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Landsee


Im Traditionsbuch des Stiftes Göttweig aus dem Jahr 1158 ist ein Gotscalcus de Landeshere erwähnt. Eine erste Burg dürfte kurz zuvor errichtet worden sein. Sie sicherte eine wichtige Straßenverbindung aus der Buckligen Welt nach Ungarn. Außerdem schützte sie gemeinsam mit Kirchschlag und Krumbach die Nordostgrenze der Steiermark. Im Urkundenburg von Steiermark wird 1173 ein Erchenger von Landesehre genannt. Dieser Ritter scheint auch in der Reimchronik des Geschichtsschreibers Ottokar von Steiermark auf. Die Landeshere waren Ministeriale der Grafen von Pitten und vermutlich eine Nebenlinie der steirischen Stubenberger. Bereits vor 1222 gelangte die Burg in den Besitz der ungarischen Krone. Sie bildete nun den westlichen Vorposten des Komitates Lutzmannsburg und war Teil jenes Burgengürtels, der die Westgrenze Ungarns gegen Österreich schützen sollte. Die Ungarn dürften den Namen Landeshere magyarisiert haben. Über Lándzsér wurde er im Laufe der Zeit zu Landsee. Von einem See ist hier im hügeligen Mittelburgenland jedenfalls weit und breit nichts zu sehen. Erster namentlich bekannter ungarischer Burgherr war Graf Nikolaus, ein Sohn des Barcz. König Belá IV übergab Landsee seinem Mundschenk Conrad. Da dieser sich aber auf die Seite des Böhmenkönigs Przemysl Ottokar II schlug, belehnte er 1263 seinen Truchseß und Gespan von Ödenburg, Laurentius Aba, mit dem Komitat Lutzmannsburg und dem dazugehörigen Landsee. Damals wurde das Bestehen einer Burg in Landsee erstmals urkundlich festgehalten. Die Familie Aba stammte aus dem heute burgenländischen Ort Neckenmarkt. Laurentius Nachkommen waren Gefolgsleute der Güssinger Grafen. Daher zählte Landsee auch zu jenen Burgen, die 1289 in der „Güssinger Fehde“ von Herzog Albrecht I erobert wurden. Es war dies die einzige Belagerung, die die Burg in ihrer langen Geschichte erlitt. Im Hainburger Frieden wurde die Herrschaft zwei Jahre später dem ungarischen König zurückgegeben. Eigentlich hätte die Burg vertragsgemäß geschliffen werden sollen. Wie weit dies erfolgt ist, kann man jedoch nicht mehr beurteilen. Nun hielten wieder die Athinai, ein Familienzweig der Aba, das Lehen. Siegmund, der letzte Athinai, führte einen langen Gerichtsstreit mit den mit ihm verwandten Grafen von Mattersdorf-Forchtenstein um die Herrschaft Landsee, der damit endete, dass diese 1425 an den Palatin Nikolaus Garai übertragen wurde. Die Garai waren damals das mächtigste Adelsgeschlecht Ungarns.

Schließlich setzten sich 1438 aber doch die Grafen von Mattersdorf-Forchtenstein durch. Die Herrschaft Landsee bestand damals aus 14 Ortschaften (neben Landsee noch Lackenbach, Lackendorf, Draßmarkt, Horitschon, Neckenmarkt, Ober- und Mitterpullendorf, Neutal, Raiding, Ritzing, Samesdorf, Sankt Martin und Sergen) und vier bereits abgekommenen Orten. Wilhelm von Forchtenstein, der letzte dieser Familie, verpfändete seine Güter an den Habsburger Albrecht VI, der Landsee 1447 kaufte und es an seinen Bruder Kaiser Friedrich III weitergab. 1459 fiel die Herrschaft Landsee-Lackenbach an den ungarischen König Matthias Corvinus. Er schenkte sie 1482 Ulrich von Grafeneck, der aber bereits 1475 als Inhaber aufschien. Ulrich war Hauptmann einer kaiserlichen Söldnertruppe, wechselte aber mehrfach die Fronten. Er war es, der den spätgotischen Ausbau der Hochburg vornahm. Darauf weisen die an verschiedenen Stellen angebrachten Wappen des Grafenecker hin. 1506 wurde Ulrich von Weisspriach, der auch Herr auf Kobersdorf war, zuerst Pfandherr und dann Eigentümer von Landsee. Seine Besitzungen lagen um Ödenburg herum, wodurch sich immer wieder Konflikte mit der Stadt ergaben. In der folgenden „Landseer Fehde“ heuerte Ulrichs Witwe Gertrud verschiedene Söldnerbanden, darunter jene des Räuberhauptmannes Franz Magutsch an, die vor allem Kaufleute überfiel und so den Handel der Ödenburger störte. Es herrschten bürgerkriegsähnliche Zustände. Landsee war zu einem Raubritternest geworden, in dem damals mehr als 200 Personen hausten. Schließlich wurde die Bande gefangen. Gertrud von Weisspriach starb vermutlich 1523 im Kerker. 1527 war auf dem Burgareal eine Kreidfeuerstation eingerichtet. Die Bedrohung hatte sich ja geändert. Einerseits waren die Habsburger nun auch Könige von Ungarn, so dass vom Westen keine Gefahr mehr drohte. Anderseits breitete sich die Herrschaft der Türken in Ungarn immer weiter aus, so dass Angriffe aus dem Osten wahrscheinlicher wurden.

