ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Weissenau


Das Gut hieß ursprünglich Talleshof. Seinen heutigen Namen erhielt es nach Andreas Weiss, der es zu Beginn des 16. Jahrhunderts erwarb. Er war um 1517 Pfleger auf Twimberg. Weiss ließ den bisher recht einfachen Hof zu einem Ansitz ausbauen. Seine Familie war zu beträchtlichem Reichtum gelangt und besaß neben Weissenau im Lavanttal auch die Schlösser Schmelzhofen und Lichtengraben. Den Herren von Weiss gehörte Weissenau bis 1683, als die letzte Vertreterin der Familie, Sibylla Maximiliana Freifrau von Ramschüssel es dem Reichsfürsten und Lavanter Bischof Franz Caspar von Stadion verkaufte. Er baute das Schloss weiter aus, wobei er vor allem auf die Wohnkultur großen Wert legte. Der Völkermarkter Propst Karl Ludwig Kliess erwarb die Herrschaft im Jänner 1702, verkaufte sie aber bereits zwei Monate später an Johann Christof von Rohrbach. 1739 erfolgte der nächste Verkauf, diesmal an Georg Andrä Josef Graf von Christallnigg. Dieser war ein Gewerke, der im Eisenbergbau bzw. in der Erzverarbeitung immens reich geworden war und in Kärnten neun Schlösser bzw. Güter besaß. Um 1807 kaufte Ferdinand Graf Egger Weissenau und schloss es seiner Herrschaft Ehrenegg an. Allerdings verpachtete er das Gut zuerst an Kunigunde Grössing und dann an die Freiherren von Staudach. Egger ließ den Dachstuhl des Haupttraktes zur Gänze erneuern und das bereits einsturzgefährdete Gewölbe sanieren. 1855 traten die Freiherren von Helldorf kurzzeitig als neue Eigentümer auf, doch schon im nächsten Jahr gehörte das Schloss dem schlesischen Montanindustriellen Graf Hugo Henckel von Donnersmarck. Dieser überließ es seiner zweiten Gattin Laura als Witwensitz. Die Planungen für einen Umbau im Stil des romantischen Historismus erfolgten noch vor dem Tod des Grafen im Jahr 1890. Der größte Teil der Arbeiten wurde aber erst danach unter seiner Witwe durchgeführt. Als Vorbild diente wohl Schloss Wolfsberg, das ebenfalls der Familie Henckel von Donnersmarck gehörte und von 1846 bis 1853 neugotisch umgebaut worden war. Die Bauarbeiten in Weissenau wurden vom Wolfsberger Baumeister Valentin Urbani durchgeführt. Der Planverfasser ist nicht bekannt. Schließlich erbte 1919 die Familie Thun-Hohenstein den Besitz, der ihr immer noch gehört und als Sitz einer Gutsverwaltung dient.

Das Schloss liegt unweit von Wolfsberg. Es ist ein gutes und für Kärnten seltenes Beispiel eines einheitlichen Schlossensembles aus der Zeit des Historismus. Weissenau wurde bereits im 16. Jahrhundert errichtet, doch erhielt es sein heutiges Aussehen erst 1890 beim Umbau im damals beliebten Tudor-Stil. Der dreigeschossige Bau umschließt mit drei Wohntrakten hufeisenförmig einen Hof. Die Westseite war ursprünglich durch eine zinnengeschmückte Mauer, in der sich das Einfahrtstor befand, geschlossen. Sie wurde 1839 abgetragen. Der quadratische Uhrturm, der mit Zinnen und kleinen Scharwachttürmchen besetzt ist, sowie die Bibliothek, wurden um 1890 erbaut. Damals wurde auch der Nordosttrakt erneuert. In seinem Obergeschoß befindet sich die um 1890 eingerichtete Hauskapelle. Es ist ein einheitlich gestalteter, flachgedeckter Raum, dessen neugotische Innenausstattung sich erhalten hat. An den übrigen Fronten wurden alle Fenster vergrößert und an der Ostseite des Gebäudes eine Terrasse angelegt. Die Fassaden sind sehr schlicht gehalten. Lediglich die etwas ungewöhnlichen Verdachungen der großen Fenster im ersten Obergeschoß fallen auf. Sie sollen das Vorhandensein einer Beletage anzeigen, obwohl die meisten Repräsentationsräume wie Speisesaal, Bibliothek, Rauchsalon und Billardzimmer sich im Erdgeschoß befanden. Im Inneren ist vor allem der quadratische Festsaal im Südwestflügel mit seinem plastischen barocken Deckenstuck interessant. Ein Kamin mit einem mächtigen und reich verzierten Stuckaufsatz erinnert an Bischof Franz Caspar von Stadion, der diesen Raum ausstattete. Sein Wappen ist am Kaminaufsatz angebracht. Gegenüber der Zufahrtsstraße erstrecken sich ausgedehnte Wirtschaftsgebäude, die ebenfalls Laura Gräfin Henckel von Donnersmarck in Auftrag gab. Sie dienen auch heute noch dem Gutsbetrieb. Beachtenswert ist das 1893 errichtete Verwaltungsgebäude mit Pferdestall und Wagenremise, bei dem verschiedene Baustile zur Anwendung gelangten.

Lage: Kärnten/Lavanttal – ca. 4 km nördlich von St. Andrä

Besichtigung: kaum möglich


Weitere Literatur:


13.01.2011