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Hardegg (NÖ)


Bis ins Frühmittelalter gab es im Waldviertel vorwiegend weite menschenleere Wälder. Der Burgberg dürfte im Rahmen der Kolonisation von Mähren im 11. Jahrhundert erstmals besiedelt worden sein. 1041 hatten die Babenberger die Nordgrenze des von ihnen kontrollierten Gebietes bis an die Thaya vorgeschoben. Damals stand hier eine kleine hölzerne Wehranlage zur Kontrolle des Flussüberganges und des umliegenden Gebietes. Keramikfunde stammen aus dieser Zeit. Zwischen 1125 und 1150 wird Otto von Hardegg als Zeuge in einer Schenkungsurkunde erwähnt. Die Burg war damals bereits Grenzfeste gegenüber Mähren, von dem sie auch heute nur durch die Thaya getrennt ist. Dietmar von Hardegg, ein Gefolgsmann der Kuenringer scheint 1171 auf. Zu den Adelsfamilien, die im Auftrag der Babenberger im 12. Jahrhundert das Waldviertel kolonisierten, gehörten auch die Salzburger Grafen von Plain. Sie werden 1187 in einer Urkunde Herzog Leopolds V als Herren von Hardegg genannt, dürften aber bereits um 1100 hier Fuß gefasst haben. Ein Graf Liutold von Plain hatte bereits 1146 gemeinsam mit dem Grafen Hermann von Poigen die Stadt Preßburg erobert. Hardegg wurde unter Liupoldus comes de Hardeck Zentrum ihrer Herrschaft. Die bisher kleine Burg wurde entsprechend ausgebaut. Neben den – allerdings rangniederen – Kuenringer waren die Grafen von Plain-Hardegg bald die bedeutendste Adelsfamilie des Landes. Sie waren mit mehreren Adelsgeschlechtern in Nieder- und Oberösterreich sowie in Bayern verwandt. Im Retzer Land besaßen sie zahlreiche Güter und Untertanen. Leutold III Graf von Plain-Hardegg nahm 1217 im Gefolge von Herzog Leopold VI dem Glorreichen an einem Kreuzzug teil. Ein Pfeilschuß kostete ihm vor Damiette ein Auge und schließlich zwei Jahre später auf der Rückreise das Leben. Graf Gebhard von Plain-Hardegg war von 1221 bis 1232 Bischof von Passau, sein Bruder Heinrich Abt von Kremsmünster. Die Grafen von Plain-Hardegg beteiligten sich am Adelsaufstand gegen Herzog Friedrich II dem Streitbaren, kamen aber nach dessen Niederschlagung glimpflich davon.

Als Herzog Friedrich II 1246 als letzter Babenberger starb und es nicht sofort einen Nachfolger gab, eigneten sich die Grafen Teile des babenbergischen Kammergutes an. Graf Konrad III unterstützte anfangs König Ottokar II, doch beteiligte er sich 1259 am Aufstand des steirischen Adels gegen ihn und unterstützte diesen mit einem Heer von 1000 Mann. 1260 gerieten die Brüder Otto und Konrad im Kampf gegen die Ungarn bei Laa/Thaya in einen Hinterhalt und wurden getötet. Mit ihnen starb die Familie der Grafen von Plain-Hardegg im Mannesstamm aus. Hardegg ging an Wilbirgis, die Witwe Ottos. Sie heiratete bald danach den Burggrafen Heinrich von Dewin aus Meißen, der sich nun Heinricus comes de Hardekke nannte. Er starb jedoch bereits 1270. Wilbirgis heiratete nun Berthold von Rabenwalde, der im Gefolge Rudolfs von Habsburg nach Niederösterreich gekommen war. Er wurde 1278 mit der Grafschaft belehnt. Berthold gründete die Stadt Retz, die bald zum politischen und wirtschaftlichen Zentrum der Herrschaft wurde. Die Burg Hardegg verlor dadurch stark an Bedeutung, blieb aber weiterhin ein repräsentativer Grafensitz. Als Graf Berthold 1312 starb, übernahm der Großneffe seiner Witwe, Berthold I von Querfurt, die Verwaltung der Herrschaft. Seine Vorfahren waren Burggrafen von Magdeburg (=Maidburg). Sie hatten dieses Amt zwar bereits 1261 aufgegeben, durften aber den Titel behalten. Berthold I erbte 1314 den Besitz und begründete die danach benannte Dynastie Maidburg-Hardegg, die zu den Spitzen des österreichischen Adels zählte. So finden sich die Namen Berthold, Burkhard und Johann von Maidburg-Hardegg gleich nach der Unterschrift Rudolfs des Stifters auf der Gründungsurkunde der Wiener Universität von 1365. Die Grafen von Schaunberg hatten ebenfalls Erbansprüche gestellt und vorerst ein Drittel der Burg Hardegg erhalten. 1357 besaßen sie bereits die Hälfte, doch wurden ihre Rechte schließlich anderwärtig abgegolten.

