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Ottenstein


Ottenstein ist eine durchaus mittelalterliche Burg wenn auch ihr heutiges Erscheinungsbild von den Kegel- und Walmdächern des 19. Jahrhunderts bestimmt wird, die die Zwiebelhauben der Barockzeit ablösten. Die romantischen Behübschungen sind aber eher oberflächlich, während die mittelalterliche Bausubstanz weitgehend erhalten ist. Über die Erbauung der Burg gibt es keine genauen Informationen. Da aber die übrigen Wehrbauten am Kamp im Laufe des 12. Jahrhunderts errichtet wurden, wird es wohl bei Ottenstein ebenso gewesen sein. Auch Ottenstein war ein Glied jener Burgenkette, die damals zum Schutz vor Einfällen der Böhmen errichtet worden war. Daneben diente die Feste als repräsentatives Zentrum der Waldviertler Besitzungen der Rauhenegger. Der Name weist auf einen Otto als Gründer hin. Man vermutet ein Mitglied der Familie der Tursen von Rauhenegg-Lichtenfels. Die Rauhenegger hatten ihren Hauptwohnsitz in Baden bei Wien. Sie waren eine der bedeutendsten Ministerialenfamilien des 12. Jahrhunderts. Jener Zweig, der sich auch nach Ottenstein nannte, ist vom letzten Viertel des 12. bis um die Mitte des 13. Jahrhundert hinein bezeugt. Die Burg dürfte ihr freies Eigen gewesen sein. 1178 wird sie mit Hugo von Ottenstein erstmals urkundlich erwähnt. Ihre Erbauung dürfte in den Jahren zwischen 1159 und 1177 erfolgt sein. Danach scheinen die Herren von Ottenstein immer wieder in Urkunden als Zeugen auf. Da auch häufig Schenkungen – vor allem an das Stift Zwettl – erfolgten, scheint die Familie relativ bedeutend und wohlhabend gewesen zu sein. Das Verhältnis zu den Zisterziensern war aber recht wechselhaft. Konrad von Ottenstein und sein Bruder Hadmar, die um 1260/70 genannt werden, trugen den merkwürdigen, aber für die damalige Zeit keineswegs schimpflichen Beinamen Asinus (Esel). Er war frei gewählt und sollte wohl die Demut als eine Eigenschaft der Burgherren betonen. Hadmar hatte die Erbtochter Jutta des letzten Ottensteiners aus der Familie der Rauhenegger geheiratet, nannte sich aber ebenfalls nach Ottenstein. 1346 saß auf der Burg Albero der Ottensteiner. Er wurde einige Jahre später Küchenmeister des Herzogs Rudolf IV. Kurz nach 1411 dürfte die Familie auch dieser Ottensteiner ausgestorben sein.

