ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Reichenau an der Rax - Schloss Rothschild


Baron Nathaniel Rothschild, dessen Bruder das bekannte Wiener Bankhaus leitete, kam als Sommergast ab 1879 häufig nach Reichenau an der Rax. Da er Erzherzog Carl Ludwig, der wenige Jahre zuvor Schloss Wartholz bezogen hatte, nicht besonders schätzte, beschloss er, unweit davon einen Ansitz errichten zu lassen, der den des Erzherzogs bei weitem in den Schatten stellen sollte. Allein die geplanten Errichtungskosten von 2 Millionen Gulden, sollten das Zehnfache von Wartholz betragen. Er erwarb im Ortsteil Hinterleiten mehrere Herrschafts- bzw. Bauerngründe und beauftragte 1884 das französisch-italienische Architektenbüro Armand Banqué und Albert Pio mit der Planung seines neuen Landsitzes. Mit der Bauausführung wurde die Wiener Baufirma Heinrich und Franz Glaser betraut. Zuerst wurde der Personaltrakt errichtet, der 1887 fertiggestellt war. Rothschild gab sein Sommerdomizil in der Dependance des Hotels Fischer auf und zog in den Neubau ein. Das eigentliche Schloss wurde aber nur zur Hälfte fertig, da Rothschild 1889 aus unbekannten Gründen die Freude an seinem Märchenschloss verlor und die Einstellung der Bauarbeiten verfügte. Er schenkte die Anlage samt Park – zum Entsetzen der Einheimischen und Sommergäste - dem Verein für Brustkranke. Auf Grund von Bitten der Gemeinde, die um ihren Fremdenverkehr fürchtete, zog er schließlich die Schenkung zurück und errichtete eine Stiftung für invalide Unteroffiziere der k.u.k. Armee. Im Jahr 1900 wurde das Schloss dem k.u.k. Kriegsministerium als Stiftungsbehörde übergeben. 1943 und 1945 diente das Gebäude als Lazarett. Heutiger Eigentümer ist die „Vereinigte Altösterreichische Militärstiftung“.

Das gepflegte Schloss ist von einem prächtigen, 19 ha großen Park umgeben. Es besteht aus dem Hauptbau, der ursprünglich wesentlich größer geplant war, und dem Personaltrakt. Diese Gebäudeteile sind in zwei verschiedenen Architekturstilen gehalten. Für das eigentliche Schloss wählte Rothschild die französische Renaissance, wobei zweifellos die Loire-Schlösser Vorbild waren. Der Personaltrakt, der vierflügelig einen Innenhof umschließt, ist im englischen Landhausstil errichtet. Der Klassenunterschied ist in den einfachen rustikalen Bauformen dokumentiert. Das Hauptgebäude hingegen zeigt mit seiner vielgestaltigen Fassade sowie der durch Gaupen, Giebel, Türmchen und diversen Rauchfangformen stark gegliederten Dachlandschaft das Repräsentationsbedürfnis des Bauherrn, der unbedingt das schlichte Schlösschen Wartholz übertrumpfen musste. Dasselbe gilt für die vornehme Innenausstattung.

Lage: Niederösterreich/Voralpengebiet – Reichenau an der Rax im Ortsteil Hinterleiten

Besichtigung: normalerweise ist das Parktor verschlossen, so dass das Schloss weder von außen, noch von innen besichtigt werden kann. Im Sommer finden jedoch häufig kulturelle Veranstaltungen statt, so dass bei diesen Anlässen eine beschränkte Besichtigung möglich ist.


Weitere Literatur:


20.10.2002