Die Nachkommen der Burggrafen von Maidburg besaßen die Herrschaft fast 200 Jahre lang und nannten sich bald nur mehr „Grafen von Hardegg“. Sie konnten Einfälle böhmischer Truppen um 1331 abwehren, doch hatten ihre Bauern darunter schwer zu leiden. Konrad von Hardegg heiratete heimlich Katharina von Habsburg. Dadurch bekam er Schwierigkeiten mit Herzog Albrecht II, der keinerlei Erbansprüche auf das Habsburgervermögen aufkommen lassen wollte. Er musste zu Kaiser Karl IV nach Prag flüchten. In Prag machten die Hardegger Karriere und übernahmen das Hofmeister- und Hofrichteramt. Außerdem waren sie wichtige Geldgeber des Kaisers. Nach Konrads Tod kehrten sie wieder nach Hardegg zurück. In den 80er Jahren des 14. Jahrhunderts konnte die Herrschaft durch die Übernahme einiger Lehen der Schaunberger und verschiedener Pfandschaften deutlich vergrößert werden. 1388 wird die Burg von zwei Familienzweigen der Hardegger Grafen bewohnt, was für ihre damalige Größe spricht. 1406 war Graf Johann von Maidburg-Hardegg Landmarschall von Niederösterreich und oberster Hauptmann der Ritterschaft Österreichs. Graf Johann III verteidigte Retz 1425 gegen die Hussiten, konnte aber die Erstürmung der Stadt nicht verhindern. Er wurde als Gefangener auf die böhmische Burg Waldstein gebracht, wo er nach zweijähriger Haft verstarb. Sein Sohn Michael war der letzte Maidburger. Er lebte hauptsächlich am Wiener Kaiserhof und hatte wenig Interesse an seiner Herrschaft. Viele Güter wurden an die benachbarten Herren von Eitzing abgestoßen. Schließlich verkaufte Graf Michael 1481 den verbliebenen Rest gegen eine jährliche Leibrente an Kaiser Friedrich III. Dieser verpfändete Burg und Stadt Hardegg den Grafen Johann und Sigmund von St. Georgen-Pösing, die ihm im Kampf gegen Mathias Corvinus als Söldnerführer und Geldgeber gute Dienste geleistet hatten.

