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Vichtenstein


Burg Vichtenstein wurde von den Grafen von Formbach bereits im 11. Jahrhundert erbaut. Bei der Besitzteilung von 1116 erhielt Graf Dietrich von Formbach neben Vichtenstein auch die Burg Kreuzenstein bei Korneuburg. Damals wurde Vichtenstein erstmals erwähnt. Entweder er oder sein 1090 verstorbener Vater Heinrich II war der Erbauer der Burg. Durch die Heirat seiner Tochter Hedwig gelangte sie 1140 an den Hallgrafen Engelbert III von Wasserburg. Dessen Enkel, Graf Konrad von Wasserburg-Vichtenstein, nahm 1218 an einem Kreuzzug teil. Er verpflichtete sich zuvor dem Bischof Ulrich von Passau, von dem er ein Darlehen zur Ausrüstung seiner Gefolgschaft erhalten hatte, Vichtenstein abzutreten, sofern er nicht zurückkehren oder keine Nachkommen haben sollte. Er überlebte den Kreuzzug, doch der neue Bischof Gebhard wollte Vichtenstein nicht mehr zurück geben. Daraus entwickelte sich eine jahrelange Fehde, in der sich der Graf an bischöflichem Besitz und Passauer Kaufleuten schadlos hielt, wofür über ihn kurzzeitig die Reichsacht verhängt wurde. 1224 wurde durch die Vermittlung Herzogs Leopold VI ein Vergleich geschlossen. Konrad erhielt den Palas, während der Bergfried zu Passau kam. Dies war natürlich nicht sehr praktikabel, daher kauften drei Jahre später die Bischöfe auch den Palas. Da der Graf kinderlos blieb, hatten die Bischöfe aber für etwas gekämpft und bezahlt, was ihnen sowieso zugefallen wäre. Auch später konnten sie sich ihres Besitzes nicht so richtig erfreuen. 1367 war Andreas Haller Pfandinhaber. Nach der Niederlage der aufständischen Passauer Bürger, deren Anführer er war, verkaufte er unberechtigterweise Vichtenstein an den Ritter Friedrich von Puchberg. Der Bischof, der damit nicht einverstanden war, wurde in eine zwei Jahre dauernde Fehde verwickelt. Er blieb zwar siegreich, doch hatte der Streit die Finanzen des Bistums zerrüttet. Um diese zu verbessern, verpfändete er die Herrschaft 1370 an die Schaunberger. Nach deren Niederlage in ihrem Kampf gegen Herzog Albrecht III von Österreich, fiel Vichtenstein wieder an Passau zurück. Bis zur Säkularisation des Passauer Fürstbistums 1803 verwalteten nun Pfleger die Burg. Danach verpfändete der österreichische Staat die Herrschaft an die Nationalbank. 1862 erwarb Laurenz Fölser, ein reicher Weber aus Haslach die Burg, der aber lediglich an der Verwertung des Forstbesitzes interessiert war. 1864 kam sie an den Grafen Julius von Falkenhayn und 1868 an Robert Graf Pachta. Bei dieser Familie blieb Vichtenstein bis 1938, als es die Familie Schulz-Wulkow aus der Erbmasse erwarb. Sie bewohnt es heute wieder, nachdem es von 1945 bis 1955 als deutsches Eigentum konfisziert war.

Vichtenstein ist eine gut erhaltene mittelalterliche Anlage, die im 16. Jh. mehrmals umgebaut wurde. Der Zugang zur Burg führt über eine gemauerte Brücke, die den Graben überspannt. Im dahinter liegenden Torbau sind noch die Öffnungen für die Rollen der einstigen Zugbrücke zu sehen. Durch die Torhalle gelangt man in den langgestreckten vorderen Hof, der beiderseits von Mauern begrenzt, nach einem scharfen Knick zum eigentlichen Burghof führt. Vichtenstein hatte offenbar nie einen Zwinger besessen. Dessen Funktion wurde vom vorderen Burghof übernommen. Markantestes Bauwerk ist der freistehende romanische Bergfried aus dem 12. Jh., der in gotischer Zeit um 6 m erhöht wurde. Der fünfstöckige Turm hat eine Grundfläche von 9 x 9 m und eine Mauerstärke von ca. 2,5 m. Er ist aus Bruchsteinen gemauert und mit einem steilen Walmdach gedeckt. Er diente nie der Verteidigung, da er keinen Wehrgang hatte. Auch die romanischen Rundbogenfenster – je drei an den vier Wänden – ließen eine Sicht bzw. einen Beschuß nach unten nicht zu. Er war in erster Linie ein Machtsymbol, aber auch ein Zufluchtsort in Notzeiten. Ansonsten diente er als Aussichtsturm. Unter dem Einstieg liegt ein gewölbtes Verlies. Die Steintreppe ist in der Mauerstärke ausgespart. Der hakenförmige dreigeschossige Wohntrakt ging aus dem romanischen Palas hervor, an den in den Jahren 1530 bis 1590 Zubauten angefügt wurden. Zu ihm gehören drei vorspringende Türme. Im Winkel der Flügel ist ein quadratischer Treppenturm angebaut. Die Fenster des Wohntraktes sind zum Teil mit spätgotischen Steinrahmen versehen. Im dritten Stock ist ein Tympanon aus dem 12. Jh. eingemauert, das die Büste eines Mannes zeigt. Die dem hl. Hippolyt geweihte Schlosskapelle ist ein eigener Bau, der mit Türmchen und Zwiebelhelm versehen ist. Sie besteht aus dem kreuzrippengewölbten Altarraum aus dem 14. Jh. und dem tonnengewölbten Langhaus aus dem 17. Jh. Bemerkenswert sind die drei scheibenförmigen Schlusssteine des Kreuzrippengewölbes. Sie zeigen den Passauer Wolf, einen sitzenden König und einen sitzenden Ritter mit Schwert, Lanze und Fahne. Die Einrichtung der Kapelle stammt aus dem 18. Jh. Die mehrmals umgebauten Wohn- und Wirtschaftsgebäude sind an die durch Türme verstärkte Ringmauer angebaut. Sie stammen aus dem 16. und 17. Jh.

Lage: Oberösterreich/Donautal – hoch über dem rechten Donauufer in der gleichnamigen Gemeinde, ca. 6 km nordwestlich von Engelhartszell.

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


16.10.2002