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Wien - Kaiserebersdorf


Konrad von Hintberg (Himberg) dürfte 1243 Ebersdorf zu seinem ständigen Wohnsitz gemacht haben, wo sich schon zuvor ein, von seinen Vorfahren errichtetes „vestes Haus“ befunden haben dürfte. Konrad wurde Stammvater eines angesehenen und einflussreichen Ministerialengeschlechts, das als die Herren von Ebersdorf bekannt ist. Seine Nachkommen brachten es bis zur Würde des „Erbkämmerer des Reiches“. Die erste gesicherte Erwähnung der Burg stammt von 1252. Frühere Nennungen können nicht lokalisiert werden, da es damals verschiedene Orte namens Ebersdorf gab. 1485 wurde Ebersdorf von den Truppen des ungarischen Königs Matthias Corvinus kurz belagert und dann eingenommen. 1499 entschädigte Kaiser Maximilian I, Veit II von Ebersdorf für die Übernahme seiner Burg mit der Herrschaft Ernstbrunn. Er ließ anschließend das Gebäude zu einem Jagd- und Lustschloss umbauen und übergab es seinem Hofjägermeister zur Verwaltung. Nach den Zerstörungen des Türkenjahres 1529 musste das Schloss erst wieder bewohnbar gemacht werden. In den 50er-Jahren waren namhafte Architekten und Baumeister, wie Pietro Ferrabosco, Hans Tscherte, Hermes Schallautzer sowie der Steinmetz Benedikt Kölbl hier tätig. Dem Hauptgebäude wurde ein zusätzliches Geschoß aufgesetzt und die Seitenflügel wurden errichtet. Auch ein Vorwerk und ein Wassergraben wurden neu angelegt. Ein Fresko im Palazzo Vecchio in Florenz zeigt Schloss Ebersdorf noch vor diesen Umbauten. Danach wurde es zeitweise verpfändet. Seine glanzvollste Zeit erlebte das Schloss unter Maximilian II. Er ließ um 1550 die erste kaiserliche Menagerie in Ebersdorf einrichten. Sie entstand aus einem Wolfsgarten, in der Wölfe als zukünftige Jagdbeute gehalten wurden. Das erste exotische Tier war ein indischer Elefant, den der spätere Kaiser 1552 in Spanien als Hochzeitsgeschenk erhalten hatte. Er war der erste Elefant, der österreichischen Boden betreten hatte und wurde von der Bevölkerung entsprechend bestaunt. Später kamen noch Löwen, Tiger, Kamele und Bären hinzu. Maximilian II, der eine besondere Vorliebe für moderne Gartenkunst hatte, legte in Ebersdorf einen prächtigen Garten an, in dem damals seltene Pflanzen, wie Tulpen, Levkojen, Flieder und Rosskastanien wuchsen. Der berühmte Botaniker Charles de l’Echuse (Clusius) beschreibt in seinen Schriften ausführlich die „Naturwunder“ in den kaiserlichen Gärten zu Ebersdorf. Kaiser Rudolf II bevorzugte in Simmering sein neues Prunkschloss, das Neugebäude und ließ um 1607 die Menagerie dorthin verlegen. Als der böhmische Rebellenführer Graf Thurn 1619 gegen Wien zog, diente ihm das Ebersdorfer Schloss als Hauptquartier für seine Aktionen gegen Kaiser Ferdinand II, musste aber bald wieder abziehen, als Nachrichten eintrafen, dass sich kaiserliche Truppen im Marsch auf Prag befanden. Bei den häufigen Umbauten wurde in erster Linie die Wohnqualität ständig erhöht, während die vorhandenen Befestigungen kaum verbessert wurden. Dies rächte sich bei der zweiten Türkenbelagerung Wiens, als das Schloss neuerlich niedergebrannt wurde.

Nach den Zerstörungen des Jahres 1683 erfolgte der Wiederaufbau nach Plänen von Ludovico Burnacini unter Kaiser Leopold I, dessen Initialen sich noch heute auf dem Doppeladler über dem Hauptportal finden. Er verlegte alljährlich im Herbst seine Residenz nach Ebersdorf, wo in den Auwäldern der Donau die großen Hofjagden stattfanden. Von hier aus hielten mehrere der künftigen Kaiserinnen als Infantinnen ihren Einzug in Wien. Auf einem Stich von Salomon Kleiner aus dem Jahr 1723 ist eine prächtige Freitreppe zu erkennen, die in den ersten Stock des Südtraktes führte. Sie ist mittlerweile längst verschwunden. Trotz der großzügigen Umbauten verloren die Habsburger bald das Interesse an Ebersdorf. Kaiserin Maria Theresia, die Schönbrunn bzw. Laxenburg bevorzugte und die Hofjagden ins Marchfeld verlegte, schenkte das Schloss 1745 dem um die Armen Wiens hochverdienten späteren Weihbischof Dr. Anton von Marxer. Dieser richtete darin ein Armen- und Waisenhaus ein, womit der Abstieg des Schlosses besiegelt war. Josef II degradierte es zur Artilleriekaserne. In den Feldzügen 1792/93 und 1809 diente es vorübergehend als Feldspital. Später wurde es sogar als Salpeterfabrik benützt. Bis 1918 war es als Artilleriekaserne und dann als Monturdepot des Wiener Hausregimentes „Hoch- und Deutschmeister“ in Verwendung. Ab 1921 war es der Schrecken aller schlimmen Wiener Buben, denen mit einer Einweisung in die verrufene Besserungsanstalt, die hier untergebracht war, gedroht wurde. In der zweiten Hälfte des 20. Jh. erhielt es seine letzte Bestimmung als Strafvollzugsanstalt Wien-Simmering, im Volksmund "Strizzi-Akademie" genannt.

In den letzten 250 Jahren wurde das einstige Renaissanceschloss immer wieder zu seinem Ungunsten verändert, um an den jeweiligen Verwendungszweck angepasst zu werden. Heute bestimmen nicht mehr die Schlossbauten sondern die hohen Gefängnismauern sein Aussehen. Lediglich das von Burnacini gestaltete Hauptportal und der barocke Stuckdekor der Kapelle von 1688 lassen noch erahnen, was an Bausubstanz und Originalausstattung verloren ging. Ein großer rechteckiger Hof ist von Gebäuden unterschiedlichen Alters umgeben. Entlang der Straße liegt ein zweigeschossiger Flügel von 1685 mit einem Rundbogenportal. Er stößt an die Schmalseite des viergeschossigen Osttraktes. Der entsprechende, gleich hohe Bau im Westen ist von der Straße zurückgesetzt. Von den 1558/60 erbauten Seitenflügeln führen niedrigere Verbindungstrakte in den Hintergrund des Hofes zum ältesten, viergeschossigen Südtrakt. In ihm dürften noch die Grundmauern des einstigen festen Hauses enthalten sein. Die Fassadengestaltung, wie die aufgeputzten Eckquader, Geschoßbänder und Flächenmusterungen stammt aus der Zeit nach 1683. Im Inneren haben sich lediglich einige Renaissancedecken und einzelne architektonische Details erhalten.

Lage: 1110 Wien, Kaiserebersdorfer Straße 297

Besichtigung: für Nichtinsassen nur von außen möglich


Weitere Literatur:


26.11.2002