Kaiser Maximilian I löste die Pfandschaft ein und verkaufte Hardegg 1495 an die Brüder Heinrich und Sigmund von Prueschenk, Freiherren von Stettenberg, die vier Jahre später zu Reichsgrafen von Hardegg erhoben wurden. Die steirische Adelsfamilie Prueschenk hatte unter Maximilian einen ungewöhnlichen Aufstieg genommen. Sie war erst 1480 in den Reichsfreiherrenstand erhoben worden, erhielt aber bereits zwei Jahre später die Ehrenämter der Erbtruchsessen der Steiermark sowie 1486 der Erbschenken von Österreich zugesprochen. 1502 erhielten Heinrich und Sigmund das silberne Münzrecht. 1506 vernichtete ein Großbrand die Burg, doch ließ sie Graf Heinrich umgehend wieder aufbauen. Dazu mussten seine Untertanen kräftig beitragen, von denen pro Woche ein Tag Zug- bzw. Handrobot verlangt wurde. Die Prueschenks hielten sich jedoch kaum in der Burg auf und ließen die Herrschaft von Pflegern verwalten. Durch die Vereinigung Böhmens mit Österreich 1526 hatte sie jede militärische Bedeutung verloren. Der in den Türkenkriegen mehrfach bewährte Graf Julius wurde 1547 zum obersten Hofmarschall ernannt. Die Herrschaftsverwaltung wurde 1568 in das von der Familie Eitzing erworbene Schloss Riegersburg verlegt. Erst die dritte Generation mit Graf Sigmund (1539 – 1599) bewohnte wieder Hardegg. Er war ein Führer der protestantischen Opposition gegen den Kaiser und lag ständig im Streit mit den katholischen Geistlichen der Umgebung. Sein Bruder, Graf Ferdinand, war Festungskommandant von Raab. Wegen der vorzeitigen Übergabe an die Türken wurde er von einem Kriegsgericht zum Tode durch den Strang verurteilt, aber dann zum Tod durch Enthauptung „begnadigt“. 1595 wurde er in Wien hingerichtet. Die Grafen von Hardegg waren weiterhin militante Verfechter des Protestantismus in Niederösterreich. Dies kostete ihnen 1620 nach der Schlacht am Weißen Berg vorübergehend ihre Besitzungen. Sie wurden zwar begnadigt und erhielten ihre Güter zurück, doch waren diese bald so verschuldet, dass Graf Julius III Konkurs anmelden und die Herrschaft 1656 an die mit ihm verwandten Grafen von St. Julien verkaufen musste.

Diese stammten aus der Provence und waren 1609 nach Österreich gekommen, wo sie in den Türkenkriegen Karriere machten und bald den Titel „Reichsgrafen von Wallsee“ erhielten. Sie führten ihre Ahnen bis auf einen Druiden im 5. Jahrhundert zurück. Der österreichische Familienzweig lebt noch heute in Wolfsegg am Hausruck. Die Burg Hardegg wurde zwar nicht mehr bewohnt, war aber 1672 noch in gutem Zustand, wie der Vischer-Stich aus diesem Jahr zeigt. Offenbar war sie nach schweren Zerstörungen, die sie im 30-jährigen Krieg erlitten hatte, von der Familie Prueschenk um 1644 wieder aufgebaut worden. 1683 brachte man den Retzer Kirchenschatz vor den Türken hierher in Sicherheit. Graf Johann Julius von St. Julien verkaufte 1730 die Herrschaften Hardegg, Riegersburg und Prutzendorf an den Statthalter von Niederösterreich Sigmund Friedrich Graf Khevenhüller. Als dessen Sohn Johann Josef die reiche Gräfin Karoline von Metsch heiratete, wurde er von seinem Schwiegervater, dem Reichsvizekanzler Adolf Graf Metsch adoptiert und nahm den Doppelnamen Khevenhüller-Metsch an. Seither trug die niederösterreichische Linie der Familie Khevenhüller diesen Namen. Die Familie stammt eigentlich aus Franken, doch ist sie bereits seit 1000 Jahren in Kärnten ansässig. Ihre bekannteste Burg ist dort die Feste Hochosterwitz. 1763 wurde der niederösterreichische Zweig in den Reichsfürstenstand erhoben. Hardegg wurde in einen Familienfideikommiss eingebracht. Zu diesem Zeitpunkt besaßen die Khevenhüller in Niederösterreich und Böhmen bereits eine Menge von Gütern und Herrschaften. Hardegg war für sie ohne Bedeutung und geriet immer mehr in Verfall. Wie damals üblich dienten die Burgmauern zur Beschaffung von preiswertem Baumaterial für die umliegende Bevölkerung, die durch ein Erdbeben (1755) und einen Stadtbrand (1764) schwer geschädigt worden war. Schon 1754 waren für die Erbauung der Pfarrkirche Dachstühle und Böden abgetragen worden. Die Kernburg dürfte aber schon wesentlich früher aufgegeben worden sein, da man in ihrem Bereich keine Keramikscherben aus der Renaissance- bzw.der Barockzeit gefunden hat.

