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Graz - Domherrenhof


Der heutige Domherrenhof geht auf die 1576 durch Erzherzog Karl II erfolgte Stiftung eines erzherzoglichen Conviktes zurück, das dem Jesuiten-Collegium zur Leitung übergeben wurde. Es war für die Aufnahme geistlicher Studenten bestimmt. Erzherzog Ferdinand erwarb 1595 ein an den Dom angrenzendes Haus, das seit 1582 Sigmund von Gleispach gehörte. Er ließ es bis 1597 für die Zwecke des Conviktes adaptieren. 1627 wurde das Gebäude durch einen Brand weitgehend zerstört. Damals wohnten hier bereits 127 Zöglinge. Im nächsten Jahr wurde das Gebäude vergrößert wieder aufgebaut. 1762 beauftragte Regens Franz Schmelter einen Gesamtumbau. Bei dieser Gelegenheit wurde die bescheidene Hauskapelle in einen zweigeschossigen Sakralraum verwandelt. 1763 kam es zur Erneuerung des Hauptportals, das aufwändig geschmückt wurde. Architekt des spätbarocken Umbaues war der Baumeister Joseph Hueber. Regens Schmelter beabsichtigte die Einrichtung eines Theresianums. Für die adeligen Studenten wurden im zweiten Stock freskierte Säle zum Tanzen und Fechten eingerichtet. Kaiserin Maria Theresia genehmigte noch 1773 die Bezeichnung „Kollegium Nobilium“. Nach der 1775 erfolgten Aufhebung des Jesuitenordens wurde das Convikt mit den anderen Jesuitenstiftungen Ferdinandeum und Josephum in das gegenüberliegende Collegiumsgebäude verlegt. Das nun leer stehende Conviktsgebäude wurde an das Militär vermietet. Nachdem das Generalkommando in das Palais Kees übersiedelt war, erwarb 1878 das Seckauer Domkapitel das Gebäude und richtete darin Wohnungen für die Domherren ein. Nun konnte auch die frisch restaurierte Kapelle ihren Zweck wieder erfüllen. Unter dem Militär war sie als Registratur zweckentfremdet worden. Das Palais gehört heute der Erzdiözese Graz. 1959 erfolgte eine Generalrestaurierung.

Der Domherrenhof ist ein repräsentativer viergeschossiger Bau, der gemeinsam mit dem ehemaligen Jesuitencollegium die südwestliche Ecke des Mausoleumvorplatzes dominiert. Seine neunachsige Schauseite erstreckt sich entlang der Bürgergasse. Im genuteten Erdgeschoß der Rokokofassade haben sich teilweise die originalen schmiedeeisernen Fenstergitter erhalten. Es wird vom prunkvollen Portal beherrscht, das wohl die schönste spätbarocke Toranlage der Grazer Altstadt ist. Es wurde 1768 vom Bildhauer Veit Königer geschaffen, der es sogar signiert hatte. Der korbbogige Torbogen wird von schräggestellten Wandpfeilern flankiert, deren Volutenkapitelle das ausschwingende Gebälk tragen. Die beiden Sandsteinfiguren, die auf den Enden des Gebälkes stehen bzw. sitzen, sind Allegorien der Religion und der Wissenschaft. Über dem Rundgiebel des Gebälks ist eine große, von zwei Engeln gehaltene und mit dem steirischen Herzogshut gekrönte steinerne Kartusche angebracht, die ein Relief des Erzherzogs Karl II zeigt. Dieses Relief wurde ursprünglich in Bleiguss ausgeführt, doch kam es 1945 abhanden und wurde 1950 durch eine Kunststein-Kopie ersetzt. Die hölzernen Torflügel mit ihren Rokokoverzierungen und dem schmiedeeisernen Oberlichtgitter sind original und stammen aus dem Jahr 1763. Eine gepflasterte Einfahrt mit Platzlgewölbe führt in den längsrechteckigen Hof. An seiner südlichen Schmalseite steht in einer Rundbogennische die Brunnenfigur des Herkules, wie er gerade die Hydra erschlägt. Dies ist eine Allegorie der Bekämpfung der Häresie. Die Skulptur ist auch ein Werk von Veit Königer. Der bemerkenswerteste Innenraum ist die links vom Eingang befindliche Hauskapelle. Sie ist dem Hl. Geist und der Hl. Barbara geweiht. Ihre Stuckdekorationen stammen vermutlich von Heinrich Formentini. Der Freskenschmuck geht auf den Wiener Theatermaler Johann Caspar Fibich (um 1770) zurück. Die Deckenmalereien haben drei Themen zum Inhalt: die Taufe Christi, die Hl. Dreifaltigkeit und Maria Verkündigung. Der zierliche Marmortabernakel mit einem Relief der Hl. Barbara wurde ebenfalls von Veit Königer angefertigt.

Ort/Adresse: 8010 Graz, Bürgergasse 1

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


30.01.2010