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Graz - Hofburg


Als Keimzelle der späteren Burg gilt ein frühmittelalterlicher landesfürstlicher Meierhof, der 1349 als Schreiberhof erstmalig genannt wird. Er dürfte zur alten Burg am Schlossberg gehört haben. Diese begann bald nach 1122 der Hochfreie Bernhard von Stübing sich als Herrschaftssitz zu errichten. Während er, aber auch die Traungauer, Babenberger und die ersten Habsburger hier ihren Sitz hatten und nur gewisse Amtshandlungen im „Gemalten Haus“ (Herzogshof) in der Stadt durchführten, begann man erst gegen Ende des 14. Jahrhunderts über eine Stadtburg nachzudenken. Damals lag hier ein großer Garten mit mehreren Häusern und dem Meierhof. Herzog Wilhelm vergrößerte den Besitz 1399/1400 durch verschiedene Haus- und Grundstückzukäufe. Sein Neffe, Erzherzog Friedrich V, der spätere Kaiser Friedrich III, setzte ab 1433 den Grundstückserwerb fort und begann mit dem Bau einer repräsentativen Stadtburg. Friedrich war der älteste Sohn des Herzogs Ernst des Eisernen und dessen zweiter Gattin Cimburgis von Masowien. Es gibt zwar keine Urkunden über den exakten Baubeginn, doch sind auf mehreren Steinsockeln die Jahreszahl 1438 und die Buchstaben AEIOU zu finden, die Friedrich als Bauherrn klar erkennen lassen. 1453 war der Bau vollendet. Friedrichs Burg bestand aus zwei Teilen. Während der Hauptbau an der Hofgasse, der durch einen, auf Pfeilerarkaden gestützten Übergang mit der benachbarten Pfarrkirche verbunden war, im 19. Jahrhundert abgetragen wurde, hat sich der hintere Bau in der Nordostecke der Stadtmauer mit der Doppelchorkapelle von 1447 erhalten. Da die Burg vorwiegend Wohn- und Repräsentationszwecken diente und ihr Verteidigungswert gering war, wurde sie mit der Festung am Schlossberg durch einen gedeckten Gang verbunden, so dass der Landesfürst im Ernstfall sich rasch in den Schutz der Festung begeben konnte. Kaiser Maximilian I ließ zwischen 1494 und 1500 die beiden Gebäude Friedrichs III durch einen Flügel verbinden. Auch von diesem ist nur mehr ein Teil vorhanden. Er beherbergt die berühmte Doppelwendeltreppe. Kaiser Ferdinand I vollendete die Hofburg. Der von ihm 1545 nach Graz berufene Architekt Domenico dell’Allio war zwar vorwiegend mit der Neubefestigung der Stadt beschäftigt, aber auch an der Burg tätig. Damals erhielt das Areal an der Hofgasse durch die Errichtung einer Mauer seinen Abschluss. Zum vorderen Friedrichsbau wurde 1554 eine überdachte Prunkstiege angelegt. Sie ist ebenso verschwunden, wie der Großteil der an der Innenseite mit Arkaden ausgestatteten Mauer. Erhalten blieb nur das große Einfahrtstor und ein geringer Teil der Arkaden.

Die Burg war auch nach ihrer Fertigstellung nicht ständig bewohnt und diente der kaiserlichen Familie lediglich zeitweise als Residenz. Dies änderte sich erst mit der Erbteilung der Habsburger von 1564, als Graz zum Zentrum der innerösterreichischen Länder wurde. Kaiser Ferdinand I hatte diese testamentarisch verfügt. Erzherzog Karl II war sein jüngster Sohn. Er war 24 Jahre alt, als er als Landesfürst von Innerösterreich im gleichen Jahr nach Graz kam und die Regierung übernahm. Er war der erste Habsburger, der ständig in der Burg seinen Aufenthalt nahm. Um Platz für seinen Hofstaat und die Verwaltung zu schaffen, wurden der Karlsbau und der Registraturtrakt entlang der Stadtmauer errichtet. Es sind dies heute die größten Gebäude der Grazer Hofburg. Erzherzog Karl legte auch großen Wert auf die Verschönerung der Gartenanlagen. Er ließ Pflanzen und Bäume aus fremden Ländern hierher kommen und den Garten mit Einbauten bereichern. Die Versorgung mit Trinkwasser wurde 1571 durch eine Holzröhrenleitung vom Rosenberg her gesichert, wo sich eine Quelle befand. Sebastian Carlone schuf drei große Brunnen. In einem Tiergarten wurden u. a. Löwen, Tiger und Bären gehalten. Karls Gattin Maria (von Bayern) ließ 1571/72 eine Hofkapelle einrichten, die 1596 von Sebastian Carlone stuckiert und vom niederländischen Maler Egyd de Rye mit Fresken ausgestattet wurde. Die Burg blieb bis 1619 Residenz der Erzherzöge und musste dementsprechend vergrößert werden. Auch Karls Sohn Erzherzog Ferdinand ließ am Burggelände weitere Bauten errichten, doch sind diese heute restlos verschwunden. Unter ihm erlebte die Grazer Hofburg ihre Glanzzeit. In ihr befanden sich ein Schatzgewölbe, eine Kunstkammer und eine große Bibliothek. Die Kunstschätze waren zum Großteil noch von seinen Eltern angehäuft worden. Unmittelbar neben der Burg ließ Ferdinand sein prunkvolles Mausoleum erbauen. Als er 1619 als Kaiser Ferdinand II nach Wien übersiedelte, hatte die Burg ihre Funktion als landesfürstliche Residenz verloren. Sie diente neuerlich nur noch als kaiserliche Absteige. Gelegentlich wurden auch Verwandte des Kaisers hier einquartiert. Anlässlich der Vermählung Leopolds I (1673) und der Erbhuldigungsfeier Karls VI (1728) erfolgten noch größere Renovierungsarbeiten, doch wurden schon unter Maria Theresia die meisten vorhandenen Kunstwerke und Bücher, ebenso wie die Aktenbestände nach Wien gebracht.

