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Anif


1218 werden die Herren von Anif mit den zwei Brüder „de Anive“ erstmals urkundlich erwähnt. Vermutlich ging die Herrschaft nach dem Aussterben der Familie in den Besitz des Erzbischofs von Salzburg über. Seit dem 14. Jh. ist ein erzbischöfliches Urbaramt, also ein Verwaltungssitz für die dort gelegenen Ländereien des Erzbistums, bezeugt. 1530 vergab Kardinal Matthäus Lang Anif als Leibgeding an Dr. Niclas Ribeisen, Kanzler des Erzstiftes und Rat Kaiser Karls V. Er renovierte und vergrößerte die Anlage. Diese dürfte damals im wesentlichen aus einem einfachen, rechteckigen Wohnturm bestanden haben. Er ist heute im südlichen Teil des Hauptbaues integriert und an seiner Mauerstärke von 1,25 m zu erkennen. Danach gehörte Anif verschiedenen Adelsfamilien, darunter die Kuen-Belasy, Kuenburg und Kuefstein, als Lehen. Zwischen 1689 und 1693 ließ der Salzburger Erzbischof Johann Ernst Graf Thun größere Erweiterungsarbeiten durchführen. Damals entstand praktisch die rechte Hälfte des heutigen Schlosses einschließlich der Eingangshalle und der angrenzenden Hofflügel. Danach wurde es dem Fürstbischof von Chiemsee, Sigmund Ignaz von Wolkenstein, verliehen. Bis zur Säkularisation von 1803 benützten zehn Fürstbischöfe das Schloss als Sommerresidenz. Da es jedoch immer weniger bewohnt wurde, ließ die Pflege zu wünschen übrig. Erst der letzte Fürstbischof, Sigmund Christoph Graf Waldburg-Zeil, ließ es renovieren. Er ist auch der Schöpfer des englischen Landschaftsparks. Es gelang ihm auch nach Auflösung des Bistums Chiemsee seinen bisherigen Sommersitz um 1000 Goldgulden zu kaufen. Nach seinem Tod im Jahre 1814 erwarb der ehemalige Brauhausverwalter von Kaltenhausen, Ulrich Payer, das Schloss. Er veräußerte es 1837 an den bayerischen Grafen Alois von Arco-Stepperg.

Dieser ließ zunächst den Wirtschaftshof erneuern, beauftragte aber bereits im nächsten Jahr den Berchtesgadener Salinenkondukteur Mennas Schönauer mit dem Entwurf zum Umbau des Schlosses. Dessen Pläne wurden aber durch den Bauherrn häufig abgewandelt, wobei er sich auch nicht scheute, bereits errichtete Bauteile wieder abzureißen und in anderer Form neu zu errichten. Graf Arco wollte dem Bau ein mittelalterliches Aussehen geben und schuf damit das erste Werk der Neugotik in Salzburg. Auf der Baustelle waren bis zu 200 Arbeiter gleichzeitig tätig. 1840 wurden der Hauptbau und der Nordflügel in Angriff genommen. Ab 1841 leitete Heinrich Schönauer die Bauarbeiten, die Ideen kamen aber weiterhin vorwiegend vom Bauherrn. 1843 war der Rohbau vollendet, der Innenausbau nahm aber weitere vier Jahre in Anspruch. Dann war aus dem alten Schloss eine romantische „Ritterburg“ geworden. Bei der Gestaltung des Parks hielt sich Graf Arco an die Grundkonzeption des fürstbischöflichen Gartens, erweiterte ihn aber sowohl im Osten als auch im Westen. Trotz seiner glänzenden Ausstattung diente Anif in den folgenden 50 Jahren nie als ständiger Wohnsitz, sondern nur für gelegentliche Aufenthalte. Kurz nach der Fertigstellung des Baues kam es zur Trennung von Graf Arco und seiner Gattin. Sie benützte das Schloss weiterhin für Sommeraufenthalte, während der Graf erst nach 28 Jahren mit seiner zweiten Frau zurückkam. Nach seinem Tod 1891 gelangte Anif durch die Ehe seiner Tochter Sophie mit dem bayrischen Reichsrat Ernst Graf von Moy an die Familie der Grafen von Moy de Sons, in deren Besitz sich Schloss und Park noch heute befinden. Derzeitiger Eigentümer ist Johannes Graf von Moy. Zu einer historischen Begebenheit kam es am 12. November 1918, als König Ludwig III von Bayern im Schreibzimmer des Schlosses eine Erklärung verfasste, die seine Beamte, Offiziere und Soldaten von dem ihm geleisteten Eid entbanden, was das Ende der Monarchie in Bayern bedeutete. Er war drei Tage zuvor von Berchtesgaden nach Salzburg gekommen, um nicht den in Bayern herumstreifenden kommunistischen Soldatenräten in die Hände zu fallen.

