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Matrei - Trautson


Möglicherweise befand sich am späteren Burghügel die römische Straßenstation Matreyum. Im Mittelalter gab es in Matrei drei Burgen, die den Verkehr auf der Brennerstraße jederzeit blockieren konnten. Die westlichste, „Raspenbühel“ genannt, war lediglich ein Turm des Heinrich Rasp, eines Hofmeisters der Margarethe Maultasch. Die mittlere wurde Vogelbühel genannt. Sie wurde in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts im Auftrag der Grafen von Andechs errichtet und von ihren Ministerialen betreut. Nach der Ächtung der Andechser Grafen gelangte sie im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts an den Bischof von Brixen. Während der Kämpfe um die Oberhoheit im Wipptal zwischen Graf Albrecht III von Tirol und dem Bischof ließ Albrecht um 1220 in Matrei eine dritte Burg (das spätere Trautson) errichten, die er an seine Dienstleute, die Herren von Matrei verlieh. Kuno von Matrei saß auf Trautson, während Heinrich von Matrei mit Vogelbühel belehnt wurde. Kunos Sohn Auto war auch Richter des Landgerichtes, das auf Trautson seinen Sitz hatte. 1368 wurden die Matreier Burgen von den Bayern besetzt. Sie konnten trotz einer fünfwöchigen Belagerung nicht eingenommen werden, wurden aber 1369 nach dem Frieden von Schärding an Herzog Leopold III von Österreich zurückgegeben. Mit Konrad von Matrei starb seine Familie um 1360 aus. Seine Tochter Anastasia war mit Hans Trautson von Sprechenstein verheiratet, wodurch die Burg ihren heutigen Namen erhielt. Bis dahin wurde sie nur als „hintere Veste Matrei“ bezeichnet. Seine Nachkommen bauten sie aus, ließen aber die Feste am Vogelbühel verkommen. Von ihr hat sich ebenso wenig wie von Raspenbühel erhalten. 1514 erwarb Kaiser Maximilian I die Burg Trautson. 1532 ging diese als Lehen an Albrecht von Stamp und 1581 an den oberösterreichischen Kammerpräsidenten Cyriak von Haidenreich, der umfassende Ausbauten vornehmen ließ. 1600 kaufte Anton Trautson die Burg seiner Ahnen zurück. Sie blieb nun bis 1775 im Besitz seiner Nachkommen, als sie Maria Josepha von Trautson in ihre Ehe mit Karl Joseph Fürst Auersperg einbrachte. Anfangs des 18. Jahrhunderts verzichtete Fürst Karl Auersperg auf die Gerichtsbarkeit in Matrei, die nunmehr im Landgericht Steinach ausgeübt wurde.