Gertruds Sohn Hans übergab 1548 Landsee gegen eine Zahlung von 20.000 Gulden seinem Schwager, dem kaiserlichen Rat und Obergespan von Ödenburg, Erasmus Teufel. Als dieser von den Türken gefangen genommen und in Istanbul enthauptet worden war, erwarb der Erzbischof von Gran (Esztergom), Nikolaus Oláh, 1553 die Herrschaft. Er beauftragte seinen Neffen Nikolaus Császár mit der Verwaltung und schenkte ihm schließlich 1561 Landsee. Császár war bei seinen Untertanen nicht sehr beliebt. Einem Attentat war er nur knapp entkommen. Seit 1553 war Landsee auch Sitz eines Landgerichts. Inklusive einer Wachmannschaft von 17 Söldnern lebten damals nur 85 Personen in der Burg. Császárs Schwiegersohn Franz Dersffy begann knapp vor 1600 mit ihrem Ausbau zu einer mächtigen Festungsanlage. Er dürfte auch einen bereits im 15. Jahrhundert begonnenen Turm in den gewaltigen Donjon verwandelt haben. Als seine Tochter Ursula Dersffy 1612 in zweiter Ehe Nikolaus Esterházy heiratete, kam Landsee in den Besitz jener Familie, der es auch heute noch gehört. Nikolaus Esterházy kümmerte sich aber vorwiegend um den Ausbau des Schlosses Lackenbach und der Burg Forchtenstein. 1619 siegte er bei Lackenbach gegen die Truppen des Fürsten Gabriel Bethlen. Die Festung Landsee, die als Rückzugsort ausersehen war, kam nicht zum Einsatz. Erst unter seinem Sohn Paul Esterházy wurde die Burg ab 1666 der fortgeschrittenen Kriegstechnik entsprechend weiter ausgebaut. Er war auch für die Errichtung des Neuen Schlosses verantwortlich, wodurch die Wohnqualität von Landsee deutlich verbessert wurde. Die Burg diente während der Türkenkriege als Zufluchtsstätte für die Bevölkerung und als Arsenal für die Esterhazyschen Truppen, war aber keiner ernsthaften Belagerung mehr ausgesetzt, da die Türken wesentlich weiter im Norden nach Wien zogen. Da mittlerweile der Herrschaftssitz in das wesentlich wohnlichere Renaissanceschloss Lackenbach verlegt worden war, verlor Landsee mehr und mehr an Bedeutung

1707 wurde ein Flügel des Neuen Schlosses, in dem die fürstlichen Gemächer lagen, durch einen Brand schwer beschädigt. Bei der damit verbundenen Pulverexplosion sollen angeblich 300 Mann der Besatzung ums Leben gekommen sein. In der Burg waren damals zwar vorübergehend kaiserliche Soldaten einquartiert, doch ist die große Anzahl der Opfer kaum möglich. Außerdem lag das Pulvermagazin vom Neuen Schloss aus gesehen, am entgegengesetzten Ende der Anlage. In anderen, sonst sehr verlässlichen Quellen sowie im Esterházyschen Herrschaftsarchiv wird merkwürdigerweise nichts über eine Explosion berichtet und auch nur ein Todesopfer während des Brandes erwähnt. Die Burg wurde jedenfalls bald wieder instand gesetzt. Nachdem die Türken durch die Siege Prinz Eugens aus Mitteleuropa vertrieben worden waren und auch der Kuruzzeneinfall von 1707 überstanden war, kamen wieder friedliche Zeiten. Nach dem Frieden von Szatmar (1711) hatte Landsee seine militärische Bedeutung endgültig verloren. Die noch vorhandenen Waffen und sonstige Truppenausrüstungen wurden nach Forchtenstein gebracht. Die Herrschaft hatte sich mittlerweile auf 19 Dörfer und Märkte ausgeweitet. 1772 und 1790 brannte die Burg neuerlich. Der großzügige Fürst Nikolaus I von Esterházy war 1790 ebenfalls verstorben. Sein Sohn und Nachfolger, Fürst Anton, musste einen rigiden Sparkurs einschlagen, um seine angegriffenen Finanzen neu zu ordnen. An einen Wiederaufbau der weitgehend nutzlos gewordenen Festung war nicht zu denken. Die Verwaltung der Herrschaft wurde daher nach Lackenbach verlegt und die Anlage dem Verfall preisgegeben. Ihre Mauern dienten der umliegenden Bevölkerung als willkommener Steinbruch zum Bau ihrer Häuser. 1802 wird Landsee bereits als Ruine bezeichnet. Aus Rationalisierungsgründen wurde 1835 die Herrschaft Landsee/Lackenbach mit Kobersdorf vereinigt. Um die Ruine kümmerte sich vorerst niemand. Erst ab 1950 kam es durch einen örtlichen Verschönerungsverein zu Renovierungsarbeiten. Die endgültige Sanierung der Hochburg fand 1998 im Rahmen eines EU-Projektes statt. In den Jahren danach wurden im äußeren Burghof Sommerspiele und andere Veranstaltungen abgehalten.

