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Parz - Land- und Wasserschloss


Parz besteht aus der kleinen Wasserburg und dem großen Landschloss. Wann die Wasserburg errichtet wurde, ist nicht bekannt. Die Familie Lerbühler (oder auch Lerböller) war ein eher unbedeutendes Rittergeschlecht, das sich nach seinem Wohnsitz bei Roitham nannte. Es tauchte gegen Ende des 13. Jahrhunderts in Parz auf, wo bereits ein befestigtes Haus auf einer kleinen Erhebung im Sumpfgebiet als Vorläuferin des heutigen Wasserschlosses bestand. Die Lerbühler waren Ministeriale der Schaunberger. 1331 besaß Dietmar von Lerbühel Parz als freies Eigen, während ihm das unweit gelegene Tollet als Lehen der landesfürstlichen Herrschaft Ort gehörte. Diemuth, die Gattin des Helmhard IV Jörger wird auch als „Leerbüllerin von Parz“ bezeichnet. Mit ihr erfolgte 1337 die erste urkundliche Erwähnung der damaligen Wasserburg. Durch sie gelangte Tollet an die Familie Jörger. Parz blieb aber bei den Lerbühler, doch musste Göschel der Lerbühler 1379 sein freies Eigen Herzog Albrecht III übergeben und es von diesem als Lehen zurücknehmen. Dieser Vorgang war Teil der Politik des Habsburgers, der versuchte das Gebiet der Schaunberger, die ihm zu mächtig geworden waren und Unabhängigkeitsbestrebungen zeigten, mit Burgen einzukreisen. Schließlich mussten die Grafen ihren Traum von einem eigenen Staat aufgeben und sich unterwerfen. Leutold der Lerbühler war der letzte seiner Familie. Er hatte 1393 Parz seinem Cousin Hans Jörger testamentarisch versprochen, doch verkaufte er die Herrschaft 1400 an Hans Oberheimer, der dann von Herzog Albrecht IV mit dem landesfürstlichen Lehen betraut wurde.

Oberheimer war ein Dienstmann der Herren von Wallsee, stieg aber bis zum Verweser der Landeshauptmannschaft auf. König Friedrich III befahl 1451 dessen Sohn Matthäus Schloss Parz an Wilhelm I Jörger abzutreten. Dieser Befehl wurde nicht ausgeführt und Parz blieb bei der Familie Oberheimer, die an der Wasserburg etliche Umbauten vornahm. 1468 ließ Kolomann Oberheimer die in unmittelbarer Nähe liegende St. Anna Kapelle erbauen. Erst Koloman II Oberheimer verkaufte 1514 die Herrschaft an Sigmund Ludwig von Polheim aus dem Welser Zweig dieses Geschlechtes. Ihm war die mittelalterliche Wasserburg jedoch zu wenig repräsentativ und zu unbequem. Daher begann er bereits im nächsten Jahr mit Genehmigung von Kaiser Maximilian I unmittelbar daneben ein neues Schloss zu errichten, das er vorerst „Neu-Tegernbach“ nannte. Es wurde noch in den Formen der Spätgotik erbaut und ist der Westtrakt des heutigen Landschlosses. Dieses wurde Herrschafts- und Gerichtssitz sowie Verwaltungszentrum des Marktes Grieskirchen. Polheim wohnte aber weiterhin auf seinem gleichnamigen Schloss in Wels und ließ Parz durch Pfleger verwalten. Unter seinem Sohn, Sigmund d. J. (1531 – 1598), war Parz ein geistiges Zentrum des Protestantismus in Oberösterreich. Wie sein Vater, war auch Sigmund fest entschlossen, die neue Lehre in seinem Herrschaftsgebiet durchzusetzen. Dabei scheute er auch keine Auseinandersetzungen mit dem Bischof von Passau und dem Kloster St. Nikola. Den katholischen Pfarrer von Grieskirchen ließ er sogar ins Gefängnis werfen und durch einen protestantischen Prediger ersetzen.

