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Fragenstein


Wie Bodenfunde aus der Eisenzeit beweisen, war der Burghügel von Fragenstein schon sehr früh besiedelt. Die Burg dürfte um 1200 durch die Andechser Grafen erbaut worden sein. Ihre Aufgabe war es, den für den Salzhandel wichtigen Saumweg zum Seefelder Sattel zu überwachen. Erster bekannter Burgherr war Hageno de Fragenstain, der 1232 urkundlich aufscheint. Er war Andechser Ministeriale und mit der Pflege der Burg betraut. Im 13. Jahrhundert war die Feste auch Gerichtssitz, worauf der Name hinweisen dürfte. Unter „Frag“ verstand man damals ein Verhör. Mit der „peinlichen Frag“ war die Folter gemeint. Nach Hagenos Tod gelangte die Burg noch vor 1248 an die Grafen von Tirol und dann 1254 an Gebhard von Hirschberg. Dessen gleichnamiger Sohn verkaufte sie dreißig Jahre später seinem Neffen Graf Meinhard II von Tirol. Damit wurde die Burg landesfürstlich. Der Gerichtssitz wurde nun nach Hörtenberg verlegt und Fragenstein als Lehen an den Haller Salzmair Otto Charlinger vergeben. 1355 verzichtete Ruprecht Kärlinger (Charlinger) zu Gunsten von Berthold von Ebenhausen auf die Herrschaft. 1365 wurde diese von Parzival I von Weineck erworben. Die Weinecker ließen die Burg stark ausbauen und den oberen Wehrturm errichten. Der mit ihnen verschwägerte Minnesänger Oswald von Wolkenstein war mehrmals Gast auf Fragenstein. Da Parzival II von Weineck sich 1423 dem Tiroler Adelsbund gegen Herzog Friedrich IV angeschlossen hatte, verlangte dieser die Rückgabe der Burg. Parzival weigerte sich und es kam zu langwierigen Streitereien um die Besitzrechte, die erst 1446 durch ein Gerichtsurteil zu Gunsten des Landesfürsten Herzog Sigmund entschieden wurden. Dieser setzte vorerst Pfleger ein und hielt sich hier gerne zur Jagd im Karwendelgebirge auf. Unter ihm wurde die Anlage weiter ausgebaut.

Kaiser Maximilian I ließ die Arbeiten fortsetzen, doch zerstörte 1504 ein Brand die Küche und mehrere Zimmer, was die Fertigstellung verzögerte. 1508 wurde die Schlosskapelle eingeweiht. Maximilian benützte Fragenstein vor allem als Stützpunkt zur Gemsen- und Hirschjagd. Unter Erzherzog Ferdinand wurden nur mehr die notwendigsten Reparaturarbeiten durchgeführt, so dass 1540 das Gebäude bereits als baufällig bezeichnet wird. Aus Geldmangel unterblieb eine durchgreifende Sanierung. Lediglich die ärgsten Schäden wurden behoben. Auf Grund ihrer weithin sichtbaren Lage war die Burg als Kreidfeuerstation prädestiniert. 1647 hatte sie die Verbindung zwischen Flaurling und Vellenberg herzustellen. 1662 wurde der Hofbaumeister Christoph Gumpp Pfandherr. Als 1703 bayerische Truppen in Tirol einfielen und Zirl besetzten, wurden die Mauern der Burg gesprengt. Auch der Maierhof unterhalb der Feste brannte nieder. Johann Martin Gumpp d. Ä. ließ zwar diesen wieder aufbauen, musste aber die weitgehend zerstörte Burg ihrem Schicksal überlassen. 1775 wird sie als „Stainhaufen“ beschrieben. Fragenstein gehörte bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts als Pfandbesitz der Familie Gumpp. Dann wurde es an Peter Fuhrmann, Andreas Maizger und Jakob Kuen verpfändet und schließlich 1843 verkauft. Im Jahr 1878 stürzte der Palas ins Tal hinunter, wodurch sogar die Zirlerbergstraße verlegt wurde. 1933 begann man mit Restaurierungsarbeiten. Zwischen 1974 und 1978 konnte die Ruine endgültig saniert werden Sie gehört heute der Gemeinde Zirl. Der obere Turm ist im Besitz der Familie Kuen, die ihn zum Teil wieder bewohnbar gemacht hat.

