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Karlstetten


„Gottscalch der Karlsteten“ war noch ein Ministeriale der Grafen von Formbach. Er scheint 1126 urkundlich auf. Die 1150 genannten Wilrat, Perthold und Wesilo von Karlstetten dienten aber bereits den Grafen von Peilstein und den mit ihnen verwandten Grafen von Schalla als Ministeriale. 1209 wird ein Heinrich von Karlstetten erwähnt, der sich wie seine meist gleichnamigen Nachfolger, nach Doppel nannte. Es ist nicht sicher, ob es sich um den gleichen Heinrich handelt, der 1222 wegen Übergriffe gegen Passauer Besitz von König Heinrich VII geächtet wurde. Sein Sohn Weichard stiftete ihm eine Gruftkapelle im Stift Lilienfeld, in der er bestattet wurde. Die Familie von Doppel besaß auch die Herrschaften Neulengbach, Oberwolfsbach, Weichselbach und Hagenstein sowie das Gut im benachbarten Hausenbach. Der letzte Doppler verkaufte 1515 seinen Besitz an die mit ihm verschwägerten Zinzendorfer. Die niederösterreichischen Stände waren damit nicht einverstanden, so dass Karlstetten als landesfürstliches Lehen vorerst an Hans von Weißpriach vergeben wurde. Schließlich konnten sich aber die Zinzendorfer durchsetzen. Sie behielten Karlstetten bis 1634, als sie es an Hans Cyriak von Traun veräußerten. Auf ihn folgte 1650 Hans Seifried von Laßberg. 1683 wurde das Schloss von den Türken zerstört aber bald danach wieder aufgebaut. Die Freiherren von Laßberg gaben Karlstetten 1728 wieder an die Zinzendorf ab. Als diese 1813 im Mannesstamm ausstarben, erbte Graf Heinrich von Baudissin die Herrschaft. Er war mit Susanna Magdalena von Zinzendorf verheiratet und nahm auch ihren Namen an. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das bereits in Verfall geratene Schloss erneuert. 1912 wurde Karlstetten an die Freiherren von Suttner verkauft. Diese ließen es im Inneren renovieren und das Dachgeschoß ausbauen. Vor dem Zweiten Weltkrieg erwarb der bayrische Industrielle Franck das Gut. Dies führte dazu, dass es die russische Besatzungsmacht 1945 als Deutsches Eigentum konfiszierte. Das völlig herabgekommene Schloss wurde 1955 nach dem Abzug der Russen von der Marktgemeinde Karlstetten erworben, restauriert und 1998 als Gemeindeamt eingerichtet.

Das einst weiträumige Schlossareal liegt unmittelbar nördlich der einstigen Schloss- und heutigen Pfarrkirche bzw. des diese umgebenden Friedhofes. Von der auf dem Vischer-Stich von 1672 dargestellten stattlichen Baugruppe hat sich nicht mehr viel erhalten. Schon 1815 waren die beiden Türme bereits eingestürzt. Damals wurde ein Gebäudeflügel abgetragen und durch einen Neubau ersetzt. Dieser wurde 1945 zerstört, als das Schloss in eine der letzten Kriegshandlungen auf österreichischem Boden verwickelt war. Die Einschüsse am Hauptgebäude, das dadurch seinen Fassadenschmuck verloren hatte, waren noch jahrzehntelang zu sehen. Die darin eingerichteten Wohnungen wurden nur notdürftig repariert. Fast alle Nebengebäude mussten schließlich abgerissen werden. Es blieb nur mehr der im Kern noch spätmittelalterliche Hauptbau über, der zwar restauriert wurde, aber kaum mehr an ein Schloss erinnert. Das frei stehende kastenartige Gebäude ist dreigeschossig. Es ist mit einem Walmdach gedeckt. Im Osten wurde ihm 1994/95 ein einachsiger Nebentrakt angebaut. Die sechsachsige ehemalige Schauseite ist nach Westen gerichtet, weist aber keinerlei Fassadendekor mehr auf.

Lage: Niederösterreich/Dunkelsteiner Wald – ca. 8 km nordwestlich von St. Pölten

Besichtigung: während der Amtsstunden teilweise zugänglich


Weitere Literatur:


18.05.2010