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Freihof Kagran


Der heutige Kagraner Platz war einst der Dorfanger der Siedlung Kagran, deren Geschichte bis in das 11. Jahrhundert zurückreicht. An seinem Ostende liegt ein großes stattliches Gebäude, das sich deutlich von den umliegenden Siedlungshäusern abhebt. Es handelt sich dabei um den ehemaligen Freihof, der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch als Schloss bezeichnet wurde. Er ist ein markanter zweigeschossiger Bau unter einem gebrochenen Mansarddach. Die dem Platz zugewandte zwölfachsige Schauseite ist ebenso wie die übrigen Fronten schmucklos. Die zahlreichen Fenster sind modern, das korbbogige Portal ist ebenfalls erneuert. Die Räume des Erdgeschosses weisen Stichkappentonnen- und Kreuzgratgewölbe aus dem 17. Jahrhundert auf. Im ersten Stock hat sich eine Decke mit Bandlwerkstuck aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erhalten. Ursprünglich gab es auch eine Hauskapelle, doch wurde diese 1800 beim Umbau zum Armenhaus aufgelassen. Der Freihof ist seit 1494 urkundlich fassbar. Bis 1580 war er ein Lehen der damaligen Freiherren von Liechtenstein. Als Lehensnehmer scheint 1494 der Edle Martin Zinkonosko auf, auf den verschiedene Wiener und Kagraner Bürger folgten. 1578 übergab Hartmann von Liechtenstein d. J. den bereits stark verwahrlosten Hof an Hans Lindacher von Naundorf. Zwei Jahre später wandelte er das Lehen in freies Eigen um. 1582 wurde der Hof an Donat Jakob verkauft. Er verlor einen Rechtsstreit mit dem Pfarrer der Hofburgkapelle in Wien, der darauf bestand, dass die Kapelle Grundherr des Hofes sei und das Vizedomamt die Steuerhoheit habe. 1590 scheint eine Frau von Neideck als Besitzerin auf. Auch Prosdocimo Fizin, der von 1613 bis 1616 das Gut besaß, weigerte sich die seit 1591 angefallenen Steuern zu bezahlen. Seine Witwe verpfändete 1617 den Hof an die Brüder Johann Anton und Alexander Pestaluz. 1619 wurde er von den ins Land eingefallenen böhmischen Truppen verwüstet, die bis knapp vor Wien vorgestoßen waren.

Im Auftrag des Wiener Hofes verkaufte die niederösterreichische Kammer 1623 den Freihof an den päpstlichen Kommissar Matteo Pino. Bald kam es zu neuerlichen Besitzstreitigkeiten, die dazu führten, dass 1633 die Krida über den völlig verschuldeten und heruntergekommenen Hof verhängt wurde. Neuer Besitzer wurde Dr. Martin Haffner. Diesem gelang es die wirtschaftliche Lage zu verbessern. Er erwarb auch 18 Untertanen, die zuvor den Herren von Volckra gehört hatten. Durch Heirat gelangte der Hof 1640 an die Herren Brassican von Emmersberg und 1699 an Johann Friedrich Peuger von Peugen. 1708 befreite Kaiser Josef I den Kagraner Hof von allen Abgaben, wodurch er zum Freihof wurde. Zwischen 1718 und 1729 besaß der Hofkammerrat Maximilian Hilleprandt von Prandau das Gut. Dann wurde es an Maria Franziska von Lamberg verkauft. 1765 ging es in bürgerliche Hände über, als es Franz Anton Dywald erwarb. Er versuchte auf seinen Gründen Krapp und Safran anzupflanzen, scheiterte jedoch damit, nicht zuletzt weil er von seinen Untertanen überhöhte Robotleistungen verlangte und diese zeitweise die Arbeit verweigerten. Über den Freihof wurde neuerlich der Konkurs verfügt. Bei der 1773 erfolgten Versteigerung ging das Stift Klosterneuburg als Höchstbieter hervor. Dieses verpachtete das Gut zuerst an Joseph Friedrich Hagen und dann ab 1793 an Elisabeth Freiin von Tinti. Als 1800 die Gemeinde Kagran bei einer öffentlichen Versteigerung den Zuschlag erhielt, wurden neben dem Viehhirten vor allem die Gemeindearmen hier untergebracht. 1858 richtete man im Erdgeschoß das Gemeindewirtshaus ein. Die zum Freihof gehörenden Gründe wurden parzelliert und als landwirtschaftliche Flächen bzw. Bauland vergeben. Ab 1905, als Kagran in Wien eingemeindet wurde, gehörte der Freihof der Gemeinde Wien. 1973 erwarb der Pächter der Gastwirtschaft Kommerzialrat Karl Baumann das Haus. Seit 1998 gehört es der Harmer Holding Ges.m.b.H. Es wurde umgehend restauriert. Dabei kam ein Tongefäß mit fast 1200 Silbermünzen aus der Zeit zwischen 1506 und 1531 zum Vorschein. 1999 eröffnete das Restaurant „Napoleon“.

Ort/Adresse: 1220 Wien, Kagraner Platz 33

Besichtigung: im Rahmen des Restaurantbetriebes möglich


Weitere Literatur:


20.03.2010