ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Bergau


Schon im 13. Jahrhundert wird von einem hier befindlichen Hof berichtet. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts waren die Herren von Bergau eines der angesehensten Ministerialengeschlechter Österreichs. Diese Familie hatte ursprünglich ihren Sitz in Harschendorf an der ungarischen Grenze und nannte sich auch danach. Ulrich von Harschendorf heiratete eine im Weinviertel ansässige Witwe und nannte sich nach ihrem Sitz von Pergaw oder Pergow. Sein gleichnamiger Sohn war Hofmeister Herzog Albrechts des Lahmen und sein Enkel Berthold Hofrichter Rudolf des Stifters. Er scheint auf vielen Urkunden des Herzogs als Zeuge auf, u. a. am Stiftungsbrief des Wiener Stephansdomes (1359) und der Gründungsurkunde der Wiener Universität (1365). Sein Sohn Ulrich IV von Bergau heiratete 1353 Agnes, die älteste Tochter Stefans von Hohenberg. Sie erbte u. a. das Dorf Rohrbach. Auch Ulrich IV war oberster Hofrichter in Österreich. Durch Zukäufe konnte er seinen Herrschaftsbesitz um Thernberg, Leesdorf und Weikersdorf vergrößern. Im Bruderzwist zwischen Albrecht III und Leopold III stand Ulrich nach einigem Lavieren auf der Seite Leopolds. Dies nahm ihm aber Albrecht krumm, der im Vertrag von Neuberg die donauösterreichischen Länder und die Pittner Burgen zugesprochen erhielt. Ulrich verlor seine Stellung und den Großteil seiner Besitzungen. 1380 musste er sich nach Rohrbach zurückziehen, das er behalten durfte. Unter den Liegenschaften, die er dort erwarb, befand sich 1391 auch das Gut „im Pach“. 1395 ließ er sich hier einen repräsentativen Ansitz errichten. Dem Stift Göttweig kaufte er den Hainfelder Traidzehent ab, der bald eine wichtige wirtschaftliche Stütze der Herrschaft wurde. Um 1400 ließ er die Rohrbacher Kirche errichten und 1405 gründete er die Totenbruderschaft „Unserer Lieben Frau ze Hainfeld“. Dies war eine Art mittelalterliche Sterbeversicherung. Ulrich IV von Bergau starb 1406. Seine Erben waren Hans, Stefan und Friedrich d. J. von Hohenberg, die Bergau bis 1431 besaßen. Es folgte Ulrich der Saundorfer und 1440 Ritter Bernhard Freysinger. Im 16. Jahrhundert stellten Hans und Georg Leroch, dann Ritter Christian von Imhoff (1535 – 1561) und schließlich Leonhard Neuhofer (1561 – 1570) die Schlossherren.

