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Seggau


Die ersten Besiedlungsspuren des Seggauberges reichen bis in das vierte Jahrtausend v. Chr. zurück. Später nützten die Römer und Slawen die natürliche Festung, die der Burgberg bildete. Im Jahr 860 n. Chr. bestätigte König Ludwig der Deutsche eine ältere Schenkung der deutschen Kaiser an das Erzbistum Salzburg. Wahrscheinlich hatte schon Karl der Große das Gebiet um Leibnitz den Salzburger Bischöfen überlassen. Von hier aus wurde die südliche Steiermark missioniert und kolonisiert. Es war vermutlich Erzbischof Konrad I, der mit der Errichtung einer Burg begonnen hatte. Sie war 1144 zwar noch nicht fertig, aber immerhin schon bewohnbar. Sein Nachfolger Eberhard I vollendete den Bau. Im Laufe der Zeit entstanden auf dem Burgberg drei getrennte Befestigungen mit verschachtelten Besitzverhältnissen. Von der ältesten Burg sind nur noch geringe Reste im Südteil der heutigen Anlage erhalten. An der Nordseite stand der sog. „alte Turm“, ein wuchtiger Viereckbau als Bergfried. Ab 1131 wurden südlich davon die sog. „Salzburger Häuser“ errichtet, die ebenfalls einen starken Wohnturm besaßen. Bald danach wurden beide Burgen durch Mauern verbunden, so dass ein langgestreckter Hof entstand. Einen dritten Wehrbau hatten die Herren von Leibnitz bereits 1125/30 im Süden der Salzburger Häuser als Wohnsitz erbaut. 1219 schenkte Erzbischof Eberhard II von Salzburg dem von ihm gegründeten Suffraganbistum den „alten Turm“. Er diente dem ersten Seckauer Bischof Konrad von Friesach als bescheidene Behausung. Der von einer Wehrmauer umgebene Turm hatte nicht einmal eine Kapelle. Der Hauptteil der Burg blieb salzburgisch und wurde weiterhin von einem Vizedom verwaltet. Er wurde wie bisher als Burg Leibnitz bezeichnet, während sich für den steirischen Bischofssitz die Bezeichnung Seggau ergab. Es ist dies lediglich eine andere Schreibweise für Seckau.

In den folgenden Jahrhunderten wurde sowohl die Seckauer als auch die Salzburger Burg ausgebaut und durch neue Wirtschafts- und Verwaltungsgebäude vergrößert. Beide Anlagen waren aber durch eine Mauer getrennt, die 1341 sogar noch erhöht wurde. Ab 1458 war im „Gerichtstrakt“ der Amtssitz des Landgerichtes untergebracht. 1479 besetzte der Hauptmann Mathias Hans Haubitz von Pischkow, der im Dienste von Matthias Corvinus stand, mit 400 Mann den Seggauberg. Erst elf Jahre später gelang es König Maximilian nach einer verheerenden Beschießung durch seine gefürchtete Artillerie, die Ungarn zu vertreiben. Die Burg wurde schwer beschädigt. Erzbischof Leonhard von Keutschach ließ den Salzburger Bau ab 1494 wiederherstellen. Unter dem Salzburger Vitztum Balthasar Gleintzer wurden die Arbeiten 1519 beendet. Durch die Errichtung von Artillerie-Basteien und die Anlage eines Zwingers wurden die Verteidigungsmöglichkeiten verbessert. Schon davor war der bisherige Wirtschaftshof zu einer Vorburg ausgebaut worden. Die seckauische Burg war schon vor 1503 unter Bischof Matthias Scheidt nach Abtragung der aus des aus dem 13. Jh. stammenden „alten Hauses“ wiederhergestellt worden. 1529 brannten die Türken den Ort Leibnitz nieder, wurden jedoch anschließend auf dem Leibnitzer Feld von kaiserlichen Truppen unter Sigismund von Weichselberg geschlagen. Die Burg konnte sich behaupten. Vermutlich hatten die nur leicht bewaffneten Türken gar nicht versucht, die gut ausgebaute Feste anzugreifen. Im 16. Jahrhundert hatte der Seggauberg zeitweise drei Herren: der steirische Bischof bewohnte das „alte Haus“ bzw. nach dessen Abtragung den Neubau. Dieser wurde von der erzbischöflichen Feste, dem heutigen Südflügel des Schlosses überragt. Schließlich gab es das Seggau vorgelagerte und heute noch bestehende Schloss Polheim, das in weltlichem Besitz war und zuvor den Herren von Leibnitz gehörte. Es sollte den bergseitigen Zugang zur Hochburg sichern. Nachdem die Polheimer 1567 ausgestorben waren, fiel es wieder an Salzburg.

