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Grimmenstein


Der Name Grimmenstein steht eigentlich für drei mittelalterliche Burgen. Allerdings haben sich von dem am Gipfel des 758 m hohen Kulmriegels liegenden Hochgrimmenstein nur Mauerreste des quadratischen Bergfrieds erhalten. Auch der am unweit gelegenen Kleinberg befindliche Wehrbau ist nahezu völlig zerstört. Wesentlich stattlicher ist das am Südosthang des Kulmriegels liegende Vordergrimmenstein, das heute allgemein nur mehr Grimmenstein genannt und sogar wieder bewohnt wird. Bei näherem Hinsehen erkennt man jedoch bald, dass es sich dabei weitgehend um einen Neubau aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts handelt. Der Bauherr verwendete dabei die vorhanden Ruinen um aus ihnen die „Traumburg des Herrn Rigler“ zu machen. Er verwendete praktisch alle aus dem Burgenbau des 13. Jahrhunderts bekannten Details wie Erker, Zinnen, Wappen und Scharten, benutzte aber moderne Baumaterialien wie z. B. Beton. Der Grundriss der alten Anlage wurde beibehalten. Die ursprüngliche Kernburg wurde auf einem ca. 25 x 30 m großen, nach drei Seiten fast senkrecht abfallenden Felsen errichtet. An der weiter steil ansteigenden Bergseite wurde ein acht Meter breiter Halsgraben angelegt, über den heute eine Holzbrücke zu einem rundbogigen Portal führt, das bereits zu den Neubauten der Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts zählt. Die ältesten Teile der Anlage sind die Basen der Außenmauer, die beim Pseudoausbau als Fundamente für die Aufbauten verwendet wurden. Lediglich die nördliche Außenmauer ist noch weitgehend original. Ihr Quader-Mauerwerk hebt sich deutlich von den Neubauten des 20. Jahrhunderts ab. Die Außenmauern haben einen merkwürdigen gerundeten Grundriss, der auf den Verlauf des Felsens zurückzuführen ist, an den sie sich anpassen. Sie sind zwischen 1,3 und 2,7 m stark. Östlich des heutigen Einganges hat sich das Steingewände eines rundbogigen Tores erhalten. Wenige Jahrzehnte nach der Kernburg wurde etwa 25 m unter ihr ein Bau errichtet, der Wirtschaftszwecken gedient haben dürfte. Auch er entging dem neo-mittelalterlichen Ausbau nicht.

Das weithin sichtbare Vordergrimmenstein wurde den archäologischen Befunden nach wohl in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erbaut, wenn sich auch der Bauherr des 20. Jahrhunderts bemühte, Anhaltspunkte zu finden, die eine Errichtung bereits im 9. Jahrhundert dokumentieren sollten. Doch hat es damals in der Gegend um Grimmenstein sicherlich keine profanen Steinbauten dieser Größe gegeben. Hochgrimmenstein ist einige Jahrzehnte älter als Vordergrimmenstein. Als erster Grimmensteiner wird um 1144/58 unter den Gefolgsleuten des Grafen Eckbert III von Formbach-Pitten ein Alber de Grimmenstain erwähnt. Dessen gleichnamiger Sohn beteiligte sich gemeinsam mit dem Babenberger-Herzog Leopold VI an einem Kreuzzug ins Heilige Land, wo er anlässlich der Belagerung von Damiette 1218 erwähnt wird. Grimmenstein war ein wichtiges Glied in der Kette von Burgen und Wehrkirchen, die ein Eindringen der Ungarn aus dem Osten verhindern sollten. Die meisten Grimmensteiner führten den Vornamen Albero. Sie hatten das Ehrenamt eines Schenken (pincerna) bei den steirischen Herzogen inne. 1309 dürfte die Familie erloschen sein, da damals Hademar von Falkenberg mit der Burg belehnt wurde. Unter Herzog Albrecht III wurde Grimmenstein landesfürstlich. Es wurde im 14. und 15. Jahrhundert von Burggrafen verwaltet oder aber verpfändet. Kaiser Friedrich III übergab die Herrschaft zuerst 1444 der von ihm gestifteten Niederlassung weltlicher Chorherren in Wiener Neustadt, hatte aber zuvor Vordergrimmenstein aus unbekannten Gründen schleifen lassen.

Nach 1470 übertrug Friedrich III die Herrschaft dem St. Georgs-Ritterorden, der sie mit seiner Herrschaft Wartenstein vereinigte. Der Hochmeister des Ordens, Johann Geumann, übergab die teilweise wieder instand gesetzte Burg 1522 dem Bistum Wiener Neustadt. Zehn Jahre später wurde Grimmenstein wieder landesfürstlich. Hans Leroch war der Letzte, der zumindest zeitweise die Burg bewohnte. 1547 wurde Christoph Urschenbeck mit der Pflege der Burgen Grimmenstein und Wartenstein beauftragt. Sein Sohn, Georg Bernhard Freiherr von Urschenbeck, konnte beide Herrschaften als freies Eigen übernehmen. 1693 erwarb Kasimir Freiherr von Petrowitsch den Besitz. 1720 verkauften ihn seine Erben an die Grafen Stella-Caracciolo, denen Wartenstein mit dem verbundenen Grimmenstein bis 1848 gehörte. Allerdings lebten die Marchesi Carracciolo in Italien und haben ihre österreichischen Güter nie besucht. Der Weiler am Fuße des Burgberges wurde bis in das 20. Jahrhundert hinein „Am Treitl“ genannt. Erst dann wurde der Burgname auf den Ort übertragen. Vordergrimmenstein blieb bis 1961 Ruine. Dann erwarb es der Neunkirchner Baumeister Johann Rigler und baute die eher spärlichen Reste nach seinen Vorstellungen zu einem dreigeschossigen burgenartigen Wohnsitz aus. Neben den Wohnräumen und einem „Rittersaal“ wurde auch ein Museumsraum angelegt, in dem handgefertigte Wappen und Rüstungen gezeigt wurden. Im ersten Stock des „Palas“ wurde eine Gaststätte eingerichtet. Nach einer neuerlichen kurzen Periode des Verfalls ist Vordergrimmenstein in neue Hände übergegangen und wird nur mehr privat genutzt.

Lage: Niederösterreich/Bucklige Welt – ca. 14 km südöstlich von Neunkirchen

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


26.08.2009