Als 1868 die Brennerbahn gebaut und ein Tunnel durch den Burgberg gesprengt wurde, bemerkte man größere Schäden am Bergfried und an den Wohngebäuden. Durch das Einziehen von Eisenschließen konnte man die notwendige Stabilität aber wieder herstellen. 1915 und 1927 erfolgten größere Restaurierungen. Am 2. April 1945 wurde die einstige Burg durch amerikanische Fliegerbomben nahezu völlig zerstört. Der Bombenteppich, der den Burghügel mit Bombentrichtern übersäte, galt natürlich nicht der Burg, sondern der unmittelbar daneben verlaufenden Brennerbahn bzw. der Brennerstraße. Dem Angriff widerstanden lediglich die Außenmauern der Kaplanei sowie die Grundmauern des Bergfrieds und einige Futtermauern entlang des Burgweges. In den Jahren 1947/1948 wurde die Kaplanei wieder aufgebaut. Sie ist praktisch das einzige Gebäude, das noch an die einstige Burg erinnert. Später wurden noch einige Gebäude neu errichtet, die zum Teil Wohnzwecken dienen. Leider hatte die Familie Auersperg 1943 aus ihrem Schloss Sprechenstein bei Sterzing wertvolle Kunstgegenstände nach Trautson gebracht, da sie dieses Schloss für weniger gefährdet erachtete. Sie wurden weitgehend zerstört. Nur wenig konnte aus dem Schutt geborgen und wieder restauriert werden. Dazu gehörte leider nicht der Erasmus-Altar, den Sixt Trautson 1505 gestiftet hatte. Er wäre aber wohl auch in Sprechenstein verloren gegangen, da die dortige Burgkapelle ebenfalls durch Fliegerbomben zerstört wurde. Erhalten blieb das umfangreiche Familienarchiv, das noch vor dem Zweiten Weltkrieg von Fürst Franz Joseph Auersperg dem Land Tirol geschenkt und nach Innsbruck transferiert worden war. Die Zerstörung der Burg hatte aber auch etwas Gutes. Als die Mauertrümmer nach Kriegsende begutachtet wurden, entdeckte man, dass die Wände des einstigen Grafenzimmers mit profanen Fresken bedeckt waren, die später übertüncht oder hinter Täfelungen versteckt waren. Auch sie waren weitgehend vernichtet, doch konnten Teile davon abgenommen und 1999 vom Bundesdenkmalamt restauriert werden. Es handelt sich dabei um einige Szenen des Neidhartschwankes aus dem dritten Viertel des 15. Jahrhunderts sowie um Secco-Malereien aus dem 16. Jahrhundert. Die trotz ihrer fast gänzlichen Zerstörung immer noch als Schloss bezeichnete Anlage gehört nach wie vor den Fürsten Auersperg.

Die ehemalige Burg lag auf einem isolierten Hügel über dem Ortsteil Mühlbachl. Es war eine langgestreckte, in Talrichtung verlaufende Anlage, deren Westfassade der Brennerstraße zugewendet war. Ihre Länge betrug über 90 m, die größte Breite aber kaum mehr als 20 m. Die Gebäude lagen alle im Westen. Sie bestand von Norden nach Süden betrachtend, aus dem trapezförmigen Bergfried, dem Wohnhaus bzw. ehemaligen Palas, einem schmalen Verbindungstrakt, der Kapelle, der Kaplanei und der Mauer des Burggärtleins. Im Osten wurde der Burghof von einer niedrigen Mauer begrenzt. Der im Kern frühmittelalterliche Bergfried stand an der Angriffsseite im äußersten Norden. Er wurde um 1225/30 errichtet und vor 1890 mit einem hohen Krüppelwalmdach gedeckt. Zuvor trug er ein niederes Satteldach. Er war ca. 27 m hoch und aus regelmäßig verlegten Bruchsteinen erbaut. Die Kanten waren durch Buckelquader verstärkt. Im Laufe der Zeit war er mehrfach und zuletzt zum Wohnturm umgebaut worden. Einige Turmzimmer zeigten spätgotische Fenster und einfache Täfelungen. Sie waren mit Öfen aus dem 18. Jahrhundert ausgestattet. Die Haupträume lagen aber im zweistöckigen Haidenreichbau. Seine breite Giebelfront war nach Süden, gegen den Hof gerichtet. Hier zeigt eine etwa 1,5 m starke Quermauer noch den Verlauf des einstigen Palas an. Der Haidenreichbau war 16 m hoch, 20 m breit und 13 m tief. Von seiner Hoffassade standen nach dem Angriff noch mehrere Fensterachsen, während der dem Turm zugewandte Teil sofort völlig zerstört wurde. Natürlich wurde auch die Einrichtung des im ersten Stock befindlichen „Rittersaales“ vernichtet. In diesem 11 x 9 m großen Raum befanden sich 10 lebensgroße Familienporträts der Trautson sowie andere Gemälde aus dem 17. Jahrhundert. Die Felderdecke trug das Allianzwappen Trautson-Spaur. Auch die 1682 der Hl. Euphemia geweihte Schlosskapelle wurde ein Opfer der Bombardierung. Sie ersetzte eine Kapelle, die bereits 1394 eingerichtet und mit einem Priester besetzt worden war.

Lage: Tirol/Wipptal – ca. 20 km südlich von Innsbruck

Besichtigung: nicht möglich


Weitere Literatur:


28.02.2010