Landsee ist eine der größten Burgruinen Europas. Die typische Spornanlage liegt auf einem Quarzitfelsen in beherrschender Lage über dem Stooberbachtal. Ihre Fläche beträgt 2,27 Hektar. Die Burg und spätere Festung wurde in fünf Bauetappen vom 13. bis zum 17. Jahrhundert errichtet. Gegen Norden und Osten war sie durch das steil abfallende Gelände gut gesichert. Hier reichte als zusätzlicher Schutz eine äußere und eine innere Ringmauer, wobei die letztere zugleich die Außenmauer der barocken Wohntrakte ist. Die Angriffsseite der Burg lag im Westen. Sie musste durch ein System künstlicher Wehrbauten geschützt werden. Der Hochburg sind im Westen zwei Ringmauern, zwei tiefe Gräben und ein dazwischen liegender breiter Wall vorgelagert. Die äußerste Mauer zog sich um den gesamten Felssporn herum. Sie ist 1700 Meter lang und durch zehn kleine, halbkreis- und keilförmige Halbtürme verstärkt. Mit einer Stärke von ca. 70 cm ist sie relativ dünnwandig und auch nicht sehr hoch. Ihre Errichtung erfolgte erst 1668. Damit gehört sie zu den jüngsten Teilen der gewaltigen Anlage. Sie ist nur mehr teilweise erhalten. Vor allem im Norden ist sie weitgehend zerstört. Zum Schutz des ersten Tores, das die Jahreszahl 1668 trägt, diente eine zweistöckige Bastei mit Wachstube. Hinter dem ersten Tor erstreckt sich ein breiter und tiefer Graben. Über eine auf Pfeilern ruhende Brücke gelangt man zum zweiten Tor, über dem ein breiter Gusserker angebracht ist. Darüber befand sich eine Wehrplattform. Vor dem Tor lag ursprünglich eine Zugbrücke. An die Torhalle war eine Wachstube angebaut. Der Torbau springt weit in den 30 bis 40 m breiten Graben vor, so dass man von ihm den zweiten Verteidigungsring - einen hohen Erdwall, auf dem sich ein Palisadenzaun hinzog – unter Flankierungsfeuer nehmen konnte. Dieser Wall wurde um 1600 errichtet, um den dritten Ring, eine Mauer, vor direktem Artilleriebeschuss zu bewahren. Vor dieser lag ein 15 bis 20 m breiter Graben, der halbkreisförmig die mittlere Burg schützte. Über ihn führte eine Holzbrücke, die zum Teil als Hebebalkenbrücke ausgebildet war, was man an den hohen Mauerschlitzen über dem Rundbogentor ersehen kann. Die dritte Toranlage ist ebenfalls mit einer Wachstube und einem Turm gesichert. Sie war mit dem Wappen der Weisspriach geschmückt.

