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Lind (Neumarkt)


Lind dürfte schon im 11. Jahrhundert ein festes Haus gewesen sein, das den Herren von Eppenstein gehörte. 1103 gelangte es an das Stift St. Lambrecht. Die hier hausende Familie nannte sich „von Linte“. Sie dürfte nur einen Teil ihrer Güter als Lehen des Stiftes und des Landesfürsten besessen haben, während der Wehrbau selbst wohl Eigenbesitz war. Da es in Österreich mehrere Burgen bzw. Schlösser namens Lind gibt, ist die Zuordnung der verschiedenen „Herren von Lind“ im 12. und 13. Jahrhundert nicht ganz einfach. 1287 werden jedoch Gebhard und Wulfing von Lind erwähnt, die dem Kleinadelsgeschlecht der Hammerl angehörten. Hans Hammerl, der 1371erwähnt wird und seine Nachkommen besaßen den wehrhaften Hof als Afterlehen der Landesfürsten, die ihrerseits Lehensnehmer des Stiftes St. Lambrecht waren. Lind blieb bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts bei der Familie Hammerl. 1542 gelangte das heutige Oberhaus durch die Heirat der Margareta Hammerl mit Georg Jöstl an diesen. Das Unterhaus war aus einem Bauernhof hervorgegangen, der von der Familie Trienter zu einem kleinen Edelsitz ausgebaut worden war. 1557 konnte Matthias Jöstl, der Sohn Georgs, diesen Hof erwerben und mit seinem Oberhaus verbinden. Sein Sohn Moritz baute diesen Hof schlossartig aus. Neben seinem Wohnsitz ließ er eine protestantische Kirche errichten. Diese wurde von den Einwohnern Neumarkts benützt, als während der Gegenreformation der protestantische Gottesdienst in Neumarkt verboten war. Im Jahr 1600 musste sie aber gesperrt und abgebrochen werden.

Georg Amelreich Jöstl musste 1630 wegen seines Glaubens die Steiermark verlassen. Er verkaufte Lind seinem wieder katholisch gewordenen Bruder Wolf Andree, der sich nun „von Jöstlberg“ nannte. Mit rund eintausend Untertanen, die auf 193 Gehöften lebten, war die Herrschaft relativ groß. 1658 kam Lind als Heiratsgut an Franz Philibert Schranz. Als dieser 1680 starb, erbte seine Tochter Maria Anna von Gailberg den Besitz. Sie schloss zuerst Lind ihrer Herrschaft Feistritz im Katschtal an, verkaufte dann aber beide Güter 1740 an Leopold Graf Herberstein, von dem sie 1755 das Stift St. Lambrecht erwarb. Lind sollte als Sommersitz für den Abt dienen, doch wurde das Stift 1786 aufgehoben, was dazu führte, dass die Herrschaft Staatsbesitz wurde. Als St. Lambrecht aber 1802 durch Kaiser Franz II (I) als Stift neu errichtet wurde, erhielt es Gut und Schloss wieder zurück. Allerdings wurde damals das Oberhaus bereits als Ruine bezeichnet, nachdem es durch einen Brand schwer in Mitleidenschaft gezogen worden war. Von 1942 bis 1945 diente das Schloss als Nebenlager des KZ-Mauthausen. Die hier untergebrachten 20 Häftlinge und 50 russischen Kriegsgefangenen wurden für landwirtschaftliche Arbeiten herangezogen. Lind gehört nach wie vor zu St. Lambrecht. Es befindet sich aber in keinem guten Bauzustand. Das Schloss ist zum Teil vermietet, zum Teil wird es von Jugendgruppen genutzt. Seit 1996 ist hier ein etwas tristes privates Heimatmuseum untergebracht.

Schloss Lind liegt im Wald versteckt, auf einer leichten Anhöhe über dem Mühldorfer Bach am Eingang zur Olsabachklamm. Eigentlich handelt es sich um zwei Gebäude: dem fast turmartigen gotischen Oberhaus und dem schlossartigen Unterhaus. Das Oberhaus ist ein viereckiger fünfgeschossiger Wohnturm. Während die unteren beiden Geschosse mit Tonnengewölben versehen sind, wiesen die oberen Stockwerke Balkendecken auf. Das wohl aus dem 15. Jahrhundert stammende Turmhaus wurde in der Renaissancezeit neu verputzt. An diesen Turm schloss ein zweistöckiger Wohnbau an, der gemeinsam mit ihm und einer Wehrmauer einen kleinen Hof umgab. Von diesem Wohnbau sind nur mehr Trümmer vorhanden. Im Süden lag ein ebenfalls turmartiges dreigeschossiges Torhaus. Wie die beiden Erker und eine ehemals hölzerne Stube im ersten Obergeschoß zeigen, wurde es ebenfalls als Wohngebäude verwendet. Das Oberhaus war durch einen Graben gesichert, über den eine Zugbrücke führte. Das Unterhaus ist ein regelmäßiges dreigeschossiges Gebäude. Der einflügelige Bau wird durch einen dreiachsigen Mittelrisalit gegliedert, der durch einen Dreiecksgiebel mit Uhr betont wird. Aus der Ostfront springen an den Ecken zwei starke Vierecktürme vor. Einem Inventar von 1796 ist zu entnehmen, dass im ersten Geschoß die Gefängnisse und ein Dienerzimmer lagen, das zweite Geschoß diente damals als Getreidekasten. Im zweiten Stock befanden sich die Verwalterkanzlei sowie zwei Gästezimmer, mehrere Stuben und die Kapelle. Letztere war den Heiligen Benedikt und Johannes geweiht. Im damals bereits stark vernachlässigten Oberhaus lebte das Personal. Außerdem befanden sich hier Lagerräume und eine Küche. Ein gewölbtes Vorhaus verband das alte mit dem neuen Schloss. Während das burgartige Oberhaus seit 200 Jahren Ruine ist, konnte der Verfall des Unterhauses im letzten Jahrzehnt halbwegs gestoppt werden. Im Park steht eine barocke Kapelle mit einer Johann-Nepomuk-Statue.

Lage: Steiermark/Seetaler Alpen – ca. zwei Kilometer südlich von Neumarkt

Besichtigung: das Museum ist angeblich vom 1. Mai bis 31. Oktober täglich (außer Montag) von 17.00 bis 20.00 geöffnet

Homepage: www.schlosslind.at


Weitere Literatur:


01.11.2009