Als die Hussiten 1427 in das Waldviertel einfielen, blieb die Burg wohl wegen ihrer versteckten Lage von ihnen verschont. 1446 gehörte sie dem „Fehderitter“ Tobias von Rohr, der wegen seiner Raubzüge 1448 von den niederösterreichischen Ständen belagert und schließlich gefangen genommen wurde. 1477 standen die Herren von Rohr auf der Seite des ungarischen Königs Matthias Corvinus und verheerten die benachbarten kaiserlich gebliebenen Herrschaften, so dass ein Zelkinger gewaltsam die Ordnung wieder herstellen musste. Albrecht von Rohr wurde 1490 vom Kaiser wieder in Gnaden aufgenommen und erhielt seine inzwischen konfiszierten Besitzungen wieder zurück. 1519 befand sich Ottenstein im Besitz des kaiserlichen Obristen Christoph von Ludmannsdorf, der es aber noch im gleichen Jahr an Paul Stodoligk verkaufte. Ihm gehörte auch das benachbarte Waldreichs, das er als landesfürstliches Lehen hielt, während Ottenstein Eigenbesitz war. Er begann mit einem repräsentativen Ausbau, der erst mit seinem Tod 1529 endete. Sein Sohn Eustach ließ um 1530 weitere größere Umbauten vornehmen. Damals erhielt der innere Burghof seine einheitliche Verbauung. Die romanische Kapelle, aber auch der romanische Palas wurde in den Osttrakt integriert. Eustach verkaufte die Herrschaft 1536 an den Regenten der niederösterreichischen Regierung Melchior von Lamberg, der sich ab 1544 Freiherr von Ortenegg und Ottenstein nennen durfte. Für die nächsten 400 Jahre blieb die Burg bei seiner Familie. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Herrschaft Ottenstein praktisch von allen Kriegsparteien der Reihe nach geplündert. Die Burg selbst wurde aber nicht erobert. Wie aus einem Bericht des damaligen Burgpflegers Martin Vischer an seinen Herrn hervorgeht, dürften die kaiserlichen Wallensteinschen Reiter 1620 im Bereich der Herrschaft Ottenstein fürchterlich gehaust haben. Ein Teil der Bevölkerung wurde umgebracht, der Rest verarmte, da den Bauern das Vieh weggetrieben und ihre Häuser angezündet wurden. Auch die ungarischen Truppen des Grafen Serin verhielten sich sehr übel, als sie 1626 durch das Herrschaftsgebiet zogen. Erbstreitigkeiten hatten dazu geführt, dass zwei Jahre zuvor Johann Albrecht Freiherr von Lamberg mit einem Haufen Bewaffneter die Burg überfiel und besetzte. Erst 1637 konnte der Streit zu seinen Gunsten entschieden werden.

Er ließ die Wehranlagen verbessern und die Burg mit Waffen und Munition gut versorgen. Daher konnte 1645 ein Ansturm von 200 schwedischen Reitern durch die nur 38 Mann starke Schlosswache abgewehrt werden. Sein Sohn Hans Franz Freiherr von Lamberg vergrößerte die Herrschaft durch den Erwerb von Heinreichs, Rastenberg, Kranichberg und Niedergrünbach. Er ließ die alte Burg zum Schloss umbauen und errichtete einen neuen Meierhof. Die Gebäude des Ost- und des Nordtraktes wurden aufgestockt. In den ältesten Teilen der Burg wurden 24 große Fenster ausgebrochen. 1656 wurden alle Bauten unter einem gemeinsamen Dach vereinheitlicht. Der Bergfried wurde zum Treppenturm degradiert. 1657/58 stuckierten Francesco Piazol und Wolf Wierner elf Zimmer. 1662 entstand die große äußere Umfassungsmauer. Damals erhielten auch die Schlosstürme ihre für die damalige Zeit charakteristischen Zwiebelhauben. 1667 wurden die Freiherren von Lamberg in den Grafenstand erhoben. Seine heutige Gestalt erhielt Ottenstein unter Leopold Joseph Graf Lamberg. Dessen Gattin Katharina Eleonora Gräfin Sprinzenstein hatte die Herrschaften Drosendorf und Waidhofen/Thaya in die Ehe eingebracht und für die, für den Ausbau erforderlichen Geldmittel gesorgt. Um 1680 besaßen die Grafen Lamberg bereits zwanzig Herrschaften und Güter. Leopold Joseph verbrachte als Diplomat etliche Jahre im Ausland. Er war so reich, dass er dem Staat ein Darlehen von 100.000 Gulden geben konnte. Aus Rom brachte er zahlreiche Kunstgegenstände und Gemälde mit. 1699 schuf der italienische Stuckateur Angelo Fontana in neun Räumen neue Stuckdecken. Ein Jahr später wurde das Stöckl, der äußere Torbau, ausgebaut.

