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Stiegerhof (Nagerschigghof)


Der Stiegerhof ist ein schlossartiger Ansitz oberhalb des kleinen Ortes Gödersdorf, unweit des Faaker Sees. Aus einem Urbar des in Friaul gelegenen Klosters Moggio geht hervor, dass die hier lebenden Bauern um 1238/61 Untertanen des Klosters waren. Der hier befindliche Weiler wurde „Nagorsich“ genannt. Das Kloster verlor aber bald die Kontrolle über die hier befindlichen Höfe, die zu Beginn des 16. Jahrhunderts zur Herrschaft Finkenstein gehörten. 1533 gelangte ein mittlerweile zum Edelsitz ausgebaute Hof als Lehen an Kaspar Schneeweis. Der erzherzogliche Lehenssekretär Kaspar Stieber (Stüber) saß hier um 1575. Er war ein Anhänger der protestantischen Sekte der Flacianer und wurde deshalb aus Kärnten ausgewiesen. Vermutlich geht der Name „Stiegerhof“ auf ihn zurück. 1585 erwarb die Familie Paul, deren Mitglieder als Gewerke in Malborghet (Kanaltal) zu Reichtum gekommen waren, den Ansitz. Erbauer des heutigen Schlosses dürfte Georg Paul gewesen sein, der auch in Malborghet ein prächtiges Renaissancepalais besaß. 1598 wurde die Familie mit dem Prädikat „von Nägerschikh“ geadelt. Vom 16. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wechselte der Stiegerhof vielfach seine Besitzer. Neben Angehörigen des niederen Adels waren es meist Gewerkenfamilien oder bäuerliche Eigentümer. Unter anderen gehörte der Ansitz Hieronymus von Ruessdorf, Johann Georg von Aineth, der Familie Millesi und Gustav Hölbling. In der wirtschaftlich schlechten Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wurde die reiche Innenausstattung, zu der geschnitzte Kassettendecken, intarsierte Holzportale sowie zahlreiche Einrichtungsgegenstände aus der Renaissancezeit gehörten, verkauft. Sie befinden sich heute zum Teil im Philadelphia Museum of Art. 1935 ersteigerte Thomas Krabath den Stiegerhof, Die Deutsche Umsiedlungs-Treuhand-Gesellschaft, die ihn 1942 übernommen hatte, verkaufte ihn umgehend an Thomas Kowatsch. Seit 1951 gehört er dem Land Kärnten, das hier eine landwirtschaftliche Fachschule betreibt. Die letzte umfangreiche Restaurierung fand 1996/97 statt.

Der zwei- bis dreigeschossige Bau ist mit einem Krüppelwalmdach gedeckt. Während das Gebäude aus den 80er Jahren des 16. Jahrhunderts stammt, wurde das jetzige Dach erst im 20. Jahrhundert aufgesetzt bzw. ausgebaut. Bemerkenswert ist das wuchtige rustizierte Rundbogenportal in der Mitte der fünfachsigen Hauptfront. Seine Quadereinfassung zeigt einen Wechsel von Buckel- und Diamantquadern. Am Keilstein ist eine leere Kartusche zu sehen. Beiderseits davon ist je ein steinernes Satyrn-Relief eingemauert. Darüber schützt ein Schmiedeeisengitter ein gekuppeltes Doppelfenster aus der Renaissancezeit. Es ist in Marmor gerahmt und verfügt über eine Mittelsäule sowie über ein gerades Gebälk. Ein in Sgraffitotechnik ausgeführtes und von einem Wappen gekröntes Zierfeld zeigt die Jahreszahl 1585. Auch die Fassaden und besonders die Gebäudekanten sind mit ornamentalen Sgraffitomalereien geschmückt. Die mit geraden Verdachungen versehenen Fenster des ersten Stocks weisen marmorne Rahmen auf. Bei der letzten Restaurierung wurde östlich des Portals eine Sonnenuhr freigelegt. An der Nordfront springt in der Mitte des Obergeschosses eine auf Konsolen ruhende Rundbogenloggia vor. Ihr Baldachin wird von zwei schlanken Säulen gestützt. Der darunter liegende bescheidene Eingang ist eine Zutat des 20. Jahrhunderts. Ursprünglich hatte der Ansitz keinen Ausgang in den Garten. Im Erdgeschoß weist das mit gratigen Stichkappen versehene Tonnengewölbe auf das Alter des Gebäudes hin. 1589 schuf der Tischlermeister Urban Holzwurm aus Villach eine reiche innenarchitektonische Ausstattung, die aber leider nicht mehr erhalten ist. Der modern erneuerte Stiegenaufgang wird von einer etwas plumpen toskanischen Halbsäule aus Granit flankiert. Im ersten Stock nimmt ein tonnengewölbter Saal die gesamte Tiefe des Hauses ein. Die Grate der Stichkappen sind mit Stuck verziert. 1935 wurde dieser Saal, der einige Jahre zuvor seine Ausstattung verloren hatte, mit den gemalten Wappen der einstigen Besitzer behübscht. Sie wurden bei späteren Restaurierungen wieder übermalt. Der Ansitz ist von modernen Schul- und Verwaltungsgebäuden, aber auch von großen Stallungen umgeben, die dem Schulbetrieb dienen.

Lage: Kärnten/Villach-Land – ca. 6 km südlich von Villach

Besichtigung: nur von außen möglich

Homepage: www.stiegerhof.at


Weitere Literatur:


11.11.2010