Der längst unbrauchbar gewordene Inhalt der Rüstkammer wurde nach Schloss Fronsburg gebracht, das von den Khevenhüller bewohnt wurde. Die Burg blieb Ruine bis um 1880 Fürst Johann Carl von Khevenhüller-Metsch in ihr eine Familiengruft anlegte und die Burg wieder aufzubauen begann. Er hatte zuvor als Oberst der Roten Husaren für Kaiser Maximilian in Mexiko gekämpft und wollte für diesen eine Gedenkstätte einrichten. Die Arbeiten wurden von den Architekten Gangolf Kayser und Humbert Walcher Ritter von Moltheim geleitet. Sie wurden erst nach dem Tod des Fürsten (1905) mit der Vollendung des Ostturmes eingestellt. Beide Architekten arbeiteten gleichzeitig an ähnlichen Projekten für die österreichische Hocharistokratie in Kreuzenstein, Liechtenstein und Moosham sowie in Böhmen und Ungarn. Dort wo noch alte Substanz vorhanden war, wurde diese bewahrt und ausgebaut, ansonsten merkt man den Ergänzungsbauten den Stil des Späthistorismus deutlich an. Beim Wiederaufbau, der sich vor allem auf den Ostteil des Burgareals konzentrierte, konnten in der Zisterne das alte Schöpfwerk sowie drei Wappensteine gefunden werden. Fürst Anton Sigismund war der letzte männliche Vertreter der Familie Khevenhüller-Metsch. Er starb 1945. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg kam es durch die russische Besatzungsmacht, die das Gut übernommen hatte, zu schweren Schäden. Große Teile der Einrichtung wurden sinnlos zerstört oder gestohlen. Hardegg konnte erst 1956 der Witwe des letzten Khevenhüller-Metsch, Fürstin Gabriele Viktoria restituiert werden. Die Burg wurde restauriert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Über die Tochter Anton Sigismunds kam Hardegg durch Erbschaft an seine Enkelin Marianne Pilati von Thassul zu Daxberg. Deren Sohn Gotthard und dessen Gattin Francesca sind die gegenwärtigen Eigentümer von Hardegg und Riegersburg. Neben der Burg selbst sind vor allem das darin untergebrachte „Maximilian-von-Mexiko-Museum“ sowie die Waffensammlung sehenswert. Gelegentlich dient die Burg Hardegg auch als Schauplatz für kulturelle Veranstaltungen.

Hardegg ist eine der größten und ältesten Burgen Niederösterreichs. Sie liegt auf einem langgestreckten Felsen an der Mündung des Fugnitzbaches in die Thaya und schützte die kleine Stadt im Westen. Gut ein Drittel der weitläufigen und vielteiligen Anlage ist Ruine, der Rest wurde rekonstruiert. Von den ersten hölzernen Befestigungen des 11. Jahrhunderts ist natürlich nichts erhalten. Ältester erhaltener Bauteil der Anlage ist eine Mauer, die das oberste Plateau ringförmig umschloss. Sie stammt aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Von ihr sind noch umfangreiche Teile bis in eine Höhe von 7 m erhalten. Die Grafen Plain-Hardegg ließen bald nach 1187 die bisher eher bescheidene Adelsburg zu einem der bedeutendsten Herrschaftssitze des österreichischen Hochmittelalters ausbauen, wobei weniger die Verteidigung sondern die Repräsentation im Mittelpunkt stand. Als Vorbilder dienten wohl die Kaiserpfalzen der Staufer in Eger oder Kaiserwerth. Die Ausführung lag aber in den Händen lokaler Handwerker, was den nur spärlichen Architekturschmuck erklärt. Bemerkenswert war der große Saal im Obergeschoß. Wie ausgegrabene Mittelsäulen zeigen, dürfte er zumindest zweischiffig gewesen sein. Auch im Untergeschoß gab es eine zweischiffige Halle mit vier Jochen. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts umgab man die alte Kernburg U-förmig mit langen Mauern und zwei hohen Ecktürmen. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts kam es zu mehreren Bauetappen. Als erstes wurde die Kernburg zu einem mehrflügeligen Komplex um einen kleinen Hof ausgebaut. Der alte Wohnturm verschwand in den Umbauten. Dafür wurde auf einem Felssporn neben der Kernburg durch einen Umbau der monumentale Bergfried geschaffen. Er diente in erster Linie der Repräsentation und bestimmt noch heute die Silhouette von Hardegg. Der Turm steht vermutlich an der Stelle der ehemaligen Burgkapelle, da zur gleichen Zeit eine neue erbaut wurde. Von ihr ist nur mehr die Hofseite mit einem großen Maßwerkfenster erhalten. Die Talseite ist abgerutscht, so dass man über Chor und Apsis keine Informationen besitzt.