Durch ihre Lage am Rand der Schlossbergklamm war die Burg im Nordosten sturmfrei. Der steile Hang im Süden bot ebenfalls ausreichenden Schutz. Lediglich die deutliche Überhöhung im Westen und die Entwicklung immer besserer Belagerungsmaschinen musste später durch die Errichtung des Weinecker Turmes als Vorwerk ausgeglichen werden. Aus der Bauzeit der Anlage stammt nur der mächtige Bergfried. Seine Nordostmauer stürzte 1878 mit dem Palas in die Schlucht. Sie wurde 1976/78 wieder aufgebaut. Der quadratische Turm weist außen eine Seitenlänge von 7,4 m auf, der ein Innenmaß von 3,5 m entspricht. An den Balkenlöchern erkennt man, dass er einst zumindest viergeschossig war. Das nur durch einen schmalen Lichtschlitz beleuchtete Erdgeschoß diente vermutlich als Verließ des Gerichtes. An der Fassade sind vereinzelt Buckelquader zu erkennen. Im ersten Stock der Ostfront lag der Hocheinstieg, ein romanisches, von Hausteinen gerahmtes, rundbogiges Portal. Es war über eine hölzerne Treppe zugänglich. An der ungefährdeten Südseite befanden sich im ersten und zweiten Stock romanische Rundbogenfenster, wobei jenes im ersten Obergeschoß mit einer Sitznische ausgestattet war. Die Angriffsseite im Westen ist fensterlos. Wie die Spuren eines Wehrganges im zweiten Stock zeigen, dürfte der Bergfried ursprünglich nur bis hierher gereicht haben und erst später aufgestockt worden sein. Die Mauerstärke der oberen Geschosse ist auch deutlich schwächer als die der unteren. Nach der Aufstockung wurde im letzten Stock ein neuer Wehrgang angelegt. Wie Kamine im ersten und zweiten Stock sowie die Fensterbänke beweisen, diente der Bergfried nicht nur der Repräsentation und der Verteidigung sondern auch als Wohnturm.

An der Süd- und der Ostseite des Turmes war der Palas angebaut. Er wurde zu Beginn des 16. Jahrhunderts vergrößert und für Kaiser Maximilian I wohnlich eingerichtet. Die Umrisse seines steilen Giebeldaches sind an der Südfront des Bergfrieds noch zu erkennen. Lediglich ein Teil der Westwand des Palas hat dem Absturz von 1878 getrotzt. Diesem ist auch die Burgkapelle zum Opfer gefallen, die im ersten Stock des Palas lag. Das alte Burgtor befand sich nordwestlich des Turmes. Reste einer Sperrmauer zwischen Torturm und Bergfried sind noch erkenntlich. Vom Torturm selbst sind noch Relikte der Seitenmauern vorhanden. Im Westen des Torturmes überspannte eine etwa 30 m lange Brücke auf zwei gemauerten Pfeilern den Halsgraben. Wie üblich war ihr letzter Teil als Zugbrücke ausgebildet. Vermutlich in der Zeit der Spätgotik wurden im Süden und Osten der Ringmauer Nebentore angelegt. Der dorthin führende Steig musste teilweise aus dem Felsen gehauen werden. Die Ringmauer ist nur mehr in kümmerlichen Resten vorhanden. Sie war ursprünglich mit Zinnen versehen und mit einem hölzernen Wehrgang ausgestattet. Die Wasserversorgung der Burg wurde im Wesentlichen durch eine Zisterne gesichert, die an der Nordseite des Palas lag. Es gab auch einen Brunnen, der aber stets unter Wassermangel litt. Etwa hundert Meter nordwestlich und oberhalb der Hauptburg befindet sich ein weiterer bergfriedähnlicher Turm. Er stammt vom Anfang des 15. Jahrhunderts und wird nach seinen Bauherren „Weinecker Turm“ genannt. Sein Erhaltungszustand ist deutlich besser als jener des Bergfrieds. Das Pyramidedach wurde ihm erst im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts aufgesetzt. Er war fünfgeschossig und ist ca. 30 m hoch. Seine Bruchsteinmauern sind zwischen 1,60 und 2,0 m dick. Die Seitenlänge von 7,75 m entspricht jener des unteren Bergfrieds. Die Mauerkannten sind durch behauene Quadersteine verstärkt. An der Ostwand fällt im letzten Stockwerk eine hohe Rundbogenöffnung auf, deren Funktion bis heute rätselhaft ist. Der ursprüngliche Eingang lag im zweiten Stock der Ostseite. Heute kann der Turm durch eine ebenerdig ausgebrochene Tür betreten werden.

Lage: Tirol/Mittleres Inntal – oberhalb von Zirl

Besichtigung: die Ruinen sind frei zugänglich


Weitere Literatur:


28.07.2009