ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Windhaag


Winthag im Ahlant (Machland) wird 1287 erstmals urkundlich erwähnt. Damals saßen hier die „Freitel von Windhaag“, die sich zuerst „von Vrithalmsdorf“ und erst später „Windhaager“ nannten. Im 14. Jahrhundert wurde die Burg zum landesfürstlichen Lehen, das aber bis 1379 im Besitz der Freitel blieb. Auf sie folgten kurzzeitig Hans von Au und dann die Lasberger. 1395 gehörte die Burg Konrad Schaffer von Schwertberg, der mit einer Tochter des letzten Freitel von Windhaag verheiratet war. Ab 1400 saß hier Thomas Tannpeck. In den Ungarnkriegen paktierten die Tannpeck mit den Liechtensteinern, die damals zu den Feinden des Kaisers gehörten. Sie ließen es kampflos zu, dass die Burg von den böhmischen Söldnern des Königs Matthias Corvinus eingenommen und niedergebrannt werden konnte. Daraufhin entzog ihnen 1485 Friedrich III die Herrschaft Windhaag und belehnte damit den Kärntner Erbmarschall und Kämmerer Lassla Prager. Er hatte im Jahr zuvor Regina, die einzige Tochter des Hanns Tannpeck geheiratet. Es gelang ihm die Herrschaft durch Zukäufe zu vergrößern und Windhaag 1491 mit einem Landgericht auszustatten. Die Burg ließ er wieder aufbauen. 1505 hatte ihn Kaiser Maximilian I in den Freiherrenstand mit dem Prädikat „von Windhaag“ erhoben. 1594 war die Burg im Kriegsfall als Fluchtort für die umliegende Bevölkerung vorgesehen. Friedrich Freiherr von Prag hatte hohe Schulden und musste die Herrschaft 1597 seinem Hauptgläubiger Lorenz Schütter verkaufen. Dieser schloss sie seiner Herrschaft Klingenberg an. Auch hier häuften sich die Verbindlichkeiten, so dass Windhaag 1636 an Dr. Joachim Enzmillner veräußert wurde. Er war ein bekannter Rechtsgelehrter, der 1651 die Reichsfreiherren- und 1669 die Reichsgrafenwürde erhielt. Als Syndikus war er für die oberösterreichischen Stände tätig. Für die Durchführung der Gegenreformation erwarb er sich große Meriten. Angeblich wurden durch ihn an die 40.000 Menschen zum Katholizismus „bekehrt“. Durch geschickte Finanztransaktionen kam er zu großem Reichtum. An ihn erinnert noch die „Windhaagsche Stipendienstiftung“, aus der begabte Studenten der Universität Wien gefördert werden.