An der Westseite der Burg wurde ein großes mehrgeschossiges Gebäude errichtet, das mit dem Westturm verbunden war. Unterhalb des Palas kam es zur Anlage einer großen ummauerten Vorburg. Vermutlich wurden diese umfangreichen Bauarbeiten nach 1312 durchgeführt, als es zu einer Teilung der Herrschaft zwischen zwei Brüdern kam. Es gab nun zwei getrennte Wohnbereiche – die alte Kernburg und die neue Westburg. Noch in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde die benachbarte Siedlung in den erweiterten Befestigungsgürtel einbezogen und der hohe Stadtturm errichtet. Gleichzeitig wurden die Wehreinrichtungen neuerlich verstärkt. Vor allem der Burgweg wurde durch mehrere Tore gesichert. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wohnten die Grafen längst nicht mehr hier und verloren das Interesse an einem weiteren Ausbau. Nicht einmal während der Hussiteneinfälle 1425 wurden die Befestigungen auf den neuesten Stand gebracht. Allerdings wird 1436 berichtet, dass zur Dachdeckung nicht weniger als 46.700 Holzschindeln benötigt wurden. Als Schloss Riegersburg zum neuen Herrschaftssitz ausgebaut worden war, interessierte man sich kaum noch für die alte Feste. Doch in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts besann man sich wieder seiner Vergangenheit. Die bereits teilweise eingestürzte Kernburg wurde erneuert und die Westburg als Schüttkasten adaptiert. Auch die Ringmauern wurden ausgebessert. Die Bauten der Hochburg wurden aufgestockt und mit einem einheitlichen Dachstuhl versehen. Diese Bauarbeiten, die eigentlich keinem praktischen Zweck dienten, sind in erster Linie als eine Demonstration der Macht und der Bedeutung des protestantischen Hochadels zu sehen. Ein Teil der Schäden des 18. und 19. Jahrhunderts ist auf Abrutschungen schlecht fundamentierter Bauten zurückzuführen, was z. B. für einzelne Bereiche der westlichen Kernmauer und die gesamte nördliche Front der Hochburg zutrifft. 1755 führte ein Erdbeben zum Einsturz des Kapellentraktes.

Nähert man sich der Burg von der Stadt her, so hat man zuerst den hohen Stadtturm zu passieren. Er gehört zwar nicht zur Burg, hat aber auch ihrer Verteidigung gedient. Der viereckige Bau aus dunklem Bruchsteinmauerwerk ist ca. 15 m hoch und hat einen Grundriss von 5 x 5 m. Er ist mit einem steilen Schindeldach versehen, auf dem eine hölzerne Laterne aufsitzt, in der sich eine Glocke befindet. Sein oberster Teil ist heute weiß verputzt und zeigt an drei Seiten eine Uhr. Bergseitig weist er auch eine Sonnenuhr auf. Wie die noch vorhandenen Balkenlöcher zeigen, dürfte einst ein hölzerner Wehrgang vorhanden gewesen sein. Neben ihm hatte sich bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein Tor befunden, das sowohl Burg- als auch Stadttor war. Etwa 200 m weiter sperrt ein einstöckiger spätgotischer Torturm den Weg. Durch ein breites Spitzbogentor gelangt man in die untere Vorburg. Diese ist stadtseitig von zinnenbewehrten Mauern umgeben, die aber nicht mehr komplett erhalten sind, sofern sie nicht im 19. Jahrhundert erneuert wurden. Ein steiler Weg führt zum zweiten, ebenfalls spitzbogigen Tor. Sein derber Holzflügel ist mit grobem Eisenblech beschlagen, stammt aber erst aus dem 19. Jahrhundert. Das Tor liegt in einer Sperrmauer, die unfreundlichen Besuchern den Zugang zur oberen Vorburg verwehren sollte. Mit einer Höhe von zehn Metern, eine Breite von 18 m und einer Mauerstärke von 1,6 m war sie immerhin ein erstes Hindernis, das zu überwinden war, umso mehr als ihr ursprünglich ein breiter und tiefer Graben vorgelagert war. Die Mauer war mit Zinnen bestückt, hinter denen ein Wehrgang verlief. In der Nordecke der oberen Vorburg steht ein historisierendes Fachwerkhaus, in dem sich heute die Besucherkassa befindet. Es ist mit Kachelöfen heizbar und daher das einzige ganzjährig bewohnbare Gebäude der Burg. In der letzten Periode des Wiederaufbaues diente es dem Fürsten Johann Carl bei seinen Besuchen als vorübergehende Absteige. Durch das dritte Tor gelangt man in einen großen Hof, der die Hochburg an ihrer Nordseite umschließt. Durch nicht erhaltene Einbauten war er einst wesentlich enger. Das vierte Tor, das in die Hochburg führt, ist bis auf wenige Mauerreste nicht mehr erhalten. Das fünfte ist vollständig verschwunden. Nun steht man vor den Gebäuden der eigentlichen Hauptburg. Diese besteht aus dem Palas, dem Ostturm, dem Kapellentrakt und der Westburg.

