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Hellbrunn


Das Land am Fuße des Hellbrunnerberges war schon im 15. Jh. als landesfürstlicher Tiergarten in Verwendung und ist es, in abgewandelter Form, auch heute zum Teil wieder. Erzbischof Markus Sittikus, Graf von Hohenems, regierte nur sieben Jahre von 1612 bis 1619, aber in dieser kurzen Zeit drückte er der Stadt Salzburg seinen Stempel auf. Er war ein Neffe des Papstes Pius IV und hielt sich längere Zeit in Italien auf, wo er die Schlösser und Paläste des italienischen Adels kennen lernte. Seine kirchliche Karriere war beachtlich. Nachdem er 1610 in Konstanz zum Diakon geweiht wurde, wurde er bereits zwei Jahre später zum Salzburger Fürsterzbischof gewählt. Zu den Bauwerken, die mit seinem Namen in Verbindung gebracht werden, zählen neben der Residenz und dem Dom vor allem das Schloss Hellbrunn und sein Park. Bereits wenige Monate nach seinem Regierungsantritt beauftragte er den italienischen Dombaumeister, Architekten und Bildhauer Santino Solari mit der Errichtung eines Lustschlosses. Es war nicht so sehr für Sommeraufenthalte bestimmt, sondern sollte vorwiegend als Wochenendrefugium dienen. Die architektonischen Vorbilder für das Schloss waren die von Kardinälen und Adelsfamilien erbauten Villen Oberitaliens sowie jene der Umgebung von Rom. Die Bauzeit des Schlosses betrug nur 15 Monate, die der gesamten Anlage aber sechs Jahre. Die nachfolgenden Erzbischöfe änderten nichts am allgemeinen Aussehen, sondern beschränkten sich auf Reparaturen und Auswechslungen von schadhaften Teilen, so dass Hellbrunn als eines der wenigen vor dem 30-jährigen Krieg erbauten deutschen Lustschlösser sein Aussehen im wesentlichen beibehalten hat. Lediglich Erzbischof Guidobald Graf Thun (1654 – 1668) baute Teile der Hofgebäude, die durch einen Brand zerstört worden waren, größer und architektonisch wirkungsvoller wieder auf. Im Verlauf der Säkularisierung unter der französischen Besatzung verlor das Schloss seine Funktion als fürsterzbischöfliche Residenz. Nach dem Anschluss Salzburgs an Österreich ging es 1816 in den Besitz des österreichischen Kaiserhauses über. 1921 wurde Park und Schloss von der Stadt Salzburg erworben. Heute ist das erstklassig gepflegte Hellbrunn die besterhaltene Villa suburbana nördlich der Alpen und eine Hauptsehenswürdigkeit von Salzburg. Daneben wird es vorwiegend für kulturelle Veranstaltungen, wie das „Fest in Hellbrunn“ genutzt.

Vom einstigen Vorort Nonnthal führt eine alte Allee, die sog. „Fürstenstraße“ an kleinen Adelssitzen und Villen vorbei nach Hellbrunn. Das Eingangstor zum Park ist mit zwei Wappen des Bauherrn und vier Obelisken geschmückt. Die Rokoko-Torflügel wurden erst 1888 aus Schönbrunn hierher transferiert. Eine lange Einfahrtsallee führt zuerst durch den Park und dann durch die Nebengebäude. Je näher sie zum Haupthaus stehen, desto bedeutender werden sie: zuerst Stallungen und Lagerräume, dann die Wohnungen für den erzbischöflichen Hofstaat, für Diener, Schreiber, Offiziere und hohe Beamte. In einem Nebenflügel steht auch die Kapelle, außerhalb des eigentlichen Schlosses, eher ungewöhnlich für den Lieblingsaufenthalt eines Kirchenfürsten, doch wurde sie erst nach dem Zweiten Weltkrieg bei einem Umbau hierher übertragen. Das baulich einfach gehaltene, zweigeschossige Schloss umfasst mit zwei vorgezogenen Flügeln einen fast quadratischen Ehrenhof, in den die Zufahrt mündet. Durch die ausgewogenen Proportionen wirkt es viel kleiner, als es tatsächlich ist. Der Grundriss des Gebäudes ist ein Rechteck mit turmartigen Pavillons an den Schmalseiten, die hinter der Hauptfront stark zurücktreten. Über einem Mezzaninsockel liegt ein sehr hohes Hauptgeschoß, das über eine doppelarmige Freitreppe zugänglich ist. Sie überdeckt eine Brunnengrotte mit einer Marmorgruppe. Ein stattliches Rustikaportal trägt das Steinbockwappen des Erzbischofs. Die Fassade wird nur durch zwei Querstreifen und schwach markierte Eckrisalite gegliedert. Etwas schwer wirkt der aufgesetzte Mittelgiebel, der vermutlich als Aussichtswarte gedacht war. Die dem Park zugekehrte Seiten des Schlosses sind architektonisch reicher gestaltet. Die Fenster der Risalite sind von Imperatorenbüsten gekrönt. Das Portal an der Südwestfassade fällt durch seine ungewöhnlichen, an ägyptische Motive erinnernde Pilaster auf.