1705 brachte Leopold Joseph Graf Lamberg Ottenstein in einen Fideikommiß ein. Seine Nachkommen mussten zwar einzelne Besitzungen, wie Rastenberg und Kranichberg abgeben, pflegten aber den Hauptsitz Ottenstein weiter. 1805 und 1809 war das Schloss von französischen Soldaten besetzt. Franz Adam Anton Graf Lamberg war ein bedeutender Kunstsammler. Durch seine Schenkungen von Gemälden trug er zur Gründung der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste in Wien bei. Er war österreichischer Gesandter in Turin und Neapel. Da er kinderlos starb, übernahm Franz Philipp Graf Lamberg 1822 den Ottensteiner Fideikommiß. Er war Feldmarschallleutnant und Divisionär in Pressburg. Während der ungarischen Revolution von 1848 wurde er auf der Schiffsbrücke in Budapest von Aufständischen ermordet. Sein Sohn Franz Emmerich ließ am Schloss zwischen 1867 und 1878 durch den Architekten Ludwig Wächtler eine Generalrenovierung durchführen, wobei es zu umfangreichen historistischen Veränderungen kam. Sie gaben der Burg endgültig ihre heutige Gestalt. So wurden die Zwiebeldächer der Türme durch hohe Kegel- und Zeltdächer ersetzt. Wächtler hatte sich bald den Ruf eines Spezialisten für historisierende Umbauten an Burgen und Schlössern erworben. Unter anderem war er in Ebreichsdorf, Buchberg/Kamp und Aspang tätig. 1931 starb der auf Ottenstein ansässige Familienzweig der Grafen Lamberg aus. Das Schloss ging an eine andere Linie über. Anlässlich der Anlage des Döllersheimer Truppenübungsplatzes wurde Graf Vollrath von Lamberg 1939 zum Verkauf an das Deutsche Reich gezwungen, da die umliegende Bevölkerung abgesiedelt wurde. Die Burg diente als Offiziersquartier, was zur Folge hatte, dass die russische Besatzung nach Kriegsende hier fürchterlich hauste. Ein beträchtlicher Teil der Innenausstattung ging verloren. Seit 1959 gehört Ottenstein der Windhag’schen Stipendienstiftung. Als die damalige NEWAG und heutige EVN AG 1962 die Kampkraftwerke vom Land Niederösterreich übernahm, wurde sie auch Pächterin der Burg. Die Anlage wurde mit großem Aufwand restauriert. Zur Einrichtung des geplanten burgenkundlichen Museums ist es zwar nicht gekommen, doch können die Innenräume weitgehend besichtigt werden. In erster Linie dienen sie für Ausstellungen und Seminare. In der Vorburg ist ein Restaurant untergebracht.

Die Lage der Burg Ottenstein war vom verteidigungstechnischen Standpunkt her gut gewählt. Sie liegt auf einem zum Kamp vorspringenden Felssporn, der einerseits hinreichenden Schutz vor feindlichen Angriffen aber anderseits auch genügend Platz für wirtschaftliche Nebengebäude bot. Der Sporn ist im Süden durch felsige Steilabbrüche gesichert. Im Westen und Osten geben die tiefen Einschnitte zweier Bäche Schutz. Lediglich im Norden besteht eine leichte Überhöhung durch das bergige Vorgelände. Hier wurde daher ein tiefer Halsgraben aus den Granitfelsen geschrämmt. Relativ spät erfolgte ein zusätzlicher Schutz durch die Errichtung der Vorburg und der hohen Burgmauern. Ursprünglich befanden sich hier keine Gebäude, sondern nur der Graben sowie eine starke Ringmauer mit dem Tor zwischen Turm und Kapelle. Die Vorburg ist der Eingangsseite der Kernburg zangenartig vorgelagert. Wenn man heute den Meierhof und den Park passiert hat, gelangt man über eine kurze Steinbrücke zum ersten Torbau, dem sog. Stöckl. Dieses rechteckige Vorwerk wurde 1699/1700 erbaut. Es hat zwei rundbogige Tore. Das äußere trägt einen Spitzgiebel aus dem Jahr 1870 und ein modernes Steinwappen der Lamberg, das mit „Melchior von Lamberg 1536“ bezeichnet ist. Es soll an den ersten Burgherrn aus der Familie Lamberg erinnern. Neben dem inneren Tor ist im Nordosten ein rechteckig vorspringender Stiegenturm angebaut. Das Gebäude trägt ein Satteldach, das an den Schmalseiten abgewalmt ist. An der Stelle einer älteren Zugbrücke verbindet heute eine Steinbrücke dieses äußere Tor mit dem inneren, dem Haupttor. Sie führt über den tiefen und breiten Burggraben, der an seiner Außenseite von einer hohen Bruchsteinmauer begrenzt wird. Über dem rundbogigen Haupttor erhebt sich ein mächtiger quadratischer Torturm mit einem hohen Zeltdach. Über dem von zwei Strebepfeilern flankierten Tor ist ein steinernes Doppelwappen der Familien Stodoligk und Neideck sowie die Jahreszahl 1530 angebracht. Es erinnert daran, dass dieses Vorwerk damals von Eustach Stodoligk errichtet worden war, um die neu aufgekommene Artillerie auf Distanz zu halten. Darüber befinden sich eine Schießscharte und ein rechteckiges Doppelfenster in Steinrahmung. Über der tonnengewölbten Durchfahrt erkennt man in einer gemalten Sonnenuhr aus der Mitte des 18. Jahrhunderts den liegenden Chronos. Als Maler wird Johann Rincolin vermutet.