Er gab dem Landschloß ab 1572 seine heutige Renaissance-Gestalt. Damals entstand die monumentale Anlage, die dem Wasserschloß wie ein Ehrenhof vorgelagert und von weitläufigen Wirtschaftsbauten umgeben ist. Als Baumeister fungierte Meister Mert Capran aus Oberitalien. Ansonsten wurden vorwiegend lokale Handwerker beschäftigt. Sigmunds einziger Sohn starb 1608 im Wahnsinn auf Schloss Parz, nachdem er viele Jahre in einem Zimmer unter Verschluss gehalten wurde. Sigmund adoptierte daher seinen Neffen Gundaker aus dem niederösterreichischen Familienzweig und setzte ihn als Erbe ein. Er war kaiserlicher Kämmerer und Reichshofrat sowie Berater dreier Kaiser. Auf seine Bitte hin erhob Kaiser Matthias 1613 den zur Herrschaft gehörenden Markt Grieskirchen zur Stadt. Unter Gundaker begann der Abstieg der Familie. Hohe Schulden, die zum Großteil von seinen Vorgängern angehäuft worden waren, zwangen ihn, die Herrschaften Wels, Irnharting, Steinhaus und Lichtenegg sowie die Stadt Grieskirchen und den Markt Kematen zu verkaufen. 1623 musste der Pfleger Johann Hausleitner die Schlossbibliothek den Franziskanern in Pupping übergeben. Als letzten oberösterreichischen Besitz veräußerten seine Erben Parz 1644 an die Grafen von Verdenberg, die es 1662 an David II Ungnad Graf Weissenwolf veräußerten. Die Polheimer zogen sich auf die ihnen verbliebenen niederösterreichischen Güter zurück. Die Familie Ungnad stammte aus Kärnten, wo sie bereits im 12. Jahrhundert erwähnt wird. Auch sie war protestantisch gesinnt. Andreas II Ungnad musste sogar als einer der Führer der Aufständischen 1620 ins Ausland flüchten. Sein Sohn David II wurde aber vom Kaiser in Gnaden aufgenommen, da er wieder katholisch geworden war. Er wurde in den Grafenstand erhoben und durfte das Prädikat „von Weissenwolf“ führen. Von 1656 bis 1671 war er Landeshauptmann von Oberösterreich, nachdem er bereits 1648 mit dem Erbland-Hofmeisteramt in Österreich ausgezeichnet worden war.

1721 wurde der gesamte Familienbesitz zwischen den Brüdern Ferdinand Bonaventura und Josef Anton geteilt, wobei Ferdinand u. a. die Herrschaft Parz erhielt. Dessen ältester Sohn, Graf Franz Josef Ungnad von Weissenwolf, konnte das Familienvermögen wieder in seiner Hand vereinigen, da Josef Anton nur einen Sohn hatte, der ohne Nachkommen verstorben war. 1822 führte ein Brand zu großen Schäden am Wasserschloss. Mit Graf Nikolaus starb die Familie Weissenwolf 1917 im Mannesstamm aus. Parz gelangte an seine Tante Irene Gräfin Szapary. Während des Zweiten Weltkrieges diente das Wasserschloss als Wehrbezirkskommando. Ab 1946 war es unbewohnt und verfiel allmählich. Henriette Thurn und Taxis, die Parz 1943 von ihrer Tante geerbt hatte, starb mit ihren beiden Töchtern 1962 bei einem Autounfall. In der Nachkriegszeit waren in der Anlage Flüchtlinge untergebracht, die naturgemäß nicht sehr schonend mit dem noch vorhandenen Inventar umgingen. Nach seiner Restaurierung dient das Wasserschloss seit 1963 einer Künstlergruppe als Atelier. Henriettes Schwester, Marietta Gräfin Mensdorff-Pouilly, übernahm das Erbe, doch verkaufte ihre Tochter Maria Antoinette Krassay 1985 beide Schlösser an Dr. Georg Graf Spiegelfeld, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, gefährdete oberösterreichische Schlösser durch Sanierungen und Revitalisierungen zu retten. Dies geschah auch in Parz. Die Innenräume des bereits stark vernachlässigten Landschlosses wurden in Wohnungen aufgeteilt. Spiegelfeld ließ die Fresken an der Südseite des Landschlosses mit finanzieller Unterstützung der bayerischen Messerschmitt-Stiftung aufdecken. 2008 verkaufte Spiegelfeld das Landschloss an die Stiftung, die gemeinsam mit ihrem Präsidenten Dr. Heinrich von Srbik 2010 auch das Wasserschloss übernahm. 2010 fand in Parz die oberösterreichische Landesausstellung „Renaissance und Reformation“ statt. Auch unter den neuen Eigentümern sollen beide Schlösser weiterhin kulturellen Zwecken dienen.

