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Linz - Bischofshof


Auf dem Grundstück des späteren Bischofshofes befand sich im 17. Jahrhundert der Garten des Stadtschreibers Johann Friedrich Sumatinger. Er wird 1660 erstmals erwähnt. Im Jahr 1700 erbaute Franz Michael Greiner, der Pfleger der Herrschaft Losensteinleiten, ein Stadthaus. (Merkwürdigerweise ist es bereits 1674 auf einem Stich Georg Matthäus Vischers zu sehen.) Es wurde 1719 an das Stift Kremsmünster verkauft. Abt Alexander Strasser ließ nach Plänen des Architekten Jakob Prandtauer zwischen 1722 und 1726 ein repräsentatives Stadtpalais errichten. Möglicherweise war es kein kompletter Neubau, sondern ein weitgehender Um- und Ausbau des alten Gebäudes. Die Aufsicht der Bauarbeiten lag in den Händen von Baumeister Franz Michael Pruckmayr. Johann Baptist Spaz schuf das Wappen über dem Haupteingang in der Herrenstraße sowie die marmornen Türeinfassungen zum Saal und zum Tafelzimmer. Der Deckenstuck im Zimmer des Abtes sowie in den anderen Repräsentationsräumen wurde von Domenico Antonio Carlone angefertigt. Der Bischofshof ist bis heute der bedeutendste profane Barockbau der Landeshauptstadt Linz geblieben. Das riesige Palais war aber wohl selbst dem reichen Stift Kremsmünster zu groß. Ab 1739 wurden darin Wohnungen an Private vermietet. 1742 war Linz von bayerisch-französischen Truppen besetzt. Das Palais diente als Feldspital und erlitt dadurch schere Schäden. Ab 1765 hatte Landeshauptmann Christoph Wilhelm Graf von Thürheim das Gebäude gepachtet. Unter Kaiser Joseph II wurde 1783 eine Studienbibliothek sowie das Museum Physicum aus dem Schloss hierher verlegt. Doch schon im nächsten Jahr bestimmte der Kaiser das Gebäude zum Sitz des Linzer Bischofs. Er hatte es wenige Wochen zuvor dem Stift Kremsmünster abgekauft. 1964/65 wurden die Räume der Beletage neu gestaltet. Das Palais dient nach wie vor dem Linzer Diözesanbischof als Amtssitz und Wohnung.

Das 53 x 40 m große Palais ist eine blockartige Vierflügelanlage um einen rechteckigen Innenhof. Die repräsentative neunachsige Hauptfront ist der Herrenstraße zugewandt. Sie ist dreigeschossig und wird durch einen kaum hervortretenden dreiachsigen Mittelrisalit betont. Dieser ist mit einem Dreiecksgiebel gekrönt. Der barocke Dachstuhl des üppigen Walmdaches ist erhalten. Wie üblich ist das Hauptportal im Mittelrisalit angeordnet. Seine korbbogige Steineinfassung wird von zwei über Eck gestellten Pfeilern mit vorgeblendeten toskanischen Pilastern gerahmt. Der geschweifte Giebel zeigt eine mit dem Kardinalshut geschmückte Kartusche, in der sich das Wappen des Bistums Linz vom Ende des 19. Jahrhunderts befindet. Zwei Volutensockel tragen Steinkugeln. Die Bronzereliefs der Tore wurden erst 1967 von Peter Dimmel geschaffen. Das Erdgeschoß ist genutet und wirkt wie ein hoher Steinsockel. Ein breites Gesimsband trennt es von den Obergeschossen. Diese werden durch toskanische Riesenpilaster zusammengefasst, wobei an den Kanten der Fassaden und Risalite einfache, sonst aber doppelte Pilaster verwendet wurden. Die Fenster des Hauptgeschosses sind abwechselnd mit dreieckigen und korbbogigen Verdachungen ausgestattet. Das doppelte Mittelfenster wird durch eine besonders reich geschweifte Verdachung hervorgehoben. Die Fenster des obersten Geschosses sind einfacher gestaltet. Sie weisen keine Verdachungen auf und stoßen mit ihren Schlusssteinen an das Kranzgesims. Die dreizehnachsige Front an der Bischofsstraße hat einen fünfachsigen Mittelrisalit, aber keinen Giebel. Das dem Hauptportal entsprechende Gartenportal zeigt das Wappen des Stiftes Kremsmünster. Die Hoffassaden sind wesentlich einfacher ausgeführt als die Außenfronten. Die Schmalseiten des Palais zeigen im Erdgeschoß des Hofes drei rundbogige Pfeilerarkaden. An der Begrenzungsmauer des im Osten an das Palais anschließenden Gartens sind barocke Statuen des hl. Nikolaus und des hl. Nepomuk aufgestellt.

Andere Heiligenfiguren stehen in Nischen der dreischiffigen Einfahrtshalle sowie in der Durchfahrt zum Garten. Im repräsentativen dreiläufigen Treppenhaus der Südseite finden sich weitere Figuren (Ceres und Flora). Bemerkenswert ist eine zweiflügelige schmiedeeiserne Gittertür mit Bandlwerkdekor, die Valentin Hofmann 1727 für das Treppenhaus geschaffen hat. Eine weitere Treppe in der Mitte des Nordtraktes ist relativ einfach gehalten. Im Osttrakt ist noch eine Steinwendeltreppe erhalten, die möglicherweise auf den Vorgängerbau zurückgeht. Die ebenerdigen Räume sind mit Stichkappentonnen- und Kreuzgratgewölben versehen. Am östlichen Ende des Nordtraktes ist der ehemalige Pferdestall – eine dreischiffige Halle mit hohen Steinpfeilern – angeordnet. Die zum Teil öffentlich genutzten Räume der Beletage wie Audienzzimmer oder das südliche Eckzimmer wurden von Domenico Antonio Carlone mit Stuckdecken ausgestattet. Interessant ist auch der Konferenzsaal. Sein Portal entwarf Jakob Prandtauer. Die profilierte Türeinfassung wird von toskanischen Pilastern gerahmt und von einem Flachbogengiebel abgeschlossen. Ein geflügelter Puttokopf schmückt dessen Giebelfeld. Zwei weiß glasierte runde Kachelöfen stammen aus der Zeit um 1800. Die Türflügel des Tafelzimmers sind intarsiert. Die ursprünglich recht schmale Kapelle wurde im 19. Jahrhundert durch einen zusätzlichen Raum erweitert. Auch ihr Deckenschmuck ist von Domenico Antonio Carlone. Das Palais beherbergt immer noch eine sehenswerte Gemäldesammlung, wenn auch ihr Prunkstück, „der büßende hl. Hieronymus von Lucas Cranach 1927 an das Kunsthistorische Museum in Wien verkauft wurde.

Lage: Oberösterreich

Ort/Adresse: 4020 Linz, Donau, Herrenstraße 19/Bischofsstraße 8

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


04.11.2011