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Strozzi Gartenpalais


Gräfin Katharina Strozzi, geb. Khevenhüller (1628 bis 1714) war die Witwe des bereits 1664 verstorbenen kaiserlichen Generals Peter Graf Strozzi. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts erwarb sie vom niederösterreichischen Vizedomamt in der Wiener Vorstadt Alt-Lerchenfeld mehrere Weingärten im Ausmaß von ca. 3.800 Quadratklafter (= ca. 13.700 m²), auf denen sie ab 1698 ein hübsches, aber bescheidenes Gartenpalais errichten ließ. Dieses gehört zu jenen Adelsbauten, die nach der zweiten Türkenbelagerung Wiens und der endgültigen Abwehr der Türkengefahr im Halbkreis rund um Wien entstanden sind. 1704 war das Gebäude baulich vollendet und bereits eingerichtet. Es bestand nur aus dem damals einstöckigen Haupttrakt des heutigen Palais. Der prächtige Garten reichte bis zur Piaristengasse. Es gibt keine schriftlichen Hinweise auf den Architekten, doch schließen viele Kunsthistoriker auf Grund diverser Baudetails auf Johann Lucas von Hildebrandt, als dessen Frühwerk das Sommerschlösschen gilt. 1704 wurde es von Kaiser Leopold I zum Freisitz erhoben, was vor allem durch die damit verbundene Steuerbefreiung und die Ausnahme von der Soldateneinquartierungspflicht, für die nicht besonders reiche Bauherrin wichtig war. Das Palais war Zentrum einer Grundherrschaft, mit der die Gerichtsbarkeit über die Vorstadt „Strozzengrund“ verbunden war. Diese blieb bis zur Gründung des Bezirkes Josefstadt im Jahr 1850 bestehen. Nach dem Tode der Gräfin erbte ihr Neffe Oberst Johann Ludwig Graf Khevenhüller 1714 den Besitz. Das Schlösschen wurde kaum bewohnt und war wohl zum Verkauf ausgeschrieben. Um 1715 interessierte sich Fürst Adam von Schwarzenberg dafür. Es kam jedoch zu keinem Ankauf, da er es vorzog, im nächsten Jahr den Rohbau des Gartenpalais Mansfeld-Fondi zu erwerben und diesen durch Johann Bernhard Fischer von Erlach zu einem prächtigen Sommerschloss ausbauen zu lassen.

Das Sommerpalais Strozzi wurde 1716 vom Erzbischof von Valencia, Antonio Francesco Folch (Folco) de Cardona erworben. Dieser zählte zu jenen spanischen Adeligen, die Kaiser Karl VI von Madrid aus nach Wien gefolgt waren. Hier wurde er bald zu einem Führer der „Spanischen Partei“ bzw. des „Spanischen Rates“, dem er ab 1713 als Präsident vorstand. Er zählte zu den wichtigsten Beratern des Kaisers. Bereits kurz nach dem Kauf ließ er das Schlösschen an beiden Seiten durch zweiachsige einstöckige Anbauten vergrößern, die aber dem ursprünglichen Bau völlig angepasst wurden. Durch diesen Zubau konnte die Sala terrena im Erdgeschoß vergrößert werden. Im Obergeschoß konnten neue Wohnräume gewonnen werden. Cardona ließ auch den Vorhof anlegen und mit einer Mauer zur Straße abgrenzen. Der Erzbischof starb 1724. Seinen Sommersitz hatte er angeblich Kaiser Karl VI testamentarisch vermacht. Unter Kaiserin Maria Theresia kam es zu größeren Veränderungen. So erhielt vorerst der große Saal im Obergeschoß neue Fresken. Diesmal wurde eine Architekturmalerei bevorzugt. Als ausführender Künstler wird der Hoftheatermaler Franz Anton Danné vermutet. Lediglich die Decke war möglicherweise mit Figuren bemalt. 1749 erfolgten umfangreichere Umbauten, die das bisherige Gartenschlösschen sehr zu seinen Ungunsten veränderten. Durch die damalige Aufstockung um ein Halbgeschoß und das Aufsetzen eines hohen Daches wurde es zu einem Stadtpalais und verlor völlig seine eleganten Proportionen. Die Höhe des Saales wurde durch den Einzug einer neuen Decke deutlich reduziert, wodurch man auf die bisherigen querovalen Ochsenaugen verzichten musste. Um die Lichtverhältnisse dennoch zu verbessern, erhielt er an beiden Seiten je drei große Rundbogenfenster.