Ab 1962 war das Wasserschloss an den Künstler Hans Hoffmann-Ybbs vermietet. Er gründete hier ein Künstlerzentrum und bemühte sich den bereits verfallenden Bau zu renovieren. Hoffmann-Ybbs starb zwar 2005, doch besteht nach wie vor eine Galerie im Schloss. Früher besaß sowohl die Wasserburg als auch das Landschloss je einen Turm. Der der Wasserburg ist nicht mehr erhalten. Die zweigeschossigen Trakte wurden bei einer Erneuerung durch Johann Ungnad Graf Weissenwolf nach einem Brand von 1822 stark verändert und präsentieren sich heute im Empirestil. Durch eine Ummantelung der alten Bauteile hatte man dem einstigen Wehrbau das Aussehen eines klassizistischen Schlosses gegeben. Bemerkenswert ist die feine Putzgliederung der Fassaden. Damals wurde dem Bau auch das niedrige dreiteilige Grabendach aufgesetzt. Während ab 1514 der gotischen Burg ein hochmodernes Schloss gegenübergestellt wurde, wirkt heute das Landschloss wesentlich älter als das Wasserschloss. Allerdings stößt man im Mauerwerk immer noch auf Reste des mittelalterlichen Vorgängerbaues. Eine an einer Seitenfront angebaute Terrasse dient heute als Gastgarten des Restaurants. Das Innere des Wasserschlosses zeigt noch einige mit Tonnengewölbe und Ziegelpflasterung versehene Räume aus der Renaissancezeit, z. B. den dreischiffigen Hallenraum mit seinen gotisch profilierten Pfeilern. In den Zimmern haben sich Holzböden mit Weichholz-Tafelparketten sowie einige alte Öfen erhalten. Zwei Räume sind mit Schablonenmalereien des 19. Jahrhunderts versehen. Der Schlossteich wurde lange Zeit nicht gepflegt, wurde aber um 2000 saniert. Ein Bootshafen im Keller ermöglichte es, direkt vom Haus den Teich zu befahren. Eine Brücke führt zum gegenüberliegenden Hof des Landschlosses.

