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Waidburg


Herzog Sigmund der Münzreiche hatte sich um die Mitte des 15. Jahrhunderts im kleinen Ort Natters ein Jagdschlösschen errichten lassen. Dieses wird gelegentlich mit der Waidburg im gleichen Ort in Zusammenhang gebracht. Es dürfte sich jedoch um einen Bau gehandelt haben, der gegenüber der späteren Waidburg, jenseits der Dorfstraße lag. Die Waidburg, deren Name ihren Verwendungszweck klar erkennen lässt, wurde vermutlich knapp vor 1518 von den Brüdern Wendelin und Ambrosi Yphofer errichtet, die im gleichen Jahr von Kaiser Maximilian I in den Adelsstand erhoben wurden. Sie war ein landesfürstliches Lehen. Maximilian benützte den Ansitz gerne für Jagd- und Fischereiausflüge in der Umgebung. Die Yphofer waren eine reiche und angesehene Bürgerfamilie in Innsbruck, die seit 1422 mehrere Stadtrichter und Bürgermeister stellte. Um 1473 betrieben sie den größten Gasthof der Stadt. Wendelins Söhne Martin und Christof verkauften noch vor 1542 die Waidburg an Dr. Wolfgang Herschl. Fünf Jahre später erwarb Dr. Christof Philipp Frankfurter den Ansitz. Um 1600 befand sich dieser im Besitz des Melchior von Deutenhofen. 1602 stiftete Thomas von Deutenhofen den Altar in der Schlosskapelle. 1627 besaß der oberösterreichische Kammerrat Hans Ernst von Stachelburg zu Kautzenheim das Schlösschen. Im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts gehörte es dem Universitätsprofessor Dr. Theodor Friedrich Sattlender, der auch Melans besaß. Die Waidburg war daher meist verpachtet. 1751 war der Pfarrer von Telfs, Josef Ignaz von Payr, Eigentümer des Ansitzes. Auf ihn folgte sein Neffe Franz Friedrich von Payr, der bis 1800 Schlossherr war. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts diente das Schloss als Jugenderholungsheim. Schließlich kaufte es die Gemeinde Natters, restaurierte es und brachte das Gemeindeamt sowie die Touristeninformation darin unter.

Der Ansitz liegt am östlichen Ortsrand von Natters. Er ist ein weitgehend schmuckloses, kubisches Gebäude ohne Innenhof. Es ist mit einem einfachen Krüppelwalmdach gedeckt. Seine Schauseite ist nach Norden gerichtet und der Dorfstraße zugewandt. Hier befindet sich das abgekantete, korbbogige, spätgotische Portal, das einst mit dem Tiroler Adler samt Herzogshut geschmückt war. Diese wurden anlässlich der letzten Renovierung durch ein modernes Rotmarmor-Wappen der Gemeinde ersetzt. Das Tor ist ebenfalls modern. Die fünfachsige dreigeschossige Fassade wird in den beiden Obergeschossen durch die braun-schwarzen Fensterläden belebt. Die Seitenfronten sind nur dreiachsig. Die Erdgeschoßfenster sind mit modernen Schmiedeeisengittern versehen. Im zweiten Stock der Ostfront springt der Chor der gotischen Schlosskapelle mit seinem 3/8-Schluss vor. Sie ist mit einem gratigen Netzgewölbe versehen. Die spätgotischen Rankenmalereien wurden erst 1974 aufgedeckt. Leider wird die Kapelle derzeit als Rumpelkammer verwendet. Die restlichen Innenräume sind völlig modernisiert und zweckmäßig eingerichtet. Ein unterirdischer Fluchtweg, der allerdings nur zur Straße führte, nährte seinerzeit das Gerücht, dass es einst einen unterirdischen Gang unter der Sill hindurch bis zur Hohenburg in Igls gegeben haben soll. Wie alle diese unglaublich langen Fluchtwege gehört auch dieser in den Bereich der Sagen.

Lage: Tirol/Wipptal – 6161 Natters, Innsbrucker Straße 4

Besichtigung: der Ansitz ist während der Amtsstunden des Gemeindeamtes öffentlich zugänglich


Weitere Literatur:


08.03.2010