1783 machte Kaiser Josef II die Grazer Burg zum Sitz der Gubernialverwaltung, was aus der einstigen Residenz eine Beamtenburg machte. Diese war nicht einmal mehr als kurzfristiger kaiserlicher Wohnsitz attraktiv, denn sowohl Josef II als auch Leopold II übernachteten bei ihren Graz-Aufenthalten lieber in Gasthäusern. Als Kaiser Franz II (I) mehrmals die Stadt besuchte, gab es nicht einmal mehr brauchbare Möbeln in der Burg. Sie mussten von einem Grazer Händler ausgeliehen werden. Erst der kaiserliche Gouverneur Ludwig Graf Taaffe ließ 1822/23 den Karlsbau für einen Besuch des Kaisers adaptieren und mit Möbeln aus der Werkstätte des Wiener Möbelfabrikanten Josef Danhausers einrichten. Diese Räume wurden, wenn der Kaiser nicht anwesend war, von Taaffe für Repräsentationszwecke genutzt. Auch die Hofkapelle wurde restauriert um der kaiserlichen Familie einen standesgemäßen Messebesuch zu ermöglichen. Allerdings waren die übrigen Gebäudeteile bereits zum Teil baufällig. 1853/54 entschloss man sich zu einem Teilabbruch, dem der gotische Haupttrakt mit der Hofkapelle sowie der Hofgassenübergang zur Ägydiuskirche zum Opfer fielen. Teile der Fresken wurden in die Kapellen der Schlösser Frauheim und Groß-Söding übertragen. Das Altarblatt von Giulio Licinio aus dem Jahr 1571 befindet sich jetzt in der Alten Galerie des Joanneums. Auch die Renaissance-Prunkstiege von 1554, um deren Erhaltung sich der Landeskonservator Josef Scheiger vergeblich bemühte, wurde demoliert. Fast die Hälfte der wertvollen Bausubstanz ging damals verloren, obwohl eine Restaurierung durchaus möglich gewesen wäre. Anfangs des 20. Jahrhunderts wurden Erweiterungsbauten um den dritten Burghof durchgeführt. Seit 1922 ist die Grazer Burg Amtssitz des Landeshauptmannes der Steiermark. Bombentreffer beschädigten 1944 vor allem den Maximilian- und den Rest des Friedrichsbaues. Ab 1948 wurden die Schäden beseitigt und 1950/52 an der Hofgassenseite ein Neubau errichtet. Zwischen 2003 und 2005 fanden umfangreiche Restaurierungsarbeiten statt. Möglicherweise werden diese auf die Kapelle und die gotische Halle im Friedrichsbau ausgedehnt werden.