Dieses zählt zu den stattlichsten Renaissanceschlössern Oberösterreichs. Es ist ein dreigeschossiger Bau mit einem langen und schmalen Haupttrakt sowie zwei kurzen, rechtwinkelig ansetzenden Seitenflügeln. Dadurch ergibt sich ein länglicher Hof, der zum Wasserschloss hin offen ist. Die langgestreckte Fassade wird hofseitig in der Mitte durch einen Treppenturm unterteilt. Diesem sieht man es auf den ersten Blick nicht an, dass es sich um eine Rekonstruktion handelt. Auch er wurde um 1820 wegen Baufälligkeit abgetragen. Nach ca. 170 Jahren wurde er vom damaligen Eigentümer, Dr. Georg Spiegelfeld, erneuert, wobei der Vischer-Stich von 1672 als Vorbild diente. Das mächtige Rustikaportal trägt das Doppelwappen Sigmunds von Pollheim und seiner Frau Potentiana von Hohenfeld. Darüber berichtet eine große Schrifttafel, dass der Bauherr zuvor die bereits baufällige Burg Tegernbach bei Schlüsslberg, die sich seit 1398 in Familienbesitz befand, hatte abreißen und alles Brauchbare nach Parz transportieren lassen, wohl um zu billigem Baumaterial zu kommen. Der riesige Arkadenhof weist Laubengänge in jedem Stockwerk auf, wobei es im obersten Geschoß doppelt so viele Bögen als in den beiden unteren Geschossen gibt. Die Bögen werden von toskanischen Säulen gestützt. Die Arkaden setzen sich am östlichen Seitenflügel fort. Wie die wenigen im Hof erhaltenen Wappen beweisen, war zumindest der Westteil des Landschlosses wesentlich bunter als heute. Im Inneren haben sich vier schöne Holzdecken aus dem Jahr 1600 erhalten, von denen eine mit dem Bildnis von Kaiser Rudolf II geziert ist. Der mit Steinsäulen und schönen Gewölben ausgestattete Pferdestall dient heute für Konzerte und andere Veranstaltungen, ebenso der große und der kleine Festsaal. Schon Sigmund von Polheim hatte im Obergeschoß des Ostflügels einen prächtigen Festsaal einrichten lassen, der allerdings nicht sehr lange genutzt wurde. Seine großen Bogenfenster wurden zugemauert. Der Raum diente bis in das 20. Jahrhundert als Dachboden. Erst 2010 wurde er im Zuge der Vorbereitungsarbeiten für die Landesausstellung wiederhergestellt.

1987, als man das Schloss für Wohnzwecke adaptierte, wurden an der fast 100 m langen Südfassade zahlreiche Renaissancefresken aufgedeckt und in den Jahren bis 1996 restauriert. Sie bedecken eine Fläche von nahezu 600 m² und sind damit die größten Renaissancefresken nördlich der Alpen. Leider sind sie auf Grund von späteren Fensterausbrüchen nicht vollständig erhalten. Immerhin zählt die Außenfront 21 Fensterachsen. Ansonsten ist sie völlig ungegliedert. Die Fresken wurden um 1580 im Auftrag des Sigmund von Polheim angefertigt und sollten die Überlegenheit des Protestantismus gegenüber dem Katholizismus dokumentieren. Sie sind ein einmaliges protestantisches Propagandabild in der Kunst des 16. Jahrhunderts und gelten als ein Hauptwerk der österreichischen Renaissancekunst. Ein unbekannt gebliebener Maler schmückte die riesige Fassade mit einer Mischung aus biblischen Szenen und mythologischen Darstellungen. Daneben gibt es Einzeldarstellungen aus der Götterwelt, wie Venus, Apoll, Diana und Merkur. Die Wahl der Motive und ihre Darstellung zeigen aber, dass nicht die Förderung des Protestantismus, sondern die Verunglimpfung der katholischen Religion im Vordergrund stand. Sigmund von Polheim war Flacianer, also Mitglied einer als besonders radikal angesehenen Sekte des Protestantismus. Man darf auch nicht vergessen, dass die Fresken zu einer Zeit entstanden, als die Gegenreformation begann, verlorenes Terrain im Religionskampf aufzuholen. Allein die Darstellung des Papstes und seiner Bischöfe, die in den Wogen des Roten Meeres ersäuft werden, war sicher Grund genug, dass diese Fresken im Zuge der Gegenreformation im 17. Jahrhundert überputzt werden mussten.

Lage: Oberösterreich/Innviertel – am östlichen Stadtrand von Grieskirchen

Besichtigung: der Arkadenhof und die Fresken des Landschlosses sind frei zugänglich, das Innere der Wasserburg ist nur im Rahmen von Ausstellungen zu besichtigen.

Homepage: www.landschloss-parz.at


Weitere Literatur:


20.03.2011