1595 schenkte der Salzburger Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau seine bereits renovierungsbedürftige Burg und die bereits heruntergekommene Herrschaft Leibnitz mit dem Schloss Polheim dem Bistum Seckau. Zuvor hatte er vergeblich versucht, das Bistum zum Ankauf zu überreden. Schon 1591 hatte er Bischof Martin Brenner zum Generalvikar für den steirischen Teil der Erzdiözese Salzburg ernannt. Die Burgen Seggau und Leibnitz, die bisher durch eine Mauer getrennt waren, wuchsen nunmehr baulich zu einer Einheit zusammen. Bischof Brenner errichtete 1615 eine neue Wehrmauer. Mehrfache Umbauten folgten. Seine heutige Form erhielt das Schloss hauptsächlich 1663/64 unter Bischof Johann Markus von Aldringen. Die großartigen Baupläne, die gegen Ende des 17. Jahrhunderts vorlagen, kamen nicht mehr zur Ausführung, doch kam es auch noch im 18. und 19. Jahrhundert immer wieder zu kleineren Umbauten. Je stärker sich die Landeshauptstadt Graz auch zum kirchlichen Mittelpunkt des Landes entwickelte, desto mehr verringerte sich die kirchliche Bedeutung Seggaus. Als die Bischöfe im 18. Jahrhundert nach Graz gezogen waren, blieb es bischöfliches Mensalgut und wurde zum Sommersitz der steirischen Bischöfe. 1831/34 wurde der „alte Turm“ abgetragen. Bei dieser Gelegenheit fand man mehr als 100 römische Grabsteine und Fragmente von Denkmälern. Sie wurden unter Bischof Roman Zängerle zum Teil als Spolien im oberen Arkadenhof eingemauert. Seggau besitzt dadurch eines der bedeutendsten Lapidarien Österreichs. Einige besonders schöne Exemplare wurden im Grazer Joanneum aufgestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Seggau als Wirtschaftsbetrieb unrentabel geworden. Die Wirtschaftsgebäude des Schlosses wurden daher zwischen 1956 und 1964 in ein modernes Bildungs- und Pensionistenhaus der Diözese Graz-Seckau umgebaut. Zum Schloss gehören auch 18 ha. Weingärten, deren Trauben in den großen Kelleranlagen unterhalb der Gartenhalle verarbeitet werden.

Schloss Seggau liegt weithin sichtbar auf einem steilen Bergrücken oberhalb der Stadt Leibnitz. Der an drei Seiten steil abfallende Burgberg wird von der Sulm umflossen, die hier eine Schlinge bildet. Die Burg war daher bestens vor feindlichen Angriffen geschützt. Das Schloss ist eine umfangreiche vielteilige Baugruppe mit einer verbauten Grundfläche von 11.000 m². Heute gelangt man durch das 1503 wieder errichtete, mit handgeschmiedeten Panzerplatten verstärkte Schlosstor und die anschließende gewölbte Einfahrt in den weiten Hof des Bildungsheimes, die einstige Burg Seggau. Über dem Tor ist ein Wappenstein des Salzburger Fürsterzbischofs Leonhard von Keutschach angebracht. Im Nordtrakt des unteren Schlosses wurde die 1961 geweihte moderne Michaelskapelle eingerichtet, deren farbige Betonglasfenster nach Entwürfen von Professor Alfred Wickenburg geschaffen wurden. Dieser Flügel wurde zwischen 1682 und 1691 als Wirtschaftsgebäude errichtet und nach dem Umbau von 1964 vorwiegend als Pensionistenheim genützt. Der Osttrakt zeigt im Giebelfeld über dem Portal das Wappen des Bischofs Johannes Ernst von Thun, der das Gebäude 1679 bis 1687 errichten ließ. Durch ein mit 1586 datiertes Tor im viergeschossigen Uhrturm gelangt man in den eigentlichen Schlosshof. Dieser Turm hat innerhalb von sechzig Jahren sein Aussehen dreimal verändert. Bis 1904 trug der zu Beginn des 16. Jahrhunderts errichtete freistehende Torturm des Salzburger Schlossteiles eine barocke Zwiebelhaube. Dann wurde dieser Helm durch eine historistische Zinnenbekrönung ersetzt. Seine Fassaden wurden mit einer aufgeputzten Eckquaderung und das Erdgeschoß mit einer Rustizierung versehen, um ihm ein „martialistischeres“ Aussehen zu geben. 1964 entfernte man die bisherige Fassadengliederung wieder. Die Mauern sind nunmehr glatt verputzt und der Turm trägt ein hohes gotisierendes Walmdach. Die älteste der drei Glocken, die hier hängen, wurde 1385 gegossen.

