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Ratmannsdorf


Die Ratmannsdorfer saßen bereits im 12. Jahrhundert auf der nordwestlich von Weiz liegenden ehemaligen Burg Alt- oder Ober-Ratmannsdorf. 1187 erfolgte die erste urkundliche Erwähnung des Dorfes Radmannsdorf (Villa Ratenstorff), das am nordöstlichen Ortsrand von Weiz lag. Als zu Beginn des 16. Jahrhunderts die alte Burg baufällig und schließlich durch einen Brand zerstört wurde, verzichtete man auf einen Wiederaufbau. Otto und Christof von Ratmannsdorf begannen um 1550 einen ihnen gehörigen Bauernhof zum Schloss auszubauen. 1565 waren die Arbeiten beendet. 1573 erbte Ottos Tochter Regina den neu erbauten Wohnsitz. Ihr Vetter, ein anderer Otto von Ratmannsdorf, beerbte sie. Durch die Auszahlung der Miterben gelangte er in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Nach seinem Tod wurde die Herrschaft 1602 wegen hoher Steuerschulden gepfändet und dem Abt von Admont zur Verwaltung übergeben. Anna, die Witwe des Otto von Ratmannsdorf, bemühte sich zwar, das Schloss wieder in Familienbesitz zu bringen, doch gelang ihr dies nicht. Nach langen Streitigkeiten konnte Friedrich Freiherr von Herbersdorf 1617 die Herrschaft übernehmen. 1623 lösten die in Leoben ansässigen Jesuiten alle Anspruchsberechtigten ab. Sie erweiterten die Anlage, gerieten aber bald in Gegensatz zu den benachbarten Herren von Stubenberg und dem Rat des Marktes Weiz, da sie entlaufene Malefizpersonen nicht mit dem nötigen Nachdruck verfolgten. Nach der Auflösung des Jesuitenordens wurde Ratmannsdorf 1773 Staatseigentum, doch kümmerte man sich wenig um seine Erhaltung. Johann Franz Anton Graf Khevenhüller-Metsch kaufte 1782 den Besitz und verband ihn mit seiner Herrschaft Thannhausen. Beide Güter fielen 1799 an Carl August Fürst Brezenheim und 1806 an den Reichsfreiherrn Ferdinand von Gudenus. Von 1841 bis 1858 war im Schloss die Militär-Erziehungsanstalt des Infanterieregiments Pirquet Nr. 27 untergebracht. 1842 erhöhte man den südlichen Schlossteil um einen Stock und richtete darin die Schule des Marktes ein. 1859 erwarben der österreichische Staat und die Gemeinde Weiz das Schloss. Seither wird es von verschiedenen Ämtern, u. a. der Bezirkshauptmannschaft und dem Bezirksgericht genutzt. Im ehemaligen Garten des Schlosses wurde 1911 ein Volksschulgebäude errichtet.

Schloss Ratmannsdorf, auch Unter-Ratmannsdorf genannt, liegt östlich der Weizer Altstadt am linken Ufer des Weizbaches. Es ist eine größere Gebäudegruppe, die in erster Linie aus dem dreistöckigen Hauptbau und mehreren turmartigen Seitentrakten besteht. Sie umschließt einen kleinen Hof. Zwei Erkertürme an den Ecken der Westseite und der quadratische Torturm geben dem Schloss ein wehrhaftes Aussehen. Dazu kommen noch etliche Wirtschaftsbauten. Ein von den Jesuiten erbauter hufeisenförmiger Bauteil im Süden, der sog. Jagdgang aus dem 17. Jahrhundert, wurde 1972 abgerissen. Ein zweigeschossiger Anbau an der Ostseite des Hofes weist im Erdgeschoß Pfeilerarkaden aus der Renaissancezeit auf. Die Säulenarkaden des Obergeschosses wurden später vermauert, aber bei der letzten Restaurierung freigelegt und verglast. Die gesamte Anlage war von einer mit Ecktürmen bewehrten Mauer umgeben, die zum Teil noch erhalten ist. Ein achteckiger und ein viereckiger Turm wurden restauriert. Die Wehrmauer umschließt auch den großen Garten. Das Schloss hatte einst zahlreiche Renaissance-Doppelfenster aus der dell’Allio-Schule aufzuweisen, doch wurden die meisten mittlerweile durch nüchterne Fenster ersetzt. Drei gekuppelte Fenster, darunter ein dreifaches, blieben an der Hofseite und am Torturm erhalten. An die einst prächtige Innenausstattung erinnert außer einigen Steinportalen nur noch ein Renaissancesaal mit einer qualitätvollen Wandvertäfelung von 1563, der seit dem Ende des 19. Jahrhunderts im Landesmuseum Joanneum in Graz ausgestellt ist. Bemerkenswert sind dessen Kasssettendecke und etliche Portale. Auch einige Renaissancefenster konnten durch die Transferierung ins Museum gerettet werden.

Lage: Steiermark/Oststeiermark – am östlichen Rand des Ortszentrums der Stadt Weiz

Besichtigung: während der Amtsstunden teilweise möglich


Weitere Literatur:


08.07.2009