1753 schenkte Maria Theresia das Palais dem kaiserlichen Feldzeugmeister Johann Karl Graf Chotek. Außerdem übergab ihm die Kaiserin 10.000 Gulden zur Wiederherstellung des bereits vernachlässigten Gebäudes. Die endgültigen Ausbaupläne des Grafen wurden teilweise durch den Siebenjährigen Krieg zunichte gemacht, da er in finanzielle Schwierigkeiten geriet und 1770 einen großen Teil des Gartens verkaufen bzw. zur Parzellierung freigeben musste. Immerhin vergrößerte er das Gebäude gartenseitig durch zwei kleine zweiachsige Anbauten. 1761 konnte die Grundstücksbreite durch den Ankauf von schmalen Grundstücksstreifen vergrößert werden. Sie wurden bald durch Flügeltrakte verbaut, so dass das ursprünglich freistehende Palais an der Vorderseite zu einer Dreiflügelanlage um einen Ehrenhof wurde. Die Fassaden der neuen Bauten wurden dem Hauptgebäude angepasst. Auch die Fensterformen wurden übernommen. Unter Choteks Nachkommen wurde das Palais ab 1817 weiter verändert. Die große Freitreppe im Hof wurde abgebrochen und durch eine Innentreppe ersetzt. Der Saal wurde verkleinert und verlor dadurch seine hofseitige Belichtung. 1821 setzte man über der Gebäudemitte ein neues Stockwerk auf, wodurch das Palais in diesem Bereich viergeschossig und insgesamt noch unförmiger wurde. Es blieb bis 1840 im Familienbesitz, wurde aber vermietet, darunter auch an den Maler Friedrich von Amerling. Dann kaufte der Staat das Gebäude. Ein Jahr später wurde darin das k. k. Zivilmädchenpensionat untergebracht, das bis 1918 bestand. Da das ehemalige Palais für die neue Verwendung zu klein war, wurde 1853 an Stelle der Wirtschaftsgebäude an der heutigen Josefstädter Straße ein Vordertrakt errichtet. Dem Palais gegenüber befand sich eine Reiterkaserne. Um unerwünschte Kontakte zwischen den jungen Damen und der Kavallerie zu erschweren, wurde den Mädchen das Betreten der straßenseitigen Räume verboten. 1877/78 wurde dieser Trakt abgerissen und durch ein wesentlich höheres Gebäude im Stil des strengen Historismus ersetzt. Nach dem Auszug des Mädchenpensionats diente das Palais ab 1919 der Invalidenfürsorge der Gemeinde Wien und seit 1940 dem Bund als Finanzamt. In den Jahren 1992 bis 1998 kam es zu einer großzügigen Sanierung und Restaurierung des Gebäudes.