Nun gelangt man in die geräumige Vorburg. An die Innenseite der Mauer lehnten sich mehrerer Wirtschafts- und Kasernenbauten. Auch Stallungen, das Zeughaus sowie das Gefängnis befanden sich hier. Diese Bauten sind längst verschwunden. Ihnen gegenüber lag das große Granarium, in dem das von den Untertanen abgelieferte Getreide aufbewahrt wurde. Dieser barocke Traidkasten war mit einem riesigen Pultdach gedeckt. Er dürfte in den Jahren 1660/70 errichtet worden sein, ist aber bis auf einen Teil der Erdgeschoßmauer verschwunden. Das einzige, zumindest noch teilweise erhaltene Gebäude im unteren Burghof ist der sog. Glockenturm. Er ist in einer Mischmauertechnik errichtet (Bruchsteine und Ziegeln). Der fünfgeschossige Bau trug einst eine Kuppel mit einer Laterne. Die Außenmauern dieses Hofes sind dreigeschossig mit Schlüssellochscharten in allen drei Etagen, so dass auch sie der Verteidigung dienen konnten. Die Scharten sind im Erdgeschoß aus großen Steinblöcken gebildet und in den Obergeschossen aus Ziegeln gemauert. Im Südteil des Vorhofes befand sich der für die Wasserversorgung der Festung wichtige Brunnen, der angeblich einst 88 m tief war. Am östlichen Ende des Hofes führt ein Treppenturm zur etwa 10 m höher gelegenen Hauptburg. Hier befanden sich Unterkünfte und Küchen. Ein schönes Renaissancetor führt schließlich in den eigentlichen Wohnbereich. Dieses vierte Tor wurde anstelle eines gotischen Rundturmes errichtet. Man gelangt nun in den oberen Burghof, der vom Kapellenturm der Hochburg dominiert wird. Hinter dem vierten Tor liegt auch das Neue Schloss. Es war der repräsentative Teil der Anlage. Sein großer Festsaal war reich mit Stuck geschmückt, ebenso die Fensternischen. Hier und in den anschließenden Räumen waren Ahnenbilder der Familie Esterházy aufgehängt.

Die zwischen 1470 und 1485 durch Ulrich von Grafeneck ausgebaute Hochburg wird im Westen durch den mächtigen Halbrundbau des Donjons geschützt. Dieser ist etwa 20 m breit und ebenfalls 20 m hoch. Kern des Donjons ist ein romanischer, fünfeckiger, keilförmiger Turm, der später mehrfach nach außen ummantelt wurde, bis diese Schildmauer eine Stärke von über 10 m erreichte. Auf der Wehrplattform hat sich ein riesiger Schwibbogen erhalten. Er stützte einst eine weitere quadratische Plattform, die im 16. Jahrhundert von Schwalbenschwanzzinnen begrenzt war. Seit dem Einbau einer Wendeltreppe im Jahr 2003 kann der Donjon wieder bestiegen werden. In seine Außenschale sind einzelne Buckelquader eingearbeitet. Als Spolien findet man Buckelquader auch an der südöstlichen Außenmauer der Hochburg. Im Süden schließt an den Donjon der ehemalige Küchentrakt an. Er war nur vom innersten Hof aus zugänglich. Das Untergeschoß diente als Vorratsraum. Die Küche ist zweigeschossig und quadratisch (5 x 5 m). Ihr hoher, aus Ziegeln gemauerter Kamin ist gut erhalten. Die Ostfront der Hochburg wird vom fünfgeschossigen Kapellenturm dominiert, der von zwei mächtigen Strebepfeilern gestützt wird. Die in der Oláh-Zeit erbaute spätgotische St. Ursula-Kapelle lag über zwei tonnengewölbten Untergeschossen. Sie war einst zweigeschossig, doch ist nur ihr Obergeschoß erhalten bzw. rekonstruiert. Ihr Kreuzrippengewölbe wurde von Konsolen getragen, die u. a. mit Wappen verziert waren. Eines davon ist jenes des Ulrich von Grafeneck. Sämtliche Wohnbauten der alten Burg liegen östlich des Donjons und waren durch dessen starke Schildmauer geschützt. Hier lagen – um einen dreieckigen Hof gruppiert – repräsentative Räume, die im 17. Jahrhundert von Pietro Antonio Conti ausgestattet und stuckiert wurden sowie die barocke Nikolauskapelle. Einige ruinöse Zimmer zeigen noch spärliche Stuckornamente. Durch einen, in der Barockzeit aufgestockten, gotischen Turm mit dem durch ein Fallgatter gesicherten 5. Tor gelangte man über eine Zugbrücke in den mittelalterlichen Teil der Burg. Er stammt im Wesentlichen aus dem späten 15. Jahrhundert. In der Südostecke des innersten Hofes ist ein aus Bruchsteinen errichteter, quadratischer Treppenturm angebaut. Seine hofseitige Kante zeigt schön behauene Quadersteine. Im Inneren führt eine aus Ziegeln gearbeitete Spindel bis in das dritte Geschoß. Den Hofmauern waren hölzerne Pawlatschen vorgebaut, die den Zugang zu den einzelnen Räumen der Hochburg ermöglichten. Sie und der Treppenturm dürften erst im 16. Jahrhundert errichtet worden sein.

Lage: Burgenland/Mittleres Burgenland – ca. 15 km nordwestlich von Oberpullendorf, nahe der niederösterreichischen Landesgrenze

Besichtigung: anfangs April bis Ende Oktober tgl. von 09.00 bis 18.00, Führungen sind möglich

Homepage: www.landseeaktiv.at


Weitere Literatur:


29.06.2009