1642 gelang es Enzmillner sich der Lehensobrigkeit von Windhaag zu entziehen und die Herrschaft in freies Eigen umzuwandeln. Er ließ neben der Burg durch einen italienischen Baumeister ein prächtiges Schloss im Stil der Spätrenaissance errichten und entsprechend ausstatten. In der Bibliothek wurden mehr als 20.000 meist wissenschaftliche Werke verwahrt. Ein großer Teil der Bücher befindet sich heute im Besitz der Wiener Universitätsbibliothek. In einer eigenen Kunstkammer wurden sowohl Kunstwerke als auch etliche Merkwürdigkeiten aufbewahrt. Die Münzsammlung bestand aus 20.000 Einzelstücken. Außerdem gab es eine Rüstkammer mit Schuss- und Stichwaffen. Die Wohn- und Repräsentationsräume, wie der Römer- und der Österreichersaal waren gediegen eingerichtet, mit Stuckdecken versehen und mit wertvollen Gemälden geschmückt. In der Sala terrena gab es eine Grotte mit Springbrunnen und Wasserspielen. 1648 war das Schloss baulich fertiggestellt. Die Ausstattung des Inneren dauerte aber bis 1673. Bereits 1664 wurde eine neue Kapelle eingeweiht. Das Schloss war von einem prächtigen Garten und zehn Fischteichen umgeben. Leider bestand es nur kurze Zeit. Als der Bauherr 1678 starb, erbte seine Tochter Eva Magdalena den Besitz. Sie war schon 1649 in den Dominikanerinnenorden eingetreten und hatte von ihrem Vater 1664 die alte Burg als Klostergebäude erhalten, wo sie bis 1689 als Priorin tätig war. Naturgemäß hatte sie als Nonne an einem Prachtschloss kein Interesse. Sie ließ es ebenso wie das kleine Schlösschen Pragthal bis auf die Grundmauern abreißen. Das Abbruchmaterial wurde zum Bau eines neuen Klosters am gegenüber liegenden Hügel verwendet. Die alte Burg blieb bestehen, da hier der Pfleger der Herrschaft sowie der Beichtvater der Nonnen wohnten und auch das Landgericht seinen Sitz hatte. 1734 stürzte ein Teil der Burg ein. Im bewohnbaren Rest hausten noch bis zum endgültigen Zusammenfall der Klosterjäger sowie einige arme Leute. Wegen der hohen Verschuldung des Klosters wurde die Herrschaft 1765 dem Domkapitel Linz unterstellt. 1771 war die einst stolze Burg nur mehr eine Ruine, um die sich 200 Jahre lang niemand mehr kümmerte. Erst im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts setzten erste Sicherungsarbeiten ein. 1990 kaufte die Gemeinde Windhaag die Ruine vom Domkapitel Linz, um sie zu restaurieren und touristisch nutzbar zu machen.

Wenn man noch vor wenigen Jahren Schloss und Ruine Windhaag suchte, fand man in einer Mulde unterhalb des Klostergebäudes lediglich Mauerreste des Palas und des Bergfrieds der alten Burg. Im Westen war ihr ein Halsgraben vorgelegt. Der viereckige fünfgeschossige Bergfried diente ursprünglich auch als Wohnturm, wie die noch vorhandenen Sitzbänke in den Fensternischen zeigen. Er hatte einen Grundriss von 13 x 8 m und eine Höhe von 20 m. Im Norden schloss ein Torbau an, im Osten der Palas. Im Süden waren noch Reste der Außenmauern und eines Rundturmes zu erkennen. Nördlich des Tores war in einem ehemaligen Wohntrakt des 15. Jahrhunderts ein Steingewölbe noch vorhanden. Der kleine Innenhof ist teilweise in den Fels gehauen. Heute steht hier eine stattliche Ruine mit dem mächtigen „Hungerturm“. Das Vorhandensein von großen Kränen deutet auf noch ehrgeizigere Pläne des „Wiederaufbauprogrammes“ hin. Die Verwendung von Beton und Ziegeln lassen die Anlage aber deutlich als Neubau des 21. Jahrhunderts erscheinen, wenn auch bereits bei den Umbauten des 17. Jahrhunderts reichlich Ziegelmaterial verwendet wurde. Das Schloss, das einst durch eine Brücke mit der Burg verbunden war, ist restlos verschwunden. Allerdings haben sich noch einige Brunnen erhalten. So steht der Neptunbrunnen heute am Stadtplatz von Steyr. Zwei weitere Brunnen befinden sich am Marktplatz von Königswiesen sowie in einem Bauernhof in Ebelsberg. Auch das rustizierte Nordtor mit dem gesprengten Dreieckgiebel des Klosters dürfte vom ehemaligen Schloss stammen. Neben dem Bergfried der Burg steht die Ruine der 1512 errichteten Burgkapelle, die in ein privates Wohnhaus integriert ist. Sie war dem hl. Petrus geweiht.

Lage: Oberösterreich/Mühlviertel – ca. 6 km nördlich von Perg

Besichtigung: jederzeit frei zugänglich

Homepage: www.windhaag-perg.at


Weitere Literatur:


28.10.2010