ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Viktring


Viktring hat eine sehr lange Vergangenheit. Als Schloss diente es aber nur knapp hundert Jahre lang. Der Name Vitrino tritt erstmals in einer – allerdings gefälschten – Urkunde von 1177 auf, die sich auf das Jahr 890 bezieht. Graf Bernhard von Spanheim begleitete 1142 Kaiser Konrad auf einen Kreuzzug ins Heilige Land, von dem er nicht mehr zurückkam. Zuvor hatten er und seine Gattin Kunigunde ein Zisterzienserstift in der sumpfigen Gegend östlich des Wörthersees, der damals wesentlich weiter nach Osten reichte, gestiftet. Die Klosterbrüder sollten das Land kultivieren. Aus Geldmangel zog sich der Bau bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts hin. Erst im Spätmittelalter ermöglichten große Schenkungen eine Blütezeit des Stiftes. Viktring wurde zu einem der reichsten Klöster Kärntens. Als es 1411 durch einen Brand weitgehend vernichtet worden war, konnte es relativ rasch wieder erneuert werden. Damals wurden auch die herrlichen Glasfenster und der Flügelalter in der Kirche angeschafft. Letzterer steht heute als „Wiener Neustädter Altar“ im Wiener Stephansdom. Die Angst vor drohenden Türkeneinfällen und Bauernaufständen führte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu einem Ausbau der Wehranlagen, die aus dem Stift eine riesige Wasserburg machten. Interne Zwistigkeiten zur Zeit der Reformation führten zu einem Niedergang des Klosters. Erst unter Abt Rainprecht kam es zwischen 1608 und 1643 zu einem neuerlichen Aufschwung. Der baufreudige Abt Benedikt Mulz gab dem Stift um die Mitte des 18. Jahrhunderts sein heutiges Aussehen.

Unter Kaiser Josef II wurde das Kloster 1786 nach 644-jährigem Bestand aufgehoben und zunächst vom k. k. Religionsfonds verwaltet. Wie bei den anderen josefinischen Klosteraufhebungen ging damals auch in Viktring wertvolles Kulturgut verloren.1788 wurden die Stiftsgebäude versteigert. Die Brüder Christian und Johann Moro verwandelten einen Teil der Anlage in eine Textilfabrik, in der um 1800 bereits an die 800 Arbeiter beschäftigt waren. Ein anderer Teil diente ihnen als schlossartiger Wohnsitz. Sie betätigten sich als Kunstmäzene und schufen den Viktringer Künstlerkreis, zu dem bedeutende Kärntner Künstler wie Markus Pernhart, Thomas Koschat und Josef Perkonig zählten. 1834 erwarb Fürst Johann von und zu Liechtenstein einige Stiftsgebäude und richtete sich darin wohnlich ein. Sein Sohn verkaufte sie aber bereits 1861 den Industriellen. 1897 gehörte das gesamte Stift der Familie Moro. 1915 erwarb Freiherr Josef von Aichelburg-Zossenegg die Tuchfabrik und das damit verbundene ehemalige Kloster. Auf ihn folgte 1940 die mit ihm verschwägerte Familie Dreihann-Holenia. 1945 wurden die Gebäude durch die hier hausenden jugoslawischen Ustaschas und russischen Vlassov-Soldaten devastiert. Die danach einquartierte englische Besatzung verursachte weitere Schäden. 1956 übernahm die Textilfirma Reichmann Stiftsgebäude und Fabrik. Letztere musste 1967 Konkurs anmelden. Schließlich erwarb der österreichische Staat 1970 den Komplex, restaurierte ihn und baute ihn zum Schulzentrum aus.

Das ehemalige Stift ist eine riesige dreigeschossige Anlage, die zwei große Arkadenhöfe umschließt. Außen ist es noch immer an drei Seiten von Teichen umgeben. Vom romanischen Altbestand der Spanheimer hat sich – wenn man von einem Portal der heutigen Sakristei einmal absieht - nichts erhalten. Aus der Zeit der Spätgotik stammen die halbrunden Türme in der Nordwestecke und in der Mitte der nördlichen Umfassungsmauer. Im Wesentlichen präsentiert sich Viktring aber heute als einheitlicher repräsentativer Barockbau aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, wenn auch seine Grundmauern teilweise noch aus dem Mittelalter stammen. Die Barockisierung unter Abt Benedikt Mulz erforderte so hohe Mittel, dass das Stift bis 1779 unter Zwangsverwaltung gesteckt wurde. Mulz ließ den dreiseitig mit Arkaden geschmückten Konventshof errichten. Außerdem war er für die Neugestaltung der Fassaden und die Neuausstattung aller Innenräume verantwortlich. Die 36-achsige barocke Südfassade des Stiftes ist 130 m lang. Ihre Obergeschosse werden durch Riesenpilaster gegliedert. Qualitätvolle Stuckdecken findet man im 16 m langen und 8,5 m breiten Barocksaal, dem ehemaligen Refektorium, im ersten Stock des Konventstraktes sowie in den Repräsentationsräumen des Südflügels. Sie wurden von Kilian Pittner um 1730 geschaffen. In der stichkappengewölbten Bibliothek, die heute als Freskensaal bezeichnet wird, befindet sich ein allegorisches Deckenfresko des Tiroler Malers Johann Gfall. Bemerkenswert ist die turmartige Prälatur. Dieser mit gotischen Breiterkern über der Tordurchfahrt ausgestattete spätmittelalterliche Bau wurde um 1778 im Tudorstil umgestaltet. Im Durchgang findet sich ein Wappen der Familie Aichelburg-Zossenegg. Die Stuckdecken in der im zweiten Stock befindlichen Wohnung des Abtes Johannes Moser stammen wohl ebenfalls von Kilian Pittner. Sehr stimmungsvoll ist der Marienhof mit seinen Arkaden und dem unter Abt Wilhelm Malle 1675 errichteten Marienbrunnen. Die Garten- und Parkanlagen, die das Stift umgeben, wurden von den Moro und Liechtenstein neu gestaltet.

Lage: Kärnten/Klagenfurt – ca. 6 km südwestlich des Stadtzentrums

Besichtigung: teilweise möglich


Weitere Literatur:


18.07.2009