Hohe Mauern verbinden den Torturm mit zwei, in den äußeren Schlossgraben vorspringenden Rundtürmen. Diese sind mit Schießscharten ausgestattet und mit hohen kegelförmigen Dächern gedeckt. Von diesen Türmen laufen schräg über den Graben zwei niedrige Mauern zum Stöckl. An der Innenseite der Mauern des Haupttorbaues sind eingeschossige Personalwohnungen angebaut. Sie umschließen an drei Seiten den äußeren Hof. Der mittelalterliche Bering der Hauptburg umschließt eine Fläche von ca. 32 x 32 m. Durch den Bering der vorgelagerten Zwingeranlage ist die Zugangsseite auf ca. 44 m verbreitert. Die steinerne Schlossbrücke ruht auf einem Mittelpfeiler und ist mit drei Bögen unterwölbt. An ihrem Zugang wachen auf hohen Postamenten zwei steinerne Hunde, die Wappentiere der Lamberg. Sie wurden 1682 von einem unbekannten Horner Bildhauer geschaffen. Auf einem Halsband ist LIGVL eingraviert, was soviel wie Leopold Joseph Graf von Lamberg bedeutet. Das Hauptschloss hat den Grundriss eines unregelmäßigen Sechsecks. Die nach außen viergeschossigen, nach innen aber nur dreigeschossigen Trakte umschließen einen kleinen Hof. Der ca. 5,9 x 5,2 m große Torturm liegt an der Nordseite der Anlage in unmittelbarer Nachbarschaft der romanischen Kapelle. Er ist dem frühen 16. Jahrhundert zuzuordnen. Im rundbogigen Tor haben sich noch die Holzrollen der alten Zugbrücke erhalten. Die Steinbalustrade der darüber liegenden dreibogigen Loggia stammt von 1658. Im nördlichen Teil der Ostfront springt eine aus Bruchsteinen errichtete Bastion vor. Sie wird von einer niedrigen, von Schießscharten durchbrochenen gemauerten Brustwehr begrenzt

