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Falkenstein (Weinviertel) - Alter Pfarrhof


Erst in den letzten Jahren ist es gelungen, etwas Licht in die Geschichte des Bauwerks zu bringen, wobei allerdings noch vieles unklar ist. Der etwas unterhalb der Pfarrkirche gelegene Alte Pfarrhof war der erste Wehrbau im Bereich des Ortes Falkenstein. Er wurde Rabenstein genannt. Gemeinsam mit der Pfarrkirche bildete er eine Verteidigungseinheit. Von hier aus konnte nicht nur der darunter liegende Ort, sondern auch die weitere Umgebung kontrolliert werden. Die hier sitzenden Rabensteiner waren eine Nebenlinie der Falkensteiner, die sich noch vor der Mitte des 12. Jahrhunderts gebildet hatte. Sie benutzten seit den 70er Jahren den Zweitnamen Struner oder Struno, starben aber schon um 1200 aus. 1249 wird Heinrich von Liechtenstein als Burgherr erwähnt. Rabenstein war damals schon eine durch Wall, Graben und Mauer geschützte wehrhafte Anlage. Die Liechtensteiner beteiligten sich 1295 an einem Adelsaufstand gegen Herzog Albrecht I. Nach dessen Niederschlagung verloren sie zwar die benachbarte Höhenburg Falkenstein, durften aber Rabenstein als freies Eigen behalten. Rabenstein war auch Sitz des Berggerichtes, das im Mittelalter für die Agenden des Weinbaues zuständig war. Im 14. Jahrhundert wurde im Ostteil des Ortes der Spitalhof errichtet, der die verwaltungsmäßigen Aufgaben der Burg und dessen Wohnfunktion übernahm. Nachdem Rabenstein auch seine Bedeutung als Wehrbau verloren hatte, diente es lange Zeit als Pfarrhof. 1578 stellte eine kaiserliche Kommission fest, dass dieser verwüstet und baufällig sei. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts kam es zu einem Ausbau, für den man die Steine der benachbarten Friedhofsmauer verwendete. Ein Stich von Georg Matthäus Vischer aus dem Jahr 1672 zeigt den Turm noch ohne Dach. Das Gebäude wurde als Pfarrhof erst 1975 aufgegeben, gehört aber nach wie vor der Erzdiözese Wien. Als 1997 der Plan, ihn zu einem Hotel auszubauen, aufgegeben werden musste, wurden auch die bereits begonnenen Renovierungsarbeiten eingestellt. Diese hatten zu interessanten Funden und Erkenntnissen geführt, die die Baugeschichte des Gebäudes betrafen. So konnte man Spuren von hölzernen Wohnbauten aus dem 10. Jahrhundert nachweisen. Man erkannte, dass der Bau in fünf Phasen erfolgte, die bis in das 17. Jahrhundert reichten. Der größte Teil der noch vorhandenen Bausubstanz stammt aus dem 16. Jahrhundert. Rabenstein bzw. der Alte Pfarrhof ist heute weitgehend unbewohnt und harrt einer neuen Verwendung.

Der Alte Pfarrhof ist eine dreiflügelige Anlage, die ca. 42 m lang und 33 m breit ist. Der eingeschossige Haupttrakt wird im Südosten von einem dreigeschossigen Turm, dem „Kooperatorstöckl“ überragt. An diesen schließt im Süden das eingeschossige „Benefiziatenhaus“ aus dem 17. Jahrhundert und im Norden ein zweigeschossiger Wirtschaftsbau an. Der geräumige längsrechteckige Hof wird im Westen von einer niedrigen Umfassungsmauer begrenzt. Hier war durch den anschließenden Friedhof zwar eine deutliche Überhöhung gegeben, doch war dieser in den Verteidigungsbereich einbezogen. Die burgartige Gebäudegruppe an der Ostseite des Hofes war durch das zum Ort steil abfallende Gelände gut geschützt. Hier verlief im 13. Jahrhundert eine Ringmauer, die später überbaut wurde. Die ersten Steinbauten waren aber bereits im 12. Jahrhundert errichtet worden. Der zweiachsige Südostturm dürfte im 14. oder 15. Jahrhundert erhöht und zu seiner heutigen Form ausgebaut worden sein. Es ist ein nahezu quadratischer Bau unter einem flachen Walmdach. Seine profilierten Fenstergewände sind noch spätmittelalterlich (14. Jh. ?). In der Nordmauer des Turmes verlief eine schmale Treppe, deren Reste sogar noch älter sein könnten. Balkenlöcher unterhalb der Traufe lassen einen hölzernen Wehrgang vermuten. Die Südfront ist mit einer Sonnenuhr aus dem Jahr 1622 geschmückt. Neben dem Turm liegt unter einem mit Pinienzapfen geschmückten, geschwungenen Ziergiebel das einfache Portal. Die Wohnräume des Pfarrers befanden sich bis in das dritte Viertel des 20. Jahrhunderts im siebenachsigen Hauptgebäude. Wegen dem abfallenden Gelände ist es an der Südostseite durch Substruktionen verstärkt. Die Innenräume zeigen Tonnen- und Kreuzgratgewölbe sowie Rollwerkstuck aus der Zeit um 1600. Im Norden wurde der Wohntrakt durch einen runder Turm abgeschlossen, der aber später abgetragen wurde. Heute macht der Bau äußerlich einen durchaus stattlichen Eindruck, doch ist er an seiner Hofseite ruinös und teilweise einsturzgefährdet.

Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 10 km nordwestlich von Poysdorf

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


16.06.2010