Wie bei den meisten Bauten der Burg ist auch der Palas teilweise alt und teilweise ein Wiederaufbau aus dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts. Die Grafen von Plain hatten um 1190 einen 49 x 10,5 großen Saalbau mit Biforenfenstern errichten lassen. Während an den unteren Partien noch die spätromanischen Quadermauern aus der Zeit um 1200 erkenntlich sind, stammen die Obergeschosse vom romantischen Wiederaufbau nach 1890. Die Hauptfassade des Gebäudes ist zur Stadt gerichtet. Von den gekuppelten Fenstern im Obergeschoß kann nur ein Doppelfenster als original bezeichnet werden. Das Würfelkapitel seiner Mittelsäule ist perfekt erhalten. Die übrige Befensterung entstammt dem pseudoromanischen Wiederaufbau, wobei aber mittelalterliche Spolien mitverwendet wurden. Im obersten Geschoß liegt der sog. Mexikanische Saal, der hofseitig über zwei Freitreppen erreichbar ist. Er wurde zur Aufnahme der Erinnerungsstücke an das unglücklich verlaufende mexikanische Engagement des Erzherzogs Maximilian geschaffen. Allerdings wurden diese 1945 fast vollständig gestohlen. Im Saal ist derzeit eine Ausstellung zur Burggeschichte untergebracht. Die Schmalseite des Saalbaues führt zum Ostturm, der aber durch einen schmalen Zwinger von ihm getrennt ist. Ursprünglich stand er außerhalb der eigentlichen Burg. Er besaß ein bewohnbares Hauptgeschoß im dritten Stock, das durch eine Brücke mit dem Obergeschoß des Palas verbunden war. Das große Kuppelfenster in diesem Bereich ist eine Rekonstruktion. Es zeigt aber, dass der Ostturm sowohl eine Wehr- als auch eine Wohnfunktion zu erfüllen hatte. Der fünfgeschossige quadratische Bau (Seitenlänge ca. 9,5 m) weist eine Höhe von 23 m auf. Da seine Südfront im 19. Jahrhundert eingestürzt war, musste diese nach 1878 wieder aufgebaut werden, was man an seiner Ostfassade deutlich sieht. Die erhaltene Bausubstanz vor allem im unteren Bereich gehört aber noch der ersten Bauperiode des 12. Jahrhunderts an. Im Süden wird der Burghof durch den Kapellentrakt abgeschlossen. Er besteht aus der eigentlichen Burgkapelle, dem Zugang zur Gruft und dem Küchenturm mit seiner hohen Esse. Da die Außenmauern des Kapellentraktes zum größten Teil abgestürzt waren, stammt er vom romantischen Umbau der Zeit um 1900, doch hielt sich dieser weitgehend an historische Vorbilder. Die Kapelle ist vom Hof aus über eine Freitreppe zugänglich. Ihr zweigeschossiger Innenraum ist eine komplette Neuschöpfung des Historismus. Die Türgewände sind neugotisch, jene der Fenster neoromanisch. Lediglich an der original erhaltenen östlichen Stirnwand haben sich geringe Reste spätmittelalterlicher Wandmalereien erhalten. Am Tisch des Hochaltares steht ein großes Renaissance-Steinrelief von 1587. Es war Teil des Grabmales von Sigmund von Hardegg, das sich bis 1903 in der Pfarrkirche von Hardegg befand. Es zeigt die älteste erhaltene Darstellung der Burg sowie das Stifterpaar vor dem Kruzifix. Eine Marmorplatte vom Anfang des 16. Jahrhunderts mit dem Wappen der Familie Prueschenk-Hardegg diente ehemals als Gruftdeckel.

