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Ulrichskirchen


Die Pfarre war eine Gründung (1045) der Passauer Bischöfe, wobei die beiden von Passau abhängigen Klöster Göttweig und St. Pölten in Ulrichskirchen begütert waren. Der hier bestehende Hof wurde an eine Familie vergeben, die sich nach dem Ort nannte. Im Zuge des Investiturstreites ging die Oberherrschaft an die Kranichberger über. Um 1100 wird Wecala von Ulrichskirchen urkundlich genannt. 1195 durfte Heinrich von Ulrichskirchen auf einer Wiese, die er zuvor erworben hatte, mit dem Einverständnis des Klosters St. Pölten eine neue Burg errichten. Zuvor gab es am Platz der heutigen Kirche bereits eine kleine Wehranlage, doch kam diese an das Kloster Heiligenkreuz, das sie abreißen ließ. 1256 belehnte der Propst von St. Pölten Hermann von Wolkersdorf mit der jüngeren Burg. Ulrichskirchen wurde damals erstmals als „castrum“ bezeichnet. Auch Hermann nannte sich bald nach Ulrichskirchen. Seine Nachkommen starben um 1300 aus. Ein Hermann von Kronberg (Hermannus de Chranperch) ließ um 1320 den ursprünglichen Wehrbau abreißen und an seiner Stelle eine deutlich größere Kastellburg errichten. Als Vorbild könnte Wiener Neustadt oder Pottendorf, aber auch die Wiener Hofburg gedient haben. Anschließend verlegte er seinen Hauptwohnsitz von seiner Herrschaft Kronberg in das 2,5 km entfernte Ulrichskirchen. Hermann gehörte zu den Ministerialen oder sogar zu den Verwandten der Herren von Ulrichskirchen-Wolkersdorf. Die neue Burg war wohl noch kaum fertiggestellt, als 1328 König Johann von Böhmen im Weinviertel einfiel und u. a. auch Ulrichskirchen eroberte. Die Herren von Kronberg dürften um 1340 ausgestorben sein. Herzog Albrecht III belehnte 1371 die Brüder Wolfgang und Hans Streun zu Schwarzenau mit der Herrschaft. In den 80er-Jahren des 14. Jahrhunderts gelangte Ulrichskirchen an die Nikolsburger Linie der Liechtensteiner. Durch Heirat fiel die Burg 1399 an Reinprecht von Wallsee. Danach folgten die Dachsberg (um 1399 – 1422), die Pottendorfer und die Starhemberg. In den Kämpfen zwischen Kaiser Friedrich III und seinem Bruder Herzog Albrecht IV wurde Ulrichskirchen 1460 von den Truppen des böhmischen Königs Georg von Podiebrad angegriffen, doch gelang es diesen nicht, die gut befestigte Anlage zu erstürmen.

1544 fiel die Herrschaft neuerlich als Heiratsgut an Christoph von Zelking. Vermutlich war er für den Ausbau zum Renaissance-Wasserschloss verantwortlich. Möglicherweise wurden bereits damals drei der vier Ecktürme abgetragen, da sie am Vischer-Stich von 1672 nicht mehr zu sehen sind. Es könnte aber auch erst um 1626 erfolgt sein. Im 17. Jahrhundert wechselten die Eigentümer recht rasch. 1620 fielen mährische Truppen in Niederösterreich ein und brannten auch Ulrichskirchen nieder. 1624 erbte Hans von Kollonitsch die Herrschaft. Er begann umgehend mit dem Wiederaufbau, vergrößerte das Schloss und ließ es mit mächtigen Erdbefestigungen umgeben. Gleichzeitig wurde die Westmauer weitgehend abgerissen. 1645 fiel Ulrichskirchen neuerlich durch Erbschaft an Seifried Christoph von Breuner. Philip Ignaz von Breuner verwandelte in den Jahren 1713 bis 1723 das bisherige Renaissanceschloss in einen gepflegten Landsitz des 18. Jahrhunderts. Über die Grafen Breuner kam die Herrschaft 1734 an Margarethe Gräfin Dietrichstein. 1782 vernichtete ein Großbrand in den Wohnräumen die barocke Ausstattung, doch wurde auch das Äußere in Mitleidenschaft gezogen. Danach wurde der Bau in einfacheren Formen wiederhergestellt. Die Glanzzeit des Schlosses war jedenfalls vorbei. Der nächste Eigentümerwechsel fand 1786 statt, als Walpurga Gräfin Salm den Besitz erbte. Während der Franzosenkriege diente das Schloss mehrfach als Feldlazarett. Da hier auch französische Soldaten versorgt wurden, blieben dem Ort größere Schäden durch die Besatzer erspart. 1810 kaufte die Familie Bartenstein die Herrschaft. Das Schloss wurde neuerlich restauriert. 1854 ließ Sophie von Bartenstein die Schlosskapelle erneuern. Sie stiftete auch den neobarocken Altar. Über Ludovica von Bartenstein gelangte um 1860 die Familie Gudenus in den Besitz der Herrschaft. Leopold von Gudenus wurde 1893 zum Landmarschall von Niederösterreich ernannt. Er dokumentierte dieses Ereignis durch die Anbringung eines diesbezüglichen Deckenstucks in einem Raum des Südostturmes. Auf seine Erhebung in den Grafenstand, die 1907 erfolgte, weist der mit seinem Wappen und der Grafenkrone geschmückte neobarocke Ziergiebel über einem Portal des Südtraktes hin. Theresia Gräfin Hardegg besaß das Schloss in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1952 kam Ulrichskirchen durch Heirat an die jetzigen Eigentümer, die Grafen Bulgarini de Elci. 1971 wurde der Bau renoviert und die Fassaden neu verputzt.