Der aus der Gebäudefront hervortretende halbrunde Turm ist in seinem unteren Bereich zugleich die Apsis der alten Schlosskapelle. Sie war dem Hl. Bernhard von Clairvaux geweiht. Der Bau ist exakt nach Osten ausgerichtet. Er lag ursprünglich knapp außerhalb der ursprünglichen Kernburg. Das qualitätsvolle Mauerwerk besteht aus exakt behauenen Quadern. Lediglich bei der Apsis wurde kleinteiliges Bruchsteinmauerwerk verwendet, da dieses von Beginn an verputzt wurde. Die Innenmaße der romanischen Kapelle sind 4,9 x 4,4 m. Sie wurde, als man um 1680 eine neue, barocke Kapelle einrichtete, profaniert und später in einen Speiseraum für das Personal umgewandelt. Bei neuerlichen Umbauarbeiten konnten hier 1974/75 zahlreiche romanische Secco-Malereien freigelegt werden, die zu den bedeutendsten des Landes zählen. Sie stammen aus den Jahren um 1170/80 und sind stilistisch mit der Salzburger Buchmalerei der gleichen Zeit verwandt. Wie die meisten Sakralräume dieser Zeit war die Kapelle vollständig mit Malereien bedeckt. Am besten erhalten sind die Malereien in der Apsis und im Gewölbe, während sie an den Wänden weitgehend verloren sind, da der Verputz in späterer Zeit abgeschlagen wurde. Die Mitte der Apsis wird von Christus dem Weltenherrscher eingenommen, der von zwei Cherubinen flankiert wird. Im Scheitelpunkt des Gewölbes erkennt man das Lamm Gottes, umgeben von den Symbolen der Evangelisten. Da die Malereien zu versalzen drohten, mussten sie 1985 neuerlich durch die Werkstätten des Bundesdenkmalamtes restauriert werden. Die Kapelle stand ursprünglich frei, ist aber heute zur Gänze in den Osttrakt der Hauptburg integriert. Der ca. 1,2 m starke Bering des Zwingers hinter der Kapelle ist hochmittelalterlich. Vermutlich wurde er gleichzeitig mit der Kapelle errichtet. Oberhalb des Sakralraumes war die sog. Schatzkammer untergebracht. Daneben springt im ersten Stock die Altane des Ahnensaales vor. Ihre Steinbalustrade wurde 1687 vorgebaut. An die im Torvorbau liegende tonnengewölbte Halle schließt nach Süden zu eine weitere, allerdings nach Süden offene, gewölbte Halle an. Von ihr führen wenige Stufen zum inneren Burghof empor. In seiner Mitte liegt ein hübscher Brunnen. Im 17. Jahrhundert wurde hier über der ursprünglichen Zisterne ein Becken mit einer achteckigen Steinbalustrade angelegt. Das schmiedeeiserne Brunnenhäuschen ist aber ein Werk des frühen 20. Jahrhunderts.

An der geschützten Talseite lag im Süden der ehemalige Palas. Seine Grundfläche beträgt ca. 14 x 8,5 m. Ein schönes Barockportal mit Ohrenrahmung führt von der südlichen Hofseite in die barocke zweigeschossige Schlosskapelle. Im gesprengten Segmentgiebel steht in einer Nische die Sandsteinfigur des Hl. Florian, dem die Kapelle auch geweiht ist. Der Mittelpfosten der Tür ist mit einem geschnitzten Edelknaben verziert. An den Türblättern finden sich zwei Cherubsköpfe sowie die Wappen der Familien Lamberg und Sprinzenstein. Die Kapellentür ist wahrscheinlich ein Werk des Bildhauers Augustin Leitner aus Rastenfeld. Die Kapelle wurde 1680 im Auftrag von Graf Leopold Joseph von Lamberg an der Stelle der mittelalterlichen „getäfelten Stube“ erbaut. Möglicherweise handelt es sich dabei um den Saal des alten Palas. Die Ausstattung der Kapelle war ein künstlerisches Prestigeprojekt im Zuge der Gegenreformation. Die Bauarbeiten führte der in Döllersheim ansässige Maurermeister Georg Wolff aus. Es handelt sich um einen ganz in Weiß gehaltenen saalartiger Raum, dessen Spiegelgewölbe, aber auch die von flachen ionischen Pilastern gegliederten Wände, mit aufwändigem Stuckdekor versehen sind. Die Wände sind durch Eck- und Mittelpfeiler sowie durch Nischen und lebensgroße Statuen gegliedert. Fröhlich stimmen die auf dem reich profilierten Gesims sitzenden zahlreichen Putten. Sie tragen Mariensymbole aus der Lauretanischen Litanei. Auch die rundbogigen Wandnischen, in denen Heiligenfiguren stehen, sind mit Putten und Cherubsköpfen verziert. Alle Stuckarbeiten stammen von Lorenzo Aliprandi. Zentraler Mittelpunkt der Kapelle ist der Hochaltar mit seinen beiden schwarzmarmorierten Säulen. Das Altarbild von 1682 zeigt einen schwarzbärtigen Mönch, angeblich den 1293 verstorbenen Ritter Hugo von Lichtenfels. Die Ottensteiner Kapelle ist einer der künstlerisch wertvollsten Sakralräume des Frühbarocks in Niederösterreich. Sie wurde durch die NEWAG 1979/80 restauriert. Bei Umbauten im Inneren der Burg stieß Architekt Wächtler im Oratorium der Kapelle auf einen Freskenzyklus, der aus 241 Medaillons mit Brustbildern aller Päpste von Petrus bis zum 1689 verstorbenen Innozenz XI besteht. Sie wurden von Maurizio Andora 1687/88 geschaffen. Wächtler ließ sie 1874 freilegen und konservieren.

