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Lengberg


In einer 1190 in Lengenberch ausgestellten Urkunde wird eine Schenkung des Grafen Heinrich von Lechsgemünd an das Kloster Viktring bestätigt. Bei den hier als Zeugen aufscheinenden Caloth und Otto von Lengenberch handelt es sich um Ministeriale der Grafen von Lechsgemünd. Sie waren ein ursprünglich bayrisch-schwäbisches Geschlecht, das seinen Hauptsitz in Mittersill hatte und den Pinzgau beherrschte. Die Familie war mit den bayrischen Pfalzgrafen von Rott verwandt, die dem von ihnen 1073 gegründeten Kloster Rott am Inn große Gebiete um Irschen gestiftet hatten. Die Grafen von Lechsgemünd hatten die Vogteirechte über das Kloster geerbt und sich auf diese Weise die großen Waldgebiete um Lengberg angeeignet. 1207 verkaufte Heinrich von Lechsgemünd seinen gesamten Besitz dem Erzbischof Eberhard von Salzburg. Als Verwalter der Burg Lengberg wurden nun verschiedene Kleinadelige bestellt, die auch die niedere Gerichtsbarkeit ausüben durften. 1278 wurde Konrad von Walchenstein mit Lengberg belehnt. 1322 kämpfte Matthias von Flaschberg an der Seite des Salzburger Erzbischofs in der Schlacht bei Mühlberg. Als Dank erhielt sein Vater Kolo Burg und Gericht Lengberg als Pfandbesitz. In den nächsten 150 Jahren wechselten sich mehrere Adelsfamilien in der Pflege der Burg ab. Als Virgil von Graben 1480 dieses Amt ausübte, ließ er die Burg großzügig schlossartig ausbauen. Er stockte den bisher nur zweigeschossigen Palas mit den daneben liegenden Bauten auf drei Geschosse auf. Das Hofniveau wurde damals um drei Meter abgesenkt, so dass auch ein neues Burgtor errichtet werden musste. Die neue Burgkapelle wurde 1485 durch den Bischof von Caorle eingeweiht. Nach Virgils Tod wechselten die Pfleger relativ häufig, was dem Wehrbau nicht förderlich war. Im 17. Jahrhundert waren daher bereits umfangreiche Restaurierungsarbeiten nötig. Vor allem das Erdbeben von 1690 richtete große Schäden an. 1722 wird auf die zahlreichen Ratten hingewiesen, die sich hinter dem Getäfel der Wohnräume herumtrieben.

Obwohl im 18. Jahrhundert große Summen in den Ausbau der Burg, die sich mehr und mehr in ein Schloss verwandelte, investiert wurden, waren dem Pfleger Franz Getzinger die Wohnverhältnisse zu schlecht, so dass er 1773 in den heutigen Getzenhof zog. Das Gericht verblieb aber vorerst im Schloss. 1816 wurde dieses aufgehoben bzw. in das Landgericht Lienz integriert. Da die nun unbewohnte Burg für den österreichischen Staat, der sie vom Erzbistum Salzburg nach dessen Säkularisierung im Jahr 1803 übernommen hatte, uninteressant geworden war und er sich die hohen Erhaltungskosten ersparen wollte, ließ er sie öffentlich versteigern. Den Zuschlag erhielt der Tischlermeister Johann Steiner aus Kals. Sein Enkel Sebastian verkaufte Lengberg 1910 an die Familie Clement, der das Bad Jungbrunnen gehörte. Die geplante Einrichtung eines Kinderheimes kam jedoch nicht zustande, so dass die Familie sich wieder von Lengberg trennte. Zwischen 1913 und 1921 gehörte die Burg den Grafen Lodron aus Gmünd. Danach erwarb sie der Amsterdamer Bankier Paul May. Er legte großen Wert auf eine standesgemäße Inneneinrichtung. In den nächsten Jahren verbrachte die holländische Königin Wilhelmine mehrmals ihre Sommerferien auf Lengberg. 1938 wurde der Besitz vom Deutschen Reich beschlagnahmt und in der Folge als Kinderheim und dann als Sanatorium für verwundete Soldaten benutzt. 1945 requirierte die englische Besatzungsmacht das Schloss. Nach dem Staatsvertrag erhielt die Familie May 1955 das mittlerweile heruntergekommene Gebäude wieder zurück. Die gepflegte Einrichtung war in den vergangenen 17 Jahren allerdings weitgehend verloren gegangen. 1956 erwarb das Land Tirol das Schloss, das nach entsprechenden Sanierungen der Betreuung von Kindern und Jugendlichen dient. Durch die erforderlichen Adaptierungen und Modernisierungen der Innenräume haben diese aber ihre historische Substanz weitgehend eingebüßt. Bei der letzten umfassenden Restaurierung von 2008/09 hat man versucht, die bisher begangenen Renovierungsschäden zu begrenzen. Lengberg ist übrigens die einzige Tiroler Burg in Landesbesitz.