Das stattliche Schloss liegt auf einer kleinen Anhöhe südöstlich des Ortskernes von Ulrichskirchen. Es war von einem Erdwall umgeben, der heute als Grünanlage gestaltet und nur mehr teilweise vorhanden ist. Diesem Wall waren beidseitig tiefe Gräben vorgelagert, von denen der äußere aber später teilweise aufgeschüttet wurde. Die an der Innenseite des Grabens verlaufende Zwingermauer ist – wenn auch erneuert – größtenteils noch vorhanden. Sie war an den vier Ecken durch kleine hufeisenförmige Rondelle verstärkt. Drei davon sind noch erhalten. Das südwestliche Rondell sowie ein Teil der Westmauer wurden vor 1820 abgetragen. Die Zufahrt zum Schloss erfolgt von Westen her über einen aufgeschütteten Damm. Die drei Flügel des dreigeschossigen Schlosses begrenzen einen großen rechteckigen Ehrenhof. Die einzelnen Trakte sind mit abgewalmten Satteldächern gedeckt. Die ältesten Bauteile sind die im Nordwesten und Südwesten liegenden ehemaligen quadratischen Ecktürme, wobei im südwestlichen das ursprüngliche Feste Haus steckt. Dendrochronologische Untersuchungen von Schalungsbretterresten des Kellergewölbes lassen auf eine Erbauung des gotischen Wohnturmes in der Zeit um 1320 schließen. Er nimmt eine Fläche von 18 x 18 m ein und weist besonders dicke Mauern auf. Diese sind im Sockelgeschoß ca. 3,6 m stark, nehmen aber mit zunehmender Höhe deutlich ab. Die Mauerkanten waren mit Buckelquadern besetzt, doch sind diese durch den Verputz nicht mehr sichtbar. Am Vischer-Stich wird der Wohnturm noch viergeschossig dargestellt. Heute sind die Türme allerdings nur mehr im Grundriss deutlich zu erkennen, da sie längst im Schloss verbaut sind. Sie waren durch eine Ringmauer miteinander verbunden, die heute als Außenmauer noch vorhanden ist. Ihre Stärke von mehr als einem Meter weist auf das hohe Alter hin. Dieser Bereich dürfte bereits im 13. Jahrhundert errichtet worden sein.

Der Ostflügel stammt erst aus dem 16. Jahrhundert, worauf seine deutlich schwächere Hofmauer hinweist. Vermutlich gab es zuvor hier keine Gebäude sondern nur eine Begrenzungsmauer oder einfache hölzerne Stallungen. Dem Ostflügel sind im Erdgeschoß sechs offene kreuzgratgewölbte Pfeilerarkaden aus dem 17. Jahrhundert vorgelegt. Die Hoffronten wurden in der Renaissancezeit zu einem Vierkanter ausgebaut. Als jedoch 1620 der Westflügel durch einen Brand zerstört wurde, verzichtete man auf seine Wiederherstellung. Seit dieser Zeit weist das Schloss ein ehrenhofartiges Erscheinungsbild auf. Am Westende des Nordflügels liegt die quadratische Schlosskapelle. Ihre Erbauung erfolgte um 1626, doch ist bereits in gotischer Zeit ein Sakralbau im ehemaligen Nordwestturm nachweisbar. Nach 1713 wurde sie von Philipp Ignaz von Breuner barockisiert. Die den Heiligen Philipp und Jakob geweihte Kapelle diente seit 1726 als öffentliches Gotteshaus. Im 19. Jahrhundert wurde ihre Ausstattung erneuert. Im 20. Jahrhundert wurden beiderseits ihres Steingewändeportals barocke Skulpturen der Hl. Maria Immaculata und des Hl. Florian aufgestellt. Die Herrschaftsempore der zweigeschossigen Kapelle ist über ein daneben befindliches Portal und eine steinerne Wendeltreppe zugänglich. Das Schloss ist zwar relativ groß, aber wenig spektakulär. Es weist nur schlichten Fassadenschmuck auf. Von der barocken Neufassadierung blieb lediglich der einstige Wohnturm verschont. Es wurde ihm lediglich hofseitig die barocke Statue des Hl. Benno vorgesetzt. Horizontal werden die Fronten durch einfache Gesimsbänder gegliedert. Die Gebäudekanten werden durch eine aufgeputzte Eckquaderung betont. Die mit geraden Verdachungen versehenen Fenster sind mit Sandsteingewänden versehen. Das Schloss hatte zwei Portale im Osten und Westen, die beide durch Zugbrücken gesichert waren. An der östlichen Gartenfront springt eine pfeilergestützte Altane über der Tordurchfahrt vor. Sie und der Treppenaufgang wurden erst im 19. Jahrhundert angefügt. Die zweigeschossigen Arkaden des Südtraktes mit ihren zierlichen toskanischen Säulen wurden später vermauert. Anlässlich einer Restaurierung hat man die Säulen freigelegt und zwischen den Fenstern der beiden oberen Stockwerke neuerlich eingemauert. Das rechteckige Portal im östlichen Teil des Südtraktes ist mit 1626 datiert. Es führt in den Keller und zeigt einen dreieckigen Blendgiebel mit einem Doppelwappen im Giebelfeld. Die drei rechteckigen Portale des Nordflügels stammen aus dem frühen 18. Jahrhundert. Das Schloss ist von einer Parkanlage umgeben. Vor der südlichen Gartenfront stehen allegorische Steinfiguren.

Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 3 km nordwestlich von Wolkersdorf

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


16.08.2009