Links vom Tor ist im hakenförmig angelegten ehemaligen Gerichtsbau die bischöfliche Gutsverwaltung untergebracht. Im Querflügel liegen die privaten Räume des Grazer Bischofs, der sie als Urlaubsdomizil nützt. Bemerkenswert sind die gekuppelten Renaissancefenster (um 1600) im zweiten Stock des Nordflügels neben dem Uhrturm. An der Erdgeschoßmauer des Ostflügels wurden die meist aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. stammenden Römersteine eingemauert. Gegen Südosten zu schließt das „Vizedomhaus“ an. Seine dreigeschossigen Säulenarkaden wurden um 1663 von Andrä Bertoletti vollendet. Hinter den im ersten Stock verglasten Bögen liegt die 1371 von Erzbischof Pilgrim II geweihte einschiffige, aber zweigeschossige Schlosskapelle. Mit 8 m Länge, 6,5 m Breite und einer Höhe von 8 m ist sie für ein bischöfliches Schloss überraschend klein. Der spätgotische Sakralraum wurde 1681 barock umgestaltet. Er ist der Muttergottes geweiht und dient seit 1927 als Pfarrkirche. Der Altarraum springt erkerförmig aus der Hauptmauer vor. Meister Rueprecht und zwei Steinmetze kamen aus Salzburg und schufen die gotische Ausstattung zwischen 1507 und 1518. Dazu gehören das Kielbogenportal, das Netzrippengewölbe sowie möglicherweise die beiden Rotmarmorreliefs des hl. Rupert und des hl. Virgil. Letztere sind allerdings mit 1581 datiert. Die schweren barocken Akanthus-Stuckdekorationen von 1681/82 werden Pietro Bettini und Alexander Serenio zugeschrieben. In den Stuck eingearbeitet sind mehrere Wandgemälde, die das Marienleben als Thema haben. Höhepunkt ist das Altarblatt am Hochaltar, das Maria im Kreise der Heiligen zeigt.

Im zweiten Stock des Hochschlosses liegen die Mitte des 18. Jahrhunderts eingerichteten Fürstenzimmer. Diese vier Räume mit ihren Stuckarbeiten, Täfelungen und Prunköfen sind in ihrer Frührokoko-Ausstattung fast unverändert erhalten und werden auch heute noch gerne für festliche Empfänge benutzt. Hier hängen Ölgemälde sämtlicher Seckauer bzw. Grazer Bischöfe. Das vorletzte Zimmer ist als barocke Bildergalerie gestaltet, wobei insgesamt 57 Gemälde unterschiedlichen Formats in die Holzvertäfelungen eingelassen sind. Sie stammen meist aus dem 17. Jahrhundert. Die Rokoko-Stukkaturen wurden von Johann und Jakob Formentini geschaffen. Der große Rokoko-Kachelofen ist möglicherweise ein Werk von Johann Kienreich. Der Raum diente als bischöfliches Empfangs- und Beratungszimmer. Gegen Südosten zu wird der Schlosshof durch den Rest des einstigen Palas, der sich an Stelle des heutigen Rosengartens als langgestrecktes Gebäude erhob, teilweise abgeschlossen. Vom Hof gelangt man durch eine rundbogige Durchfahrt im Südflügel des Schlosses (einem noch erhaltenen Teil der salzburgischen Feste Leibnitz) auf die Schlossterrasse. Sie war von mächtigen Mauern und Türmen geschützt, die ab 1620 unter Hans Piana errichtet worden waren. Durch einen Durchgang des Südflügels gelangt man auf die sog. Glockenwiese. Hier steht ein im 19. Jahrhundert an der Stelle eines 1815/16 abgetragenen Festungsturmes im neugotischen Stil überformter Basteiturm. Er beherbergt die „Seggauer Liesl“, die mit 5.390 kg zweitgrößte Glocke der Steiermark. Sie wurde 1688 vom Grazer Meister Florentin Streckfuß gegossen. Ihr Klöppel trägt die Jahreszahl 1504. An der Ostseite des Schlosses liegt die zu Beginn des 16. Jahrhunderts errichtete Türkenbastei. Im Süden ist das Schloss Polheim vorgelagert, das zeitweise die Funktion einer Vorburg übernommen hatte. Den Nordabschluss der gesamten Anlage bildet der Garten hinter dem Bildungshaus. An seinem Ende wurde 1693 von Bischof Rudolf Graf Thun über den ausgedehnten Weinkellern eine 70 m lange Gartenhalle erbaut, deren 16 Rundbögen dem Schloss zugekehrt sind. Sie war wohl als Teil eines größeren Ensembles geplant, blieb aber unvollendet.

Lage: Steiermark/Südsteiermark – auf einem Hügel oberhalb der Stadt Leibnitz

Besichtigung: das Areal ist frei zugänglich, Schlossführungen finden von Mai bis Oktober an Samstagen um 14.00 und an Sonn- und Feiertagen um 11.00 statt

Homepage: www.seggau.com


Weitere Literatur:


25.06.2010