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Pöls


1244 stand an der Stelle des heutigen Schlosses ein Zehenthof des Erzbistums Salzburg, der Polcz genannt wurde. Ende des 13. Jahrhunderts dürfte das Bistum Seckau mit ihm belehnt worden sein, das ihn 1318 wohl als Afterlehen an die Familie Dorner weitergab. 1369 verlieh der Salzburger Erzbischof das Gut an Friedrich den Gleintzer und 1429 an Alexander Gradner. Ende des 15. Jahrhunderts kam der Hof an die Sinzendorfer. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts erfolgte durch die Herren von Saurau der Ausbau zu einem Edelsitz. Den Saurau scheint es zuvor gelungen zu sein, das Salzburger Lehen in Eigenbesitz umzuwandeln. Der Ansitz wird in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts als nicht sehr groß, aber gut eingerichtet beschrieben. Als Besitzer werden damals die mit den Saurau verwandten Herberstein genannt. Als 1729 Dismas Graf Dietrichstein von den Grafen Rosenberg Pöls übernahm, bauten sie das Gebäude zum heutigen Schloss aus. Es folgten 1752 Johann Wilhelm Edler von Rittersburg und 1768 Josef Erhard Ritter von Kalchberg als Eigentümer. Feldmarschallleutnant Franz Lattermann erwarb 1782 das Gut, überließ es aber schon vier Jahre später seinem Schwiegersohn Ludwig Graf Galler zur Nutznießung. Dieser ließ 1794 als zusätzliche Ertragsquelle eine Brauerei errichten, doch wurde diese 1810 auf Grund der starken Grazer Konkurrenz wieder aufgegeben und das Gut an Josef Freiherrn von Lazarini verpachtet. 1855 kaufte Friederike von Washington, eine geborene Herzogin von Oldenburg-Gottorp die Herrschaft. Ihr Gatte Maximilian Emanuel von Washington, war ein weitgehend vermögensloser entfernter Verwandter des ersten Präsidenten der USA und Hauslehrer des Bruders seiner späteren Gattin. Mit dem Geld seiner Frau ließ er Schloss und Wirtschaftsbetriebe ausbauen und einen landwirtschaftlichen Musterbetrieb errichten. 48 Bediente sorgten sich um das Wohl der Herrschaft. In Pöls wurden die erste steirische Groß-Geflügelmästerei und die erste Fischzuchtanstalt Österreichs eingerichtet. Als Architekt für den Schlossumbau wurde Moritz Wappler aus Wien verpflichtet. 1929 erwarb der Gewerke Mahler die Anlage und ließ sie neuerlich restaurieren. Später ging sie in den Besitz von Rudolf Allesch über, in dessen Familie sie sich nach wie vor befindet. Pöls ist Zentrum eines landwirtschaftlichen Betriebes.

Das Schloss liegt im Gemeindegebiet von Zwaring-Pöls auf einer bewaldeten Anhöhe oberhalb des rechten Kainach-Ufers. Trotz mehrfacher Umbauten und Modernisierungen hat es den Eindruck eines Adelssitzes des 17. Jahrhunderts bewahrt. Es besteht aus zwei rechtwinkelig aneinander gestellten Trakten, die durch einen stattlichen, in den Hof über Eck gestellten fünfgeschossigen Treppenturm verbunden sind. Letzterer dient auch als Uhrturm. Sein achteckiger Aufsatz trägt einen Spitzhelm. Die dreigeschossigen Fassaden werden an den Gebäudeenden von fünfeckigen Kragstein-Erkern, die einst von Zwiebeltürmen gekrönt waren, abgeschlossen. Die Arkaden im Obergeschoß sind Zutaten des 20. Jahrhunderts. Die einstige Schlosskapelle liegt im ersten Stock des Nordflügels. Sie erhielt 1678 ihre Messlizenz, wurde aber schon 1854 durch die protestantische Friederike von Washington profaniert. Der Raum ist mit einer Stuckdecke aus der Zeit um 1660/70 ausgestattet, die an die Werke des Johann Baptist Cherubini erinnert. Im Schloss befinden sich auch zwei Rokoko-Stuckdecken, die um 1770 geschaffen wurden. Jene im Saal des zweiten Obergeschosses weist ein eingelassenes Deckengemälde auf, das Venus und Amor zeigt. Der Hof war einst vollständig von einer Wehrmauer umgeben. An ihrer Stelle befinden sich jetzt meist Wirtschaftsgebäude. Der alte Graben dürfte bereits im 17. Jahrhundert aufgefüllt worden sein. Die an das Schloss anschließenden Wirtschaftsgebäude stammen aus dem 19. Jahrhundert. Vor allem der prächtige Pferdestall, aber auch die Hühnerställe wurden im damals bevorzugten Schweizer Stil betont aufwändig gestaltet. Bergseitig erstreckt sich ein Schlosspark, der 1855 angelegt und mit exotischen Gewächsen bestückt wurde.

Lage: Steiermark/Graz-Umgebung – ca. 14 km südlich der Landeshauptstadt

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


06.12.2010