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Kienburg


Erstmals erwähnt wird die Burg um 1184/89 als ein Chuno de Chienburch eine Urkunde bezeugte, in der Graf Diepold von Lechsgemünd gegenüber dem Kloster Neustift auf seine Ansprüche auf drei Höfe verzichtete. Kuno dürfte ein Dienstmann der um Matrei begüterten Grafen von Lechsgemünd gewesen sein, die ihm die Kienburg als Lehen überlassen hatten. Wenige Jahre zuvor hatte Graf Heinrich von Lechsgemünd fast seinen gesamten Besitz dem Hochstift Salzburg überlassen. Ob aber dazu auch die Kienburg gehörte, ist nicht gesichert. Die Erbauung der Burg dürfte in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts erfolgt sein. Der Name Kienburg stammt übrigens nicht vom Wort „kühn“, wie vielfach angenommen wird, sondern vermutlich vom mittelhochdeutschen Wort „kien“, was soviel wie Föhre bedeutet. Als Namensgeber wäre aber auch ein Besitzer mit dem Vornamen Chiemo denkbar. Die kleine Burg hatte keine repräsentativen Aufgaben, war aber strategisch sehr wertvoll. Sie hatte den Eingang ins Defreggen- und ins Kalsertal zu bewachen. Außerdem konnte sie das Iseltal zwischen Matrei und Lienz sperren. Diese wichtige Position hatte im 13. Jahrhundert in den Auseinandersetzungen zwischen den Grafen von Görz, die Besitzansprüche stellten und dem Hochstift Salzburg große Bedeutung. Im Frieden von Lieserhofen, der 1252 auf eine für Salzburg günstig verlaufene Schlacht folgte, wurde vereinbart, dass die Kienburg, die damals Otto und Weriand von Matrei gehörte, unter die Oberherrschaft Salzburgs kam. Die Kämpfe flammten aber bald wieder auf. Erst 1285 verzichteten Ulrich und Heinrich auf ihre angeblichen Besitzrechte. 1292 gab auch Graf Albert von Görz seine Ansprüche auf. Salzburg ließ die Burg meist von Burggrafen verwalten, zu denen Pilgrim von Matrei (1338) und Jakob von Rotenstein (1379) gehörten.

Als zu Beginn des 15. Jahrhunderts die Burggrafen von Lienz als Geldgeber für die Salzburger Erzbischöfe auftraten, wurde ihnen 1404 die Kienburg als Pfandbesitz übergeben. Hugo, Burggraf von Lienz, wollte sie nicht mehr zurückgeben und musste 1439 durch ein Urteil des Kirchenrates von Basel dazu gezwungen werden. Danach wurde sie wieder von angestellten Pflegern Salzburgs verwaltet. Der letzte Burggraf, Christof von Kienburg, zog 1513 aus dem bereits unwirtlichen Gebäude aus. Im 16. Jahrhundert gehörten zur Kienburg größere landwirtschaftliche Flächen, die aber verpachtet waren und von einem Bestandsmeier bewirtschaftet wurden. Letzterer war nun der einzige ständige Bewohner der Burg, die ihre strategische Bedeutung längst verloren hatte. 1579 kam es zu einem verheerenden Brand, der praktisch alle Holzbauten vernichtete. Danach wurde nur mehr der steinerne Wohnturm im Westen notdürftig instand gesetzt, um dem Bestandsmeier eine Wohnmöglichkeit zu sichern. Das Inventar der Kapelle wurde nach Weißenstein gebracht. Um 1660 waren die Schäden an den Gebäuden und Mauern bereits so arg, dass für den Bestandsmeier unterhalb der Burg ein neues Haus samt Wirtschaftsgebäude errichtet wurde und die Kienburg dem weiteren Verfall überlassen blieb. 1769 waren bereits Teile eingestürzt. 1825 erwarb Peter Berger vom österreichischen Staat, der nach der Säkularisierung des Erzstiftes 1803 dessen Grundbesitz übernommen hatte, das Gut und damit auch die Ruine. Im Zweiten Weltkrieg stürzte eine ungezielt abgeworfene amerikanische Fliegerbombe direkt in den hochmittelalterlichen Wohntrakt und richtete schwere Schäden an. Seit 1998 finden unter der Aufsicht des Bundesdenkmalamtes Konservierungsarbeiten und archäologische Grabungen statt. Die Ruine gehört seit 1936 der Familie Stocker.

Die Burg liegt auf einem isoliert aus dem Talboden aufragenden Felsblock, der nach allen Seiten steil abfällt. Trotz seiner geringen Höhe war er als Bauplatz für einen mittelalterlichen Wehrbau sehr gut geeignet. Die bis zu 12 m hohe und ca. 1,5 m dicke Ringmauer verlief am äußersten Rand des Burgfelsens. Sie umschloss zwei Wohnbauten und einen unregelmäßigen Innenhof. Da es auf Grund der topographischen Lage keine Angriffsseite gab, wurde ein Bergfried nicht benötigt. Das Mauerwerk der ersten Bauphase dürfte noch aus dem 12. Jahrhundert stammen. Es besteht aus sorgfältig verlegten Bruchsteinen mit eingeschobenen opus-spicatum Lagen. Der turmartige Wohnbau an der höchsten Stelle des Geländes im Norden war ein 15 Meter langes vierstöckiges Festes Haus, das zwischen 4 und 10 m breit war. Seine ersten drei Geschoße gehörten zur Erstburg. Diese wurde um 1400 um zwei Geschosse erhöht, worauf die unterschiedlichen Mauertechniken hinweisen. In spätgotischer Zeit kam es zu weiteren Veränderungen. Damals wurden in den unteren Stockwerken neue Fenster- und Türöffnungen ausgebrochen. An der Ost- und der Westwand befanden sich rundbogige Fenster mit Seitensitzen, die teilweise noch gut zu erkennen sind. Sie dürften aus dem 14. Jahrhundert stammen. Die dem Burghof zugewandte Außenwand ist heute etwa 12 m hoch. Reste eines Zinnenkranzes haben sich erhalten. Im Inneren sind noch größere Flächen des weißen Verputzes vorhanden. Die Nordhälfte des Wohnturms ist vollständig eingestürzt. Weitgehend verschwunden ist ein zweigeschossiger Anbau (6 x 6 m) aus der Zeit um 1400 an der Nordostecke der Ringmauer, der zuerst als Küche oder Backstube und später als Schmiede verwendet wurde. An der gegenüberliegenden Südseite des Hofes steht ein weiteres Wohngebäude, das in die Südwestecke des Berings eingebaut war. Es hatte ursprünglich zwei Geschosse und wurde um 1400 aufgestockt. Die Gebäudekanten sind durch Tuffsteinquader verstärkt. Das Innere ist durch eine Trennwand in zwei Hälften geteilt. Als das Gebäude nach dem Brand von 1579 provisorisch wieder aufgebaut wurde, wurde es leicht verkürzt. Von der der Hl. Dreifaltigkeit geweihten Kapelle haben sich keine Spuren erhalten. Die genaue Lage des Burgzuganges ist ebenfalls nicht mehr feststellbar. Wegen der Felsabstürze kann sie sich aber nur im Süden befunden haben.

Lage: Tirol/Osttirol – ca. 9 km südöstlich von Matrei

Besichtigung: wegen möglicher Einsturzgefahr (wohl eher aus Haftungsüberlegungen) derzeit verboten


Weitere Literatur:


14.10.2011