An der Nordseite des Hofes erhebt sich der ganz aus großen behauenen Quadern errichtete, 28,5 m hohe, quadratische Bergfried. Damit überragt er den Bering um ca. 5,5 m. Er hatte die Eingangsfront zu schützen. Wie es die Regeln des Burgenbaues verlangten, steht er an der rechten Seite des Tores. Er ist das älteste Gebäude der Burg und war wohl bereits ein Teil der romanischen Anlage aus dem dritten Viertel des 12. Jahrhunderts. Er wurde später aber mehrfach umgebaut. Mit einer Seitenlänge von ca. 10 m gehört er zu den stärksten Türmen des Waldviertels. Die Mauerstärke beträgt an der Basis bis zu 2,5 Meter. Wie üblich nimmt sie nach oben hin etwas ab. Bis 1530 stand er isoliert im Burghof. Damals war er nur über den Hocheinstieg zugänglich. Der steingerahmte Eingang im Erdgeschoß der Ostseite wurde erst 1656 ausgebrochen. Der Turm trug kein Dach sondern eine von Zinnen begrenzte Wehrplattform. Diese war nur über eine lediglich 50 cm schmale Treppe in der nördlichen Außenmauer zugänglich. Das heutige hohe Dach ist modern. Die Wetterfahnen sind für den Historismus charakteristische Zutaten. Die Wände sind hell verputzt. Die Kanten werden durch ein aufgeputztes Ortsteindekor hervorgehoben. Vermutlich war der Bergfried in fünf Stockwerke gegliedert. Die Geschoßaufteilung wurde später verändert, wobei auch ein Treppenhaus eingebaut wurde. In der obersten Etage sind noch die gemauerten Zinnen zu erkennen. Hier standen einige Falkonetten, um einer Belagerungsartillerie Paroli bieten zu können. Zur ältesten Bauperiode gehören auch jene Gebäude, die den Hof im Westen, Süden und Osten umgeben. Die Räume im Erdgeschoß sind mit Kreuzgrat- und Stichkappengewölben versehen. In den Obergeschossen haben sich einige Holzkassettendecken und Kamine aus dem 17. Jahrhundert erhalten. Von den historistischen Holzdecken des 19. Jahrhunderts ging der Großteil im Zweiten Weltkrieg verloren. Als Schöpfer der Stuckdecke im sog. Kaiserzimmer wird Johann Michael Flor vermutet. Das Schloss war noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts äußerst reich mit Gemälden, Waffen, Kunstgegenständen und alten Möbeln eingerichtet. Unter anderem wurde im Ahnensaal die Türkenbeute des Grafen Adam von Lamberg beim Entsatz von Wien ausgestellt. Als die Lamberg auf Ottenstein 1931 ausgestorben waren und die Burg verkauft wurde, behielten die Erben den Großteil der Einrichtung. Graf Leopold Joseph Lamberg hatte zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine Sammlung von 71 Porträts von Kirchenfürsten in Auftrag gegeben. Er war kaiserlicher Botschafter am päpstlichen Hof und ließ sich als einziger Weltlicher in die Serie aufnehmen. Diese Gemäldegalerie wurde in Schloss Ottenstein aufgestellt. Auch sie wurde nach 1931 entfernt, aber 2003 zum Verkauf angeboten und von der EVN erworben. Nach einer gründlichen Restaurierung soll sie wieder im Schloss ausgestellt werden. Der unterhalb der Burg gelegene Schlossgarten wurde im 18. Jahrhundert neu gestaltet. Ein vierpaßförmiges Brunnenbecken stammt vermutlich aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 14 km östlich von Zwettl

Besichtigung: von April bis Oktober täglich außer Montag


Weitere Literatur:


21.04.2011