1570 übernahm Christoph Jörger von Tollet die Herrschaft. Er und sein Sohn Bernhard ließen das Schloss zu seiner heutigen Gestalt ausbauen. 1625 wurde Freiherr Helmhard Jörger von Tollet wegen seiner führenden Rolle beim protestantischen Adelsaufstandes geächtet und enteignet. Von 1626 bis 1848 gehörte das Schloss dem Stift Lilienfeld. Ab 1633 war es sein freies Eigen. Abt Dr. Matthäus Kolweiß ließ die Schlosskapelle bis 1673 restaurieren und neu weihen. Bei dieser Gelegenheit wurde die barocke Apsis angebaut. Beim Türkeneinfall von 1683 wurde Schloss Bergau niedergebrannt. Die Schäden wurden zwar bald behoben, mit dem Glanz des Jörger-Schlosses war es aber vorbei. Während der Aufhebung des Stiftes Lilienfeld durch Josef II in den Jahren 1779/80 durch Josef II hatte der bischöfliche Güterdirektor Josef Schmucker als Strohmann des Bischofs Kerens von St. Pölten vorübergehend Bergau erworben. Nachdem das Stift das Schloss wieder übernommen hatte, wurde es Sitz der stiftlichen Forstverwaltung. Daneben war es Sommersitz des Abtes und Jagdschloss. Einzelne Räume konnten auch als Feriendomizil gemietet werden. Im Ersten Weltkrieg diente das Gebäude als Flüchtlingsheim für Südtiroler. Der Abstieg ging weiter und bald war es eine Wohnstätte für Obdachlose. Im Zweiten Weltkrieg wurde im Schloss vorübergehend eine Segelfliegerschule eingerichtet. Danach etablierte sich hier eine Fabrik zur Erzeugung von Rattengift. 1951 war Bergau bereits stark vernachlässigt und reparaturbedürftig. Das Stift verkaufte es an Dr. Walter Ruthensteiner. Dieser ließ keine wesentlichen Reparaturen vornehmen, ebenso wenig wie Johann Sichart, der 1960 die Halbruine übernahm und sie nicht mehr bewohnen konnte. Erst der Antiquitätenhändler Josef Figl, der bis heute bereits mehrere Schlösser vor dem endgültigen Verfall gerettet hat, konnte eine Wende zum Besseren einleiten. Er kaufte 1970 Schloss Bergau und begann die längst fälligen Sanierungsarbeiten. Diese wurden ab 1977 von der Familie Rasper weitergeführt. Unter dem heutigen Besitzer, dem Choreographen und Solotänzer Michael Birkmeyer , konnte das Gebäude endgültig gerettet werden.

Schloss Bergau liegt inmitten eines Parks. Durch den vorgelagerten Baumbestand und die äußere Schlossmauer ist es von der Katastralgemeinde Oberrohrbach, in der es liegt, aus kaum sichtbar. Von den vier quadratischen Ecktürmen, die aus dieser Mauer vorsprangen sind noch zwei erhalten. Sie trugen Pyramidendächer und waren mit Schießscharten ausgestattet. Unweit des Südwestturmes befindet sich das Haupttor, das in den äußeren Hof führt. Die beiden extrem schlanken Rundtürmchen, die es flankierten, sind nicht mehr erhalten. Das zweieinhalbgeschossige Schloss umgibt mit seinen vier Flügeln einen rechteckigen Innenhof. Die nach Süden gerichtete Schauseite ist stark mit Veitschi bewachsen. Dennoch erkennt man am Halbstock unterhalb des roten Ziegeldaches noch einige Schlüsselscharten. Hier befand sich ursprünglich ein Wehrgang. Am Vischer-Stich von 1672 sind auch noch mehrere Gießerker über dem äußeren und dem inneren Tor zu sehen. An der Südwestecke des Wohnbaues tritt ein quadratischer Wehrturm deutlich vor, dessen Höhe in späteren friedlichen Zeiten reduziert und dem Hauptbau angeglichen wurde. Er zeigt eine aufgemalte Eckquaderung. Die Mauerstärke der Südfront des Schlosses beträgt 1,2 m. Jene an der Hofseite ist nur unwesentlich schwächer. Die Erdgeschoßräume sind gewölbt, ebenso die Durchfahrt in den Innenhof. Im Obergeschoß des Westtraktes springt hofseitig ein großer, von Konsolen gestützter und mit einem Blechdach gedeckter Erker aus der Zeit um 1670 vor. Er diente als Apsis der Kapelle, die aber inzwischen längst profaniert wurde. Der Stuck im Erker stammt aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. In den Wohnräumen haben sich einige Balkendecken und frühbarocke Türen erhalten. Ältester Bauteil ist der im Kern mittelalterliche Nordflügel. Hier befindet sich eine spätgotische Spindeltreppe. Die übrigen Trakte stammen vorwiegend aus dem 16. Jahrhundert. Bemerkenswert ist auch die alte Rauchküche mit ihrem mächtigen Kamin im Osttrakt. Die Räume im Südflügel zeigen zum Teil barocken Deckenstuck sowie ein reich profiliertes Netzgratgewölbe.

Lage: Niederösterreich/Alpenvorland - ca. 3 km nordwestlich von Hainfeld

Besichtigung: nicht möglich


Weitere Literatur:


25.07.2011