Die Gruftanlage ist zweigeschossig. Sie ist mit pseudoromanischen Rippen und Konsolen dekoriert. Im Untergeschoß wurden Anton Sigismund Fürst Khevenhüller-Metsch und seine Gattin Gabriele Viktoria als letzte ihrer Familie beigesetzt. Im Vorraum der Gruft ist ein großes Kreuz angebracht, das aus den Masten der österreichischen Fregatte Novara angefertigt worden ist, jenem Schiff, welches den toten Kaiser Maximilian von Mexiko nach Österreich zurückbrachte. Die sog. Westburg ist ein weitgehend ruinöser Burgteil, der an den Kapellentrakt grenzt. Ihr größtes Gebäude ist der „Kasten“ in der Südwestecke der Burg. Der dachlose Bau ist 27 m lang, 12 m breit und außen fast 20 m hoch. Er ist fünfgeschossig, doch weist er keine Zwischendecken mehr auf. 1620 wurde der bisherige Wohnbau in einen Getreidekasten umfunktioniert. In der Nordwestecke springt der quadratische Westturm (ca. 7 x 7 m) vor. Er steht isoliert auf einem Felskopf und besitzt heute ebenfalls keine Bedachung mehr. Seine Errichtung erfolgte um die Mitte des 13. Jahrhunderts. Die etwa 1,4 m dicken Mauern sind mit Rechteckzinnen versehen. Wenn er auch keine Fenster und nur wenige Lichtschlitze hat, so fungierte er doch auch als Wohnturm, wie die Reste eines Mantelkamins zeigen. Sein Pendant an der Nordostecke ist nicht mehr erhalten. Im anschließenden Hof wurde bei den Aufbauarbeiten eine ca. 7 m tiefe Zisterne entdeckt. Sie hat einen Durchmesser von ca. 3 m und ist mit großen Quadersteinen sorgfältig ausgemauert. Ältester Teil der Hardegger Burg ist die Kernburg, die völlig in Ruinen liegt und zum Teil erst in den Jahren 1977 bis 1982 freigelegt wurde. Hier befand sich vom 12. bis ins 15. Jahrhundert der eigentliche Wohnbereich der Burg. Die Kernburg wurde daher mehrfach umgebaut. Die Fundamente und Mauerreste aus dem 12. Jahrhundert sind nur mehr rudimentär erhalten, so dass man heute nicht mehr sagen kann, welche Funktionen die einzelnen Gebäude hatten. Lediglich das „Feste Haus“, auf das man erst um 1980 gestoßen ist, kann als solches identifiziert werden. Es liegt in der nordöstlichen Ecke der Kernburg und hat einen Grundriss von 8 x 9,5 m bei einer zwischen 90 cm und 1,8 m schwankenden Mauerstärke. Die einstige Höhe ist nicht mehr festzustellen, da die Mauern nur bis zu 1,5 m erhalten sind. Südöstlich des Festen Hauses steht auf einem vorgelagerten Felsen der im Kern romanische Bergfried, der aber später gotisiert wurde. Er war vermutlich sechsgeschossig und etwa 27 m hoch. Seine Außenmaße sind 8 x 10,5 m. Besonders auffallend ist die Stärke seiner Bruchsteinmauern von ca. 3 m. An seiner Südseite liegt in 8 m Höhe der Hocheinstieg, ein sorgfältig gearbeitetes spätgotisches Hausteinportal mit einem Schulterbogenabschluss. Das mit Eisenblech beschlagene Türblatt stammt aus dem 19. Jahrhundert. Die rechteckigen Zinnen sind stark erneuert.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 16 km nordwestlich von Retz

Besichtigung: vom 1. April bis 15. November täglich zwischen 09.00 und 17.00 (im August bis 18.00) – nur mit Führung

Homepage: http://hardegg.museum.com/hardegg.htm


Weitere Literatur:


26.08.2010