Anif zählt zu den besten Werken der neugotischen Schlossarchitektur und zu den schönsten Wasserschlösser Österreichs. Es liegt malerisch in einem 4 ha großen Teich und ist durch eine einfache dreijochige Brücke mit dem Ufer verbunden. Für das Eingangstor war jenes der Stephanskapelle der Westminster Abbey Vorbild. Die geschnitzten Torflügel tragen das Allianzwappen Arco-Pallavicini. Darüber ist der große Arco’sche Doppeladler angebracht. Die beiden Ritterfiguren, die vor dem Tor stehen, stellen Rudolf von Habsburg und Heinrich den Löwen dar. Sie stammen vom Münchner Bildhauer Josef Entres, der möglicherweise der Plan der gesamten Toranlage schuf. Das Schloss geht in seinem Baubestand großteils auf das 16. Jh. zurück. Dieser Zeit gehören das dreistöckige Hauptgebäude, der niedrigere Südtrakt und die anschließende Kapelle an, doch wurden sämtliche Bauteile regotisiert. Die einst selbständige Kapelle wurde beim Umbau in den neu errichteten fünfgeschossigen Schlossturm integriert. Der ihn und den Hauptbau verbindende Südtrakt wurde um ein Geschoß erhöht. Neu geschaffen wurden eine Bogengalerie sowie ein mit Türmchen und Zinnenmauern geschmückter Saalbau. Diese Bauten umgeben den Schlosshof, in dessen Mitte ein von Entres geschaffener achteckiger Brunnen liegt. Auf seiner Mittelsäule sitzt ein Putto aus Carrara-Marmor, der einen Delphin im Arm hält. Der westliche Teil des Hofes wird aus einer etwas erhöhten Terrasse gebildet, unter der das 1840 errichtete Schiffsgewölbe liegt. Im Inneren hatte dieser unterirdische Bootshafen das Aussehen einer Grotte, in der eine Quelle sprudelte (der Abfluss des Brunnens im Schlosshof). An der nördlichen Hofseite entstand der Nymphensaal mit dem gotischen Säulengang. Er hatte lediglich den Zweck, die lebensgroße Figur einer Nymphe, den Schutzgeist des Schlosses, aufzunehmen. Diese von Ludwig Schwanthaler geschaffene Skulptur aus Carrara-Marmor wurde 1906 in den Säulengang versetzt. Der Nymphensaal ist seit 1878 in eine Bildergalerie umgewandelt.

Von der ursprünglichen Ausschmückung des fürstbischöflichen Schlosses blieben im Inneren nur einige Kassettendecken und ein Ofen des 17. Jh. erhalten. Die bis vor kurzem noch weitestgehend erhaltene Innenausstattung des 19. Jh. ist größtenteils ein Werk des Salzburger Tischlermeisters Joseph Wessicken. Von ihm stammen die Vertäfelungen, die kunstvoll gearbeiteten Kassettendecken und Wendeltreppen sowie die meisten Möbelstücke. Auch die an englische Vorbilder erinnernde zweigeschossige Eingangshalle wurde von ihm gestaltet. Ihre Decke stammt aus wiederverwendeten Teilen des alten Schlosses, die neu zusammengesetzt wurden. Die Repräsentationsräume lagen im zweiten Stock. Zentraler Raum ist der Große oder Rote Saal, wie er wegen seiner Wandbespannung aus rotem Seidendamast genannt wird. Er war einst der Speisesaal der Fürstbischöfe, woran die schwere Kassettendecke erinnert. Sie wurde von Wessicken mit einem Netz von goldenen Sternen überzogen und vom Münchner Maler Friedrich Giessmann mit einem Ölgemälde, dem „Triumph der Galathea“ geschmückt. Dem Gelben Salon, der einst von der Gräfin benutzt wurde, gaben die gelben Seidenvorhänge und Seidendamasttapeten seinen Namen. Bemerkenswert, wenn auch nicht nach jedermanns Geschmack ist die Decke. Ihre Kassetten gruppieren sich sternförmig um neun Zentren, von denen merkwürdige pflanzliche Gebilder herabhängen. Es sind bunte Blüten und Fruchtdolden. Die Sammlung chinesischer Vasen, die sich hier befand, ist nicht mehr erhalten. Der anschließende Grüne Salon war das Schreibzimmer der Gräfin. Seine Decke ist als Fächergewölbe ausgebildet. Der große Speisesaal hat mit seinen hohen Spitzbogenfenstern und der mächtigen, mit einem Baldachin versehenen Kredenz, ein mittelalterliches Gepräge. Die privaten Räume des Grafen lagen im ersten Stock. Auch sie weisen Kassettendecken, zieselierte und vergoldete Türschlösser sowie Marmorgesimse auf. Im heutigen Bibliothekszimmer steht ein bunter Kachelofen mit figürlichen Kacheln nach alten Motiven. Der anschließende Salon des Grafen war durch eine Geheimtreppe mit dem darüberliegenden Salon der Gräfin verbunden. Im anstossenden Südflügel ließ Graf Arco für seine Mutter, die ehemalige Kurfürstin von Bayern, ein Appartment einrichten. Sie hat die Räume aber nie bewohnt, da sie kurz nach der Einweihung des Schlosses 1848 bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Interessant sind die von Entres geschnitzten Narrenfiguren, die auf den Stiegenabsätzen als Kerzenhalter dienen. Die Kapelle weist ein dreijochiges Rippengewölbe auf. Ihr Altar ist eine Replik des Rosenkranzaltares von St. Jodok in Landshut. Im Turm befand sich früher eine bedeutende Waffensammlung, doch wurde diese 1936 verkauft. In letzter Zeit ließ Johannes Graf Moy einen bedeutenden Teil der Ausstattung des Schlosses in London versteigern. 24 bedeutende Stücke mussten wegen mangelnder Ausfuhrerlaubnis zurückgebracht werden. Sie befinden sich jetzt in einem eigens eingerichteten "Anifer Zimmer" im Salzburger Museum Carolino Augusteum.

Lage: Salzburg/Salzburg-Land – inmitten der an die Stadt Salzburg angrenzenden Gemeinde Anif

Ort/Adresse: 5081 Anif

Besichtigung: nicht möglich


Weitere Literatur:


24.10.2002