Die Grazer Burg liegt auf einer Terrasse am Südosthang des Schlossberges. Sie bildet gemeinsam mit dem Dom, dem Mausoleum Ferdinands II und dem ehemaligen Jesuitencollegium ein Ensemble, das auch als Stadtkrone von Graz bekannt ist. Sie ist eine ausgedehnte, zwei bis viergeschossige Anlage, die sich um drei Höfe gruppiert. Im Gegensatz zu den meisten Herrschersitzen Europas hat sie keine nach außen wirkende Schaufassade. Während sie im Straßenbild nur wenig auffällt, zeigt sie sich vom Schlossberg aus betrachtet noch als markanter Baukomplex. Sie liegt gegenüber dem bereits 1174 als St. Ägydius-Kirche genannten Dom und war schon im 14. Jahrhundert in die mittelalterliche Stadtbefestigung einbezogen. Das Burgtor ist der Rest der ehemaligen Hofabschlussmauer, die 1554 unter Ferdinand I von Domenico dell’Allio mit hofseitigen Arkaden errichtet wurde. Es hat den Abbruch von 1853 überlebt, doch hatte es bereits 1676 seine stattliche Renaissancebekrönung verloren. Es wird von einem Gebälk und einem von zahlreichen Konsolen gestützten Zahnschnittfries abgeschlossen. Das monumentale Portal ist mit einer rechteckigen Rustikarahmung versehen. Der blechbeschlagene Torflügel stammt noch aus der Erbauungszeit. Die Beschläge dürften auf das Jahr 1618 zurückgehen. Ein kleiner Teil der einstigen Pfeilerarkaden hat sich an der Innenseite des Tores erhalten. Im Bogenzwickel ist eine Steinkartusche mit dem Wappen Kaiser Ferdinands I zu sehen. Unter Erzherzog Karl wurde dieser Hofabschluss um 1570/71 um zwei Geschosse erhöht. Vom obersten Trompetergang, wo die Musiker den feierlichen Einzug des Herrschers mit Fanfarenstößen begrüßten, sind straßenseitig noch drei Säulen im Mauerwerk zu erkennen. An der Stelle der vorderen Burg Kaiser Friedrichs III steht heute der 1951 fertiggestellte Bürotrakt der Landesregierung. Dort wo einst die Renaissance-Prunktreppe sich befand, ist heute die Einfahrt in den ersten Burghof, der derzeit sehr prosaisch als Parkplatz für die Landesbeamten dient.

Der nüchterne Karlsbau ist ein hofseitig drei- und gartenseitig geländebedingt nur zweigeschossiger Renaissancebau unter einem hohen Schopfwalmgiebeldach. Er wurde nach Plänen des kaiserlichen Hofbaumeisters Pietro Ferrabosco durch Marco Dionisio Tadei, dem Schwiegersohn Domenico dell’Allios, ausgeführt. Er ist der einzige, weitgehend unveränderte Burgtrakt aus dem 16. Jahrhundert. In ihm hat der steirische Landeshauptmann seinen Amtssitz. An seiner Außenmauer ist ein vom aufgelassenen Judenfriedhof stammender Grabstein des Rabbi Nissim von 1387 eingelassen. Die dem Burghof zugewendete Fassade des Karlsbaues ist schlicht und ungegliedert. Die Obergeschoßfenster der Gartenfront sind steingerahmt. Sie weisen die für die Frührenaissance typischen Rosettenreliefs auf. Der Altan mit dem Gartenzugang wurde erst 1836 hinzugefügt. Der Haupteingang an der Hofseite wurde 1846/47 neu gestaltet. Damals wurde auch das repräsentative zweiarmige Treppenhaus mit seinen gusseisernen Laternen anstelle einer Renaissance-Stiegenanlage eingebaut. Die Erdgeschoßräume weisen Kreuzgratgewölbe auf. Die Obergeschoßräume wurden im 19. Jh. großteils neu ausgestattet. Die heutigen Repräsentationsräume mit dem Weißen Saal liegen im ersten Stock bzw. gartenseitig ebenerdig. Ihre Ausstattungsstücke und Gemälde sind Leihgaben des Landesmuseums Joanneum. Von der Einrichtung des 18. Jh. haben sich einige Kachelöfen erhalten. Der Maximilianbau ist ein schmaler viergeschossiger Trakt mit einer Durchfahrt in den zweiten Burghof. Nach Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg wurde er 1949 teilweise erneuert. Sein architektonisch interessantester Teil ist der Treppenhausturm. Ein steinernes Schriftband im dritten Geschoß weist auf seine Errichtung im Jahr 1500 hin. Die verstäbten steinernen Fensterrahmungen sind gut erhalten. Durch ein ebenfalls verstäbtes spätgotisches Schulterbogenportal aus Rotmarmor gelangt man zur viergeschossigen Zwillingswendeltreppe. Sie ist eine der bedeutendsten spätgotischen Treppenanlagen Europas. Beide Läufe sind selbstständige Stiegen, die sich an den Zwischenpodesten jeweils treffen. Die gegenläufige Treppe führt bis zum zweiten Geschoß um je eine Spindel. Darüber ist sie freitragend und lediglich in die Außenmauer eingespannt. Ihr Architekt ist unbekannt.