Schloss Lengberg liegt unweit der Kärntner Grenze auf einem Hügel am Nordhang des Drautales. Es ist eine trapezförmige dreigeschossige Anlage, die in einem Abstand von drei bis vier Meter von einer niederen Zwingermauer umgeben ist. Das Schloss besitzt keinen Bergfried. Die Schauseite ist nach Süden gerichtet. Sie ist im zweiten Stock mit zwei rechteckigen Erkern ausgestattet, die auf abgetreppten Steinkonsolen ruhen und hohe Pyramidendächer tragen. Sie sind wie auch die Fensterachsen asymmetrisch angeordnet. Knapp unter der Dachtraufe ist der Doppeladler des Kaiserreiches Österreich von 1806 aufgemalt. Er ersetzt das Wappen des Erzbistums Salzburg, das damals übermalt wurde. Das Kaiserwappen sowie die daneben befindliche barocke Sonnenuhr wurden 1982 freigelegt und restauriert. Der Zugang ins Schloss erfolgt von Norden her über eine Holzbrücke, die 2002 erneuert wurde. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts führte an ihrer Stelle noch eine Zugbrücke über den Graben. Der etwas unpassend in der nordwestlichen Zwingerecke stehende Bau wurde erst 1983 errichtet. Durch ein stattliches Rundbogentor gelangt man in den stimmungsvollen Innenhof. Von der Toranlage stammte aber lediglich der Schwellstein aus dem Mittelalter. Der Rest wurde vor allem im 19. Jahrhundert erneuert. Oberhalb des Tores sieht man noch die Umrisse des alten romanischen Tores in der Fassade. Der Hof ist südseitig durch den ehemaligen Palas sowie den Ost- und den Westtrakt hufeisenförmig verbaut. Bei der letzten Restaurierung wurde das Dach mit Lärchenschindeln gedeckt, nachdem der barocke Dachstuhl repariert worden war.

Die anderen Seiten des Hofes werden von hohen Mauern mit einem umlaufenden hölzernen Wehrgang begrenzt. Dieser geht in seiner heutigen Form auf das 19. Jahrhundert zurück, ersetzt aber eine unter Virgil von Graben errichtete Konstruktion. Ein Wappenrelief über der Innenseite des Burgtores zeigt einen Panther mit verknotetem Schweif. Es erinnert an die Grafen von Lechsgemünd, wurde aber erst im 19. Jahrhundert angebracht. In der Nordwestecke des Hofes führt eine gedeckte freitragende Holztreppe zum Wehrgang empor. Die Verbauung im Südteil des Hofes besteht aus einem länglichen Wohnbau – dem ehemaligen Palas - und dem anschließenden Kapellenbau. Die ursprüngliche Kapelle befand sich im ersten Obergeschoß des Westtraktes. Sie wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgelassen. Als 1832 während einer Choleraepedemie das Schloss als Lazarett diente, wurde in ihr ein Bad eingerichtet. 1962/63 wurde dieses in eine Küche umgewandelt. Der spätgotische Giebelschrein des Altares aus dem Jahr 1490 wird heute im Tiroler Landesmuseum in Innsbruck verwahrt. 1963 installierte man in einer ehemaligen Futterkammer im Erdgeschoß der Südostecke nach Plänen von Hubert Völlenklee eine neue Kapelle. Völlenklee hat auch die Stirnwand des Sakralraumes mit einem großen Fresko geschmückt. Es zeigt den Tod des Hl. Sebastian sowie das Katakombengrab des Heiligen. Durch das Einziehen von Zwischenwänden hat sich die ehemalige Raumaufteilung des Schlosses stark verändert. Von der Einrichtung und der künstlerischen Ausschmückung der Räume haben sich nur geringe Reste erhalten. Der mit einer Balkendecke versehene „Rittersaal“ dient heute als Speisesaal. In ihm hängen vier Gemälde, die die vier Lebensalter zeigen. Sie stammen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Bei der Restaurierung von 2008/09 wurde eine Menge von Kleinfunden gemacht. Neben zahlreichen Münzen, Spielkarten, Gläsern und etlichen Schriftstücken wurde auch ein Dutzend spätgotischer Schuhe aus dem 15. Jahrhundert entdeckt.

Lage: Tirol/Osttirol – ca. 8 km südöstlich von Lienz

Besichtigung: nur von außen möglich

Homepage: www.schloss–lengberg.at


Weitere Literatur:


09.06.2010