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Schrattenstein


Schrattenstein liegt heute versteckt im Wald, abseits aller Verkehrswege und größeren Siedlungen. Dies war im Mittelalter etwas anders. Damals verlief ein Weg vom Schwarzatal ins Puchberger Becken unweit der Burg. Bodenfunde weisen darauf hin, dass die Umgebung schon im ersten Jahrtausend besiedelt war. Eine Urkunde des steirischen Markgrafen Otakar IV aus dem Jahr 1182 wird u. a. von einem Chalhoch de Sratenstein bezeugt. Sein Sohn Ortolf tritt zwei Jahre später urkundlich in Erscheinung. Die Namen Chalhoch und Ortolf sind für die Herren von Schrattenstein charakteristisch. Der Legende nach wurde die Burg 1252 von den Ungarn belagert, konnte aber nicht eingenommen werden. Die Schrattensteiner hatten die Burg als freies Eigen besessen. Sie dürften in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ausgestorben sein. Danach fiel die Burg an Rudolf I von Habsburg, der sie Friedrich von Hohenzollern schenkte, um sich für dessen Hilfe im Kampf gegen den böhmischen König Przemysl Ottokar zu bedanken. Damit war Schrattenstein reichsunmittelbar und extraterritoriales Gebiet geworden. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts war es ein Lehen der Markgrafen von Brandenburg bzw. der Burggrafen von Nürnberg, das diese an die mit den Schrattensteinern verschwägerten Herren von Hauenfeld vergeben hatten. 1365 verkaufte Georg von Hauenfeld die halbe Burg an Peter von Ebersdorf, der bereits im nächsten Jahr auch die andere Hälfte von Stephan von Hauenfeld erwerben konnte. Schrattenstein wurde vorerst von Burggrafen verwaltet. Die Ebersdorfer ließen die Feste ausbauen und den Palas 1416 aufstocken. Unter Hans von Ebersdorf wurde für die Burgkapelle ein eigener Kaplan angestellt. Damals dürfte Schrattenstein auch häufig von seinen Besitzern bewohnt gewesen zu sein. Es wurde mit Rothengrub, Stolzenwörth und Neusiedl am Steinfeld zu einer Herrschaft zusammengefasst. Später ging die Anlage in den Besitz der Wallseer über. Barbara von Wallsee übergab ihrem Gatten Siegmund von Schaunberg die halbe Burg. Über Erasmus von Scherffenberg, der diese 1542 erwarb, kam Schrattenstein 1559 durch Kauf an den Freiherrn Johann Baptist Hoyos. In den Türkenkriegen spielte die Burg keine Rolle mehr. Sie war damals bereits verlassen und ruinös. Möglicherweise wurde sie bereits in den Kämpfen mit den Ungarn unter Matthias Corvinus in den 80er-Jahren des 15. Jahrhunderts beschädigt und dann aufgegeben. Zahlreiche Bodenfunde deuten aber darauf hin, dass die Burg in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts noch zumindest teilweise bewohnt war. 1590 richtete ein Erdbeben weitere Schäden an. Die Ruine gehört seit 1937 der Gemeinde Wien, die das ausgedehnte umliegende Waldgebiet damals von den Grafen Hoyos erwarb.

Schrattenstein liegt ca. 2 km südlich von Grünbach am Schneeberg auf einem Felssporn, der gegen Westen und Südwesten etwa 100 m senkrecht abfällt. Ein künstlicher Schutz war daher hier nicht erforderlich. Von den Mauern der Burg aus hatte man eine gute Sichtverbindung mit den benachbarten Festen Wulfingstein, Rothengrub, Dachenstein und Emmerberg. Vom Typ her ist Schrattenstein eine Abschnittsburg. Der Zugang erfolgt von Osten durch einen Hohlweg, der vom kleinen Ort Schrattenbach herauf führt. Dieser Weg war mit einer Mauer als Talsperre versehen. Ein künstlich vertiefter Graben wurde durch eine lange Holzbrücke übersetzt, die bei Gefahr einfach abgetragen wurde. An ihrer Stelle befindet sich heute ein eiserner Steg. Er führt zu einem einfachen Rundbogentor in der hier ca. drei Meter starken Umfassungsmauer. Man gelangt nun in die ehemalige Vorburg bzw. in einen U-förmigen Zwinger. In der Vorburg standen vermutlich mehrere hölzerne Wirtschaftsbauten, die längst verschwunden sind. Die Außenmauer der Vorburg ist ebenfalls ca. 3 m stark. Da sie an einer völlig sturmfreien Zone liegt, ist diese Stärke wohl geländemäßig bedingt und hatte keine Wehrfunktion, obwohl sie mit hohen Schießscharten ausgestattet ist. Sie stammt aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Aus dem oberen Teil des Zwingers führt ein heute weitgehend verschüttetes Tor in den Hof der Hauptburg. Von deren einstigen Bauten sind noch der in der Nordostecke liegende Palas und ein turmartiger Bau im Nordwesten zu erkennen. Dies dürften auch die ältesten Bauteile sein und auf das vierte Viertel des 12. Jahrhunderts zurückgehen. Allerdings wurden sie vom 14. bis ins 16. Jahrhundert ausgebaut und verändert. Über einen echten Bergfried dürfte die Feste offenbar nie verfügt haben. Die gesamte, aus Bruchsteinen errichtete Burganlage ist jedoch bereits so verfallen, dass es nur schwer möglich ist, die herumstehenden einzelnen Mauertrümmer einzuordnen. Immerhin wurden diese in den letzten Jahren vom jahrhundertelangen Bewuchs befreit und stabilisiert.

Lage: Niederösterreich/Alpenvorland – ca. 10 km nordwestlich von Neunkirchen

Besichtigung: jederzeit möglich


Weitere Literatur:


19.07.2010