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Niederleis


Die Herren von Leis (Lizze) werden bereits zur Zeit der ersten Babenberger mehrfach erwähnt. Allerdings sind sie nicht immer leicht einzuordnen, da sich bei Scheibbs ein gleichnamiger Ort befand. Im 13. Jahrhundert verdichten sich die Nennungen. So wird Otto von Leis zwischen 1249 und 1258 in Zwettler Urkunden einige Male als Zeuge erwähnt. Der ungefähr gleichzeitig auftretende Albero von Leis war ein Gefolgsmann von König Ottokar II. Von einem Wehrbau wird 1309 erstmals urkundlich berichtet. Auch im 14. Jahrhundert sind noch einige Herren von Leis nachweisbar, so der 1342 verstorbene Bischof von Lavant, Heinrich von Leis, doch dürfte die Familie schon zuvor ihre Stammburg verloren haben. Friedrich Helphant und sein Bruder Jans werden um 1341 als Herrschaftsinhaber vermutet, da sie in dieser Zeit Urkunden in Niederleis ausstellten. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts könnten die Polheimer und die Fritzendorfer hier Grundherren gewesen sein. Aber schon gegen Ende des Jahrhunderts trat Wolfgang von Ludmannsdorf als Schlossherr auf. Er war von Kaiser Friedrich III mit der Herrschaft belehnt worden. Durch Erbschaft bzw. Heirat dürfte der Besitz etwas aufgesplittert worden sein. So besaß die auf Göllersdorf sitzende Familie Puchheim 1545 ein Viertel am Schloss Niederleis. 1572 gehörte es der Familie Maschko. Sie wird auch als Bauherr der heutigen Schlossanlage vermutet. Hans Melchior II Maschko war ein recht streitbarer Zeitgenosse. Als militanter Protestant war er 1608 am Horner Bund beteiligt. Er hatte auch oft Streit mit dem katholischen Pfarrer von Niederleis, der ihm eine Familiengruft verweigerte. Daher bemächtigte er sich der Schlüssel der St. Markus-Kapelle in Pürstendorf und ließ deren Glocke in sein Schloss bringen.

Nach der Schlacht am Weißen Berg verfiel er als Bundesgenosse des Kurfürsten Friedrich V von der Pfalz 1620 der Reichsacht und musste ins Ausland flüchten. Die konfiszierte Herrschaft kam im folgenden Jahr an Seifried Breuner, doch gelangte sie bald durch Erbschaft an Christoph Ferdinand Poppel von Lobkowitz, der damals Statthalter in Böhmen war. Im Dreißigjährigen Krieg wurde das Schloss 1645 von den Schweden beschossen und schwer beschädigt. Zwei an der Außenfront eingemauerte Kanonenkugeln erinnern noch daran. 1651 verkaufte Christoph Ferdinand Niederleis dem Kloster Heiligenkreuz, das größere Umbauten am bereits stark vernachlässigten Schloss vornahm. Die Arbeiten dürften sich aber längere Zeit hingezogen haben, denn am Vischer-Stich von 1672 sind die meisten Türme und Wohngebäude noch dachlos dargestellt. Da die Türkengefahr immer bedrohlicher wurde, legte man auch auf den Ausbau der Verteidigungseinrichtungen großen Wert, obwohl diese einer ernsthaften Belagerung nicht standgehalten hätten. 1683 wurde das Wasserschloss für die umliegende Bevölkerung als Zufluchtsstätte bestimmt. Es kam jedoch zu keiner Konfrontation mit den Türken, die mit der Belagerung Wiens voll beschäftigt waren. 1867 erwarb Graf Maximilian von Wallis die Herrschaft. Unter dessen Sohn, Graf Josef Wallis, der den Besitz 1882 übernommen hatte, erlebte das Schloss eine späte Blütezeit. Er war ein Freund des Grafen Wilczek, der als Erbauer von Kreuzenstein bekannt ist und wie dieser ein großer Kunstmäzen und – sammler. 1928 erbte seine Nichte Anna Gräfin Schaffgotsch Schloss und Gut Niederleis. Von 1945 bis 1955 befand sich beides unter Verwaltung der russischen Besatzungsmacht. In dieser Zeit wurde das Gebäude weitgehend ausgeplündert. Nach Abschluss des österreichischen Staatsvertrages wurde es der Familie Schaffgotsch wieder zurückgegeben, die es ab den 80er Jahren des 20. Jahrhundert umfassend renovieren ließ.

Das Renaissance-Wasserschloss Niederleis liegt am nördlichen Rand der gleichnamigen Ortschaft. Der unregelmäßige zweieinhalbgeschossige Bau ist von einem Wall und einem breiten wassergefüllten Graben umgeben. An den Gebäudeecken treten vier Rundtürme deutlich vor. Sie tragen abgestufte Kegeldächer, überragen aber nur wenig die nach innen geneigten Pultdächer der anschließenden Trakte. Die Schauseite des Gebäudes ist nach Südwesten gerichtet. Eine von einer Balustrade begrenzte und 1735 von Giovanni Giuliani mit vier barocken Heiligenfiguren (Nepomuk, Antonius, Aloysius, Karl Borromäus) sowie Steinvasen geschmückte Brücke führt zum viereckigen, etwas vorkragenden Torturm. An ihrer Stelle befand sich einst eine einfache Holzbrücke, doch wurde diese beim Umbau des Schlosses durch das Stift Heiligenkreuz durch die heutige Steinbrücke ersetzt. Der wuchtige Torturm liegt an einem Mauerknick der Schauseite. Er trägt ebenfalls ein gestuftes Mansarddach mit einer hohen Laterne, die als Uhrturm dient. Am großen Rundbogentor haben sich noch die Originalbeschläge erhalten. Rollenöffnungen weisen darauf hin, dass hier einst eine Zugbrücke zum Tor geführt hat. Dieses wird von einer rustizierten Rahmung begrenzt. Unmittelbar über dem Tor befindet sich ein Wappen des Stiftes Heiligenkreuz mit einer Inschrift und der Jahreszahl 1651. Es ist mit Voluten und Steinvasen verziert. Auch das darüber befindliche Doppelfenster weist eine Volutenbekrönung, sowie ein Doppelwappen auf. Die schlichten Fassaden sind glatt verputzt. Sgrafittoreste lassen erkennen, dass sie im 16. Jahrhundert mit einer Rastergliederung und aufwändigen Fensterumrahmungen versehen waren. Die Fenster sind zum Teil unregelmäßig angeordnet. Sie sind steingerahmt. Ihre Solbänke sind teilweise profiliert. Im obersten Geschoß hat sich eine Reihe von Schlüssellochscharten und Schießfenster erhalten. Eine breite gewölbte Einfahrt führt in den großen fünfeckigen Innenhof. Der Südwesttrakt zeigt hier im Erdgeschoß einen flach gedeckten Arkadengang. Die zweigeschossige vierjochige Schlosskapelle liegt ebenfalls im Südwestflügel. Von außen ist sie an ihren drei hohen Barockfenstern erkenntlich. Der ehemalige Schüttkasten wurde im späten 19. Jahrhundert von den Grafen Wallis zu einem Festsaal umgebaut. Hier finden gelegentlich Konzerte statt. Das Schloss ist von einem 8 Hektar großen Landschaftsgarten umgeben, der mit Steinfiguren vom Beginn des 18. Jahrhunderts geschmückt ist.

Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 18 km westlich von Mistelbach

Besichtigung: auf Anfrage sind Führungen möglich


Weitere Literatur:


17.10.2010