Das rosa und weiß gefärbelte Palais ist selbst in Wien wenig bekannt, da es im Hinterhof des Finanzamtes Josefstadt liegt. Davor steht ein nüchternen Gründerzeitbau, der nur von seiner Rückseite aus einen Blick auf das trotz seiner vielen Umbauten immer noch interessante Barockgebäude frei gibt. Wer den heutigen Bau mit dem 1725 von Salomon Kleiner gezeichneten Kupferstich vergleicht, wird aber kaum glauben, dass es sich um das gleiche Gebäude handelt. Allerdings zeigt dieser Stich auch nicht mehr das ursprüngliche Palais der Gräfin Strozzi, sondern den bereits erweiterten Bau des Erzbischofs von Valencia. Das erste Sommerschloss war nur 28 m breit und zwei Geschosse hoch. Es stand damals noch im unverbauten Gelände und war von Weingärten umgeben. Da die Gräfin Katharina Strozzi hier eher zurückgezogen ihren Lebensabend verbrachte, hatte das kleine Gebäude keine repräsentativen Aufgaben zu erfüllen. Es war aber ganzjährig bewohnbar, was nicht auf alle Sommerschlösser der damaligen Zeit zutraf. Sein hervorstechendstes Merkmal war die mächtige, schön geschwungene Freitreppe, auf der man vom Hof aus direkt in den Saal im Obergeschoß gelangen konnte. Sie wurde von Bögen gestützt, in denen weibliche Steinfiguren standen. Diese Treppe existiert schon seit fast 200 Jahren nicht mehr. An der Gartenseite hat sich eine ähnliche, aber etwas kleinere Freitreppe erhalten. Sie musste anlässlich der letzten Restaurierung teilweise rekonstruiert werden. Der volutengerahmte Giebel des dortigen Mittelrisalits trägt eine Uhr. In der Mitte des geräumigen Hofes befindet sich ein großes rundes Brunnenbecken. Die jetzige Hoffassade ist in Höhe und Tiefe mehrfach gestaffelt und gegen den Mittelteil durch Risalite zurückgestuft. Die Fenster der Beletage sind mit Verdachungen ausgestattet, die mit Muscheln und Masken geschmückt sind. Während das Erdgeschoß rustiziert ist, werden die Fassaden der oberen Stockwerke durch Lisenen gegliedert. Längst verschwunden sind die zahlreichen Trophäen und militärischen Insignien, die den Mittelrisalit schmückten. Sie bezogen sich auf den General Peter Strozzi, der das Palais aber nie zu sehen bekam, da er bereits mehr als 30 Jahre vor Baubeginn verstorben war.

Das Innere des Palais wurde im Laufe der Zeit völlig verändert. Von der ursprünglichen Möblierung hat sich nichts erhalten, doch wurden bei der letzten Generalrenovierung 1995 bis 1998 bemerkenswerte Fresken – vor allem in der gartenseitig gelegenen ehemaligen Sala terrena – freigelegt. Diese um 1740 entstandenen Ausmalungen, die die Grottenarchitektur aus rohem Mauerwerk mit Muscheln und Korallen imitieren, stellen das letzte Beispiel dieser Mode im Wiener Raum dar. Im 17. Jahrhundert hatte man zur Ausgestaltung von Gartensälen noch echte Muscheln und Tuffstein verwendet. Ein schönes Beispiel hiefür findet sich in der oberösterreichischen Greinburg. Durch den späteren Einbau von Fenstern hat die Sala terrena ihren einstigen Raumeindruck aber verloren. Bei der Restaurierung stieß man auch im großen Saal unter einer Putzschicht auf Freskenreste. Sie konnten aber nur zum geringen Teil freigelegt werden, da sie in zwei Schichten übereinander lagen. Die älteren Malereien stammen noch aus der Bauzeit, während die jüngeren auf die Zeit um 1740 zurückgehen. Ob die älteren von Jonas Drentwett stammen, der damals in der Josefstadt gewohnt hat, ist nicht gesichert. Für die Mädchen des Pensionats wurde in einem der beiden Seitentrakte eine Hauskapelle eingerichtet. Sie ist ebenso verschwunden wie der ehemalige Tanzsaal. Ein Teil des hinter dem Palais befindlichen Gartens ist noch vorhanden. Allerdings hat er sich im Laufe der Zeit vom exakt ausgerichteten Barockgarten zum verwilderten Obstgarten verwandelt. Möglicherweise wurde er ursprünglich von Jean Trehet in den Jahren 1710 bis 1720 angelegt. Wie die beiden Freitreppen war auch der Garten mit steinernen Vasen und Putten bereichert. Vor dem im Neo-Renaissancestil errichteten Straßentrakt liegt ein kleiner Vorhof, der mit einem Schmiedeeisengitter mit Tor gegen die Straße hin abgeschlossen wird. Seine Fassade ist im Erdgeschoß gebändert. Die Obergeschosse sind genutet. Die Gebäudekanten sind mit einer überdimensionierten Ortsteinquaderung versehen.

Lage: 1080 Wien, Josefstädter Straße 39

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


08.08.2011