Die Räume des Erdgeschosses beherbergten einst die erzbischöfliche Garde. Eine einfache Marmortreppe führt zu den Fürstenzimmern im Oberstock. Die ursprüngliche Inneneinrichtung war überaus prächtig, doch hat sie sich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht erhalten. In drei Zimmern sind noch handgemalte chinesische Papiertapeten aus dem Jahr 1720 vorhanden. Die blaugoldenen Ledertapeten, die noch zu Beginn des 19. Jh. die Wände einiger Zimmer bedeckten, sind längst verschwunden. Im ehemaligen Speisezimmer steht ein buntglasierter Fayenceofen vom Beginn des 17. Jh., ein Prachtstück der Salzburger Hafnerkeramik. Hier befindet sich auch ein großes ganzfiguriges Gemälde mit dem Erzbischof und dem Plan von Hellbrunn im Hintergrund. An der Nordseite liegen Festsaal und Oktogon. Der erste ist langgestreckt mit Fenstern an drei Seiten. Die Wände und das flachbogige Gewölbe sind durch eine perspektivisch raffiniert gemalte Architektur gegliedert. Die Wandmalereien an den Längsseiten stammen von Arsenius Mascagni, einem Florentiner Servitenmönch und Hofmaler des Bauherrn. Sie sind in einer speziellen Seccotechnik ausgeführt und täuschen eine offene Säulenhalle mit Ausblicken auf den Markusplatz in Venedig und die Uffizien in Florenz vor. Neben den Tür- und Fensteröffnungen sind zwölf in Goldbronze dargestellte römische Kaiser zu sehen. An den Festsaal schließt das hohe, kuppelartige Oktogon an, dessen Wände ebenfalls reich bemalt sind. Unter der dargestellten Hofgesellschaft erkennt man den Erzbischof und seine Favoritin, Frau von Mabon. Diese Malereien im Festsaal und im Oktogon stellen Szenen aus dem höfischen Leben zu Beginn des 17. Jh. dar. Sie sind daher nicht nur ein bedeutendes Werk der Kunstgeschichte, sondern auch für die Kulturgeschichte wichtig.

Ähnlich wie bei den italienischen Villen ist Hellbrunn mit dem Schloss, den Ziergärten, Parkbauten, Teichen, Statuen, Bosketten und Alleen als Gesamtkunstwerk konzeptiert. Mehr als das eher bescheidene Schloss hat der große manieristisch-barocker Garten zur Berühmtheit Hellbrunns beigetragen. Er ist das älteste erhaltene Beispiel italienischer Gartenarchitektur im deutschsprachigen Raum. Allerdings wurde er um 1735 durch den Hofgarteninspektor Franz Anton Danreiter nach französischer Mode verändert. Ende des 18. Jh. wurde die Anlage um einen englischen Garten erweitert, der einen ehemaligen Obstgarten ersetzte. Der Park war nicht für die breite Öffentlichkeit gedacht, sondern für die humanistisch gebildeten Freunde des Bischofs, die genau wussten, welche mythologische Bedeutung die einzelnen Sandsteinfiguren hatten. Manche dieser Figuren werden Hieronymo Preosto und Bernardo Zanini zugeschrieben. Ihre Qualität ist sehr unterschiedlich. Der Lustgarten war als Fortsetzung des Schlosses ins Freie gedacht. Schon in seinem Sockelgeschoß befinden sich mehrere Grotten, wie z. B. die Neptungrotte, deren Wände mit Tuff- und Marmorskulpturen reich verkleidet sind und in deren Mitte eine große Statue Neptuns steht. Hier wird der Besucher, der ahnungslos das merkwürdige Germaul betrachtet, plötzlich mit einem Regen aus 5000 Röhrchen beglückt. Links von der Neptungrotte liegt die Ruinengrotte, rechts von ihr die Spiegel- und die Vogelsanggrotte, in der eine durch Wasser betriebene Mechanik verschiedene Vogelstimmen ertönen lässt. Für mechanische Spielereien und Wasserspiele hatte Markus Sittikus eine besondere Vorliebe. Seine Besucher wurden schon damals, durch aus Tischen und Hockern hervorschießende Wasserstrahlen, überrascht und erfrischt. Wenn sie sich dann in einer anderen Ecke in Sicherheit bringen wollten, schoss plötzlich aus den dort hängenden Hirschgeweihen Wasser hervor. Diese Wasserspiele sind noch heute eine Hauptattraktion des Parks. Einige Parkbauten, wie das Schlösschen Belvedere oder die Eremitagen sind im 19. Jh. verfallen und verschwunden. Erhalten hat sich aber das Römische Theater, ein intimer halbrunder Bau mit antiken Gestalten über vier halbkreisförmigen, steinernen Sitzreihen. Die qualitätvollste und besterhaltene Skulptur des Parks ist die schlafende Eurydike in der Grotte des Orpheus. Am Ostabhang des Hellbrunnerberges liegt das Steintheater, wo eine natürliche Aushöhlung mit einiger Nachhilfe zur Bühne gestaltet wurde. Es war das erste Freilufttheater nördlich der Alpen. Hier fanden 1617 die ersten Opernaufführungen außerhalb Italiens statt. Seit 1968 wird es wieder bespielt. Zu erwähnen ist auch das Monatsschlösschen, das 1615 innerhalb kürzester Zeit errichtet wurde, um Erzherzog Maximilian III zu überraschen. Das mechanische Theater wurde erst um 1750 im Auftrag von Erzbischof Andreas Jakob Graf Dietrichstein vom Dürnberger Salinenarbeiter Lorenz Rosenegger angefertigt. Von den ca. 250 Figuren, die das Leben in einer fürstlichen Residenzstadt des 18. Jh. darstellen, wurden ca. 100 durch Wasserkraft in Bewegung gesetzt, ebenso wie die Orgel, die die Aufgabe hatte, die Geräusche der Mechanik durch Musik zu übertönen.

Lage: Salzburg/Stadt Salzburg – im Stadtteil Hellbrunn (4 km vom Stadtzentrum)

Besichtigung: 1. April – 30.Oktober täglich ab 09.00 inkl. Wasserspiele

Homepage: www.hellbrunn.at


Weitere Literatur:


22.11.2002