden konnte. Über den 1960 trocken gelegten Graben führt eine steinerne Bogenbrücke zum Hauptgebäude. Der Graben ist im Gelände noch deutlich erkennbar, wenn er auch stark verwachsen ist. Das nahezu quadratische Kastell (44 x 46 m) ist von einem schmalen Zwinger umgeben, der von einer niedrigen Mauer begrenzt wird. Sie und die an den vier Ecken bastionsartig in den Graben vorspringenden eingeschossigen Blockhäuser sind bereits weitgehend verfallen. Das wuchtige Schloss ist ein rechteckiger, viergeschossiger Bau um einen ebenfalls rechteckigen Innenhof. An der Südseite ist ihm eine zweiarmige Freitreppe mit einer Rokoko-Figurennische vorgelagert. Sie führt vom Obergeschoß in den Garten. Ursprünglich war das Schloss eine U-förmige Dreiseitanlage, deren Eingangsfront durch eine Wehrmauer geschützt war. Die Schließung zum Vierkanter durch den Einbau des Nordtraktes dürfte erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erfolgt sein. Die vier Ecken der Burg sind durch leicht vortretende Türme verstärkt. Die sechsgeschossigen Türme im Norden und Osten überragen den übrigen Bau um etwa sechs Meter. Diese beiden Türme sind mit Pyramidendächer versehen und waren einst vollständig mit großen Buckelquadern verkleidet. Im 18. Jahrhundert wurden sie aber glatt verputzt. Damals hatte die Burg ihre militärische Bedeutung bereits längst verloren, so dass man ihre Wehreinrichtungen weitgehend eliminierte. In größerer Anzahl haben sich Buckelquader noch am Sockel sowie innen am Untergeschoß erhalten.

Beim besonders starken Nordturm handelt es sich vermutlich um den Bergfried der einstigen Burg. Er ist größer und stärker als die übrigen Türme. Seine Seitenlänge beträgt 10,5 m bei einer Mauerstärke von 2,7 m in Bodennähe. Die anderen drei Türme sind wesentlich schmäler (ca. 8,2 Meter im Quadrat) und dünner (ca. 2 m). Auch sie waren mit Buckelquader besetzt, doch sind nur wenige erhalten. Im dritten Viertel des 13. Jahrhunderts war die Burg zum Teil ruinös. Damals verwendete man zahlreiche Buckelquader der Burgtürme für Bauten der Johanniter hinter der Pfarrkirche. Beim späteren Wiederaufbau bevorzugte man an Stelle der Buckelquadern eine wesentlich billigere Ritzquaderung. Süd- und Westturm sind im Gebäude integriert und fallen nicht weiter auf. Die Mauern bestehen meist aus Bruchsteinen, sind aber an den Ecken durch große Quadersteine verstärkt. An der nördlichen zehnachsigen Eingangsseite tritt ein durch Lisenen gegliederter Mittelrisalit kaum vor. Die Erdgeschoßzone ist genutet. Die beiden Obergeschosse werden durch einfache und doppelte Riesenpilaster zusammengefasst. Die hofseitigen Fassaden sind mit Parapeten und Fensterverdachungen ausgestattet. Sie stammen aus der Zeit von der zweiten Hälfte des 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts. Westlich des Schlosses liegen mehrere eingeschossige Nebengebäude, meist aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. An der Südseite erstreckt sich der Schlosspark. Er wird 1631 als Tiergarten erwähnt. Vermutlich wurden hier Damhirsche für die Jagd gezüchtet. Vom barocken Ziergarten haben sich nur Reste von Wasserbecken erhalten.

Durch ein großes Rustikator, über dem sich ein geschwungener Aufsatz mit einer Wappenkartusche befindet, gelangt man in eine hohe fünfachsige Einfahrtshalle, deren Decke mit hübschem Rokoko-Stuck geziert ist. Sie nimmt das gesamte Erdgeschoß dieses Flügels ein und öffnet sich durch fünf auf massigen Mauerpfeilern ruhende Rundbogen zum Hof. Die Erdgeschoßräume sind vorwiegend mit Stichkappentonnen- und Kreuzgratgewölben ausgestattet. An den Schmalseiten der Einfahrtshalle führen zwei Stiegenhäuser in die oberen Stockwerke. Die hier liegenden Räume weisen meist Flachdecken mit barocken Putzspiegeln und Stuckrosetten auf. In der Südwestecke des ersten Stocks liegt die Schlosskapelle mit einem Deckenfresko von Franz Anton Maulpertsch (1754), das die Apotheose des hl. Leopold darstellt. Die gemalte Rokokoarchitektur der Wände dürfte von einem anderen Künstler stammen. Es handelt sich dabei um Nischen mit Engelsfiguren und Büsten der Heiligen Petrus und Paulus als Türbekrönungen. Auch im anschließenden Oratorium und einem weiteren Raum finden sich Spuren barocker Wandmalereien, die auf Maulpertsch zurückgehen könnten. Die Mädchenbüsten wurden aber im 19. Jahrhundert stark übermalt. Ein weiteres Maulpertsch-Fresko, „Diana und Aktaeon“, findet man an der Decke eines Eckzimmers, dem ehemaligen Schlafraum des Hausherrn. Das Gemälde bezieht sich auf eine Geschichte aus Ovids Metamorphosen. Im zweiten Geschoß liegt der große neo-barocke Festsaal, der durch zwei Geschosse geht. Er wurde in der Besatzungszeit nach dem Zweiten Weltkrieg mit zahlreichen kommunistischen Parolen geschmückt, die möglicherweise auch eine spätere Restaurierung überdauern werden, da es sich dabei um ein Zeitzeugnis handelt. In den anderen Flügeln befanden sich Wohnräume, die mit chinoisierenden Tapeten, gemalter Rokoko-Architektur, schönen Möbeln, Öfen und Stuckarbeiten ausgestattet waren. Von all dieser Pracht ist nichts mehr erhalten.

Lage: Niederösterreich/Steinfeld – ca. 12 km nordöstlich von Wiener Neustadt am Rande der gleichnamigen Kleinstadt

Besichtigung: das Schloss wird derzeit restauriert und kann noch nicht wieder besichtigt werden

Homepage: www.schloss-ebenfurth.at


Weitere Literatur:


24.12.2011