Im Verlauf des 16. Jahrhunderts entstanden mehrere Zubauten. Der zweiachsige Verbindungstrakt zum Friedrichsbau zeigt über dem Torbogen ein Doppelfenster mit kielbogigem, verstäbtem Fenstersturz. Es dürfte vom 1853 abgebrochenen Hofgassenübergang stammen. Die Neue Burg ist ein an der Westseite des Burghofes liegender drei- bis viergeschossiger Bürobau aus den Jahren 1950/52. Die Nordostecke der Grazer Burg wird vom unregelmäßigen dreigeschossigen Friedrichsbau eingenommen. Er hatte diese bei einer Belagerung besonders gefährdete Stelle der mittelalterlichen Stadtmauer zu sichern. An seiner Ostseite weist er einen Kapellenvorsprung und eine Brücke über den ehemaligen mittelalterlichen Stadtgraben auf. Er ist der älteste erhaltene Bauteil, wenn er auch 1945 schwer beschädigt und 1948 teilweise erneuert wurde. Daher entspricht sein Äußeres heute bei weitem nicht mehr seiner ursprünglichen Erscheinung. Wie bei allen Bauten Friedrichs III finden sich auch hier überall Datierungssteine mit den Buchstaben AEIOU. In der Ecke zum Brückenbau erkennt man einen polygonalen turmartigen Vorbau mit einem Doppelarkadenfenster im zweiten Obergeschoß aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. An der dem zweiten Burghof zugewandten Seite des Friedrichsbaues liegt ebenerdig eine früher offene gotische Halle. Ihr sternförmiges Zellengewölbe wird von einem mächtigen polygonalen Steinmittelpfeiler abgestützt, der aus statischen Gründen teilweise mit einem Betonkranz ummantelt wurde. Anschließend an den Karlsbau liegt im ersten Obergeschoß die 1447 erbaute Kammerkapelle. Zur Zeit ihrer Erbauung war sie zweigeschossig, doch wurde sie im 19. Jahrhundert mehrfach unterteilt. Dadurch hat das vierjochige Netzrippengewölbe im heutigen Obergeschoß völlig seine Proportionen verloren. Bemerkenswert ist der Doppelchor. Vermutlich geht dieses relativ seltene Baudetail darauf zurück, dass die Kapelle einerseits der Muttergottes und anderseits dem von Friedrich III besonders verehrten Hl. Georg geweiht war. Der Chor ragt an der Außenseite des Friedrichsbaues vor. Auch am Scheiben-Schlussstein des Gewölbes sind die unvermeidlichen fünf Vokale Friedrichs III zu finden. Bemerkenswert ist das Schlüsselblatt ihrer Eingangstür in Form eines lanzenbewehrten Wächters.

Der fünfzehnachsige Registraturtrakt ist ein gefälliger dreigeschossiger Bau mit Renaissance-Arkadengängen und Sgraffitidekorationen. Er wurde 1581/85 unter Einbeziehung der mittelalterlichen Stadtmauer von Marc Antonio Tadei zweigeschossig errichtet und 1917/18 aufgestockt. Die von toskanischen Säulen gestützten Arkaden sind noch heute im Erdgeschoß offen. Im ersten Stock wurden sie 1918 geschlossen. Die ornamentalen Sgraffiti in den Bogenzwickeln zeigen stilisiertes Blattwerk. Die zweigeschossigen Arkaden sind im Obergeschoß vermauert. Hier ist eine Blendbalustrade in Sgraffititechnik dargestellt. An der Nordseite des Registraturtraktes schließt der dritte Burghof an. Er wurde erst im 20. Jahrhundert verbaut. Ursprünglich befand sich hier der mittelalterliche Stadtgraben, der aber nach der Errichtung der Burg- und der Karmeliterbastei um die Mitte des 16. Jahrhunderts funktionslos geworden war. Danach diente er den Erzherzögen als Tierpark. 1910 wurde hier ein Wohnbau errichtet, der aber bereits 1917/18 in den Neubau der Landesdruckerei einbezogen wurde. Auf der 1556/62 errichteten Burgbastei wurde schon 1568 unter Erzherzog Karl II durch den Hofgärtner Hans Richter ein Lustgarten angelegt. Aus ihm ist der heutige Burggarten entstanden. Er war ursprünglich wesentlich größer, doch trat Kaiserin Maria Theresia Teile davon den steirischen Landständen zur Errichtung des Schauspielhauses ab. Die Sandsteinfiguren des Simson und des Herakles sind aus dem 17. Jahrhundert. Sie stammen aus der 1904 abgebrochenen Färberkaserne. Andere Figuren schmückten einst die Attika des klassizistischen Grazer Rathauses (1806/07).

Ort/Adresse: 8010 Graz, Hofgasse 13 - 15

Besichtigung: die Höfe sowie die Wendeltreppe sind frei zugänglich


Weitere Literatur:


21.11.2010