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Pöchlarn


174 n. Chr. erbauten die Römer in Pöchlarn ein Kastell bzw. einen Marinestützpunkt für ihre Donauflotille, die den Limes zu schützen hatte. Das Kastell wurde Arelape genannt. In seinen Ruinen entstand vermutlich im 8. Jahrhundert die sagenhafte Harlungoburg. Sie dürfte an der Stelle der heutigen Pfarrkirche oder unmittelbar daneben gestanden haben. 832 schenkte König Ludwig der Deutsche dem Bischof Baturich von Regensburg das umliegende Gebiet. Um 950 residierte hier der auch aus dem Nibelungenlied bekannte Markgraf Rüdiger (von Bechelaren). Er hatte die zu König Etzel nach Ungarn ziehenden Burgunder gastfreundlich empfangen. Danach war Pöchlarn bis 984 Sitz der neuen Markgrafschaft Österreich unter dem ersten Babenberger Luitpold (Leopold I). Nachdem die Babenberger 984 ihre Residenz nach Melk verlegt hatten, übernahm das Bistum Regensburg die bestehenden Bauten und richtete darin einen Amtssitz für die von ihm bestellten Pfleger ein. Auf der Rückkehr von einem Ungarnfeldzug hielt sich König Heinrich III 1043 hier auf und stellte einige Urkunden aus. Unter Bischof Gebhard IV (1089 – 1105) wurde der Pflegerhof in den ehemaligen Wirtschaftshof an der östlichen Stadtmauer verlegt. Da sowohl die bischöfliche Pfarrkirche als auch der Pflegerhof außerhalb der alten Ortsbefestigung lagen, kann man annehmen, dass die Siedlung Pöchlarn im 10. Jahrhundert landesfürstlich war. Als neuen Wohnsitz erbaute man ein Festes Haus, das durch einen Graben und einen Zwinger geschützt war. Dieses wurde erstmals 1334 als Bischofshof bezeichnet. Die ersten namentlich bekannten Pfleger, die hier lebten, waren Chuno von Perkham (1130) und Christian von Harlungen (1156). Finanzprobleme zwangen das Bistum immer wieder, Pöchlarn zu verpfänden. 1391 wurde es sogar an die Wallseer verkauft, doch konnte es bereits 1413 von den Bischöfen rückerworben werden. Wie wichtig Pöchlarn für das Bistum Regensburg war, erkennt man daran, dass man 1447 sogar den Domschatz hierher in Sicherheit brachte.

Bischof David Kölderer ließ 1576 das Feste Haus durch seinen Pfleger Oswald von Fränkhing zum Renaissance-Wasserschloss ausbauen. Darauf weist eine rote Marmortafel im Stiegenhaus hin. In dieser Ausbaustufe ist das Schloss noch auf der Stadtansicht von Matthäus Merian aus dem Jahr 1649 zu sehen. Bis 1801 blieb es im Eigentum des Bistums Regensburg, diente als Verwaltungszentrum der umliegenden Güter und wurde von angestellten Pflegern betreut. Durch den Frieden von Luneville kam der gesamte Besitz des Bistums an den Kurfürsten und Erzbischof von Mainz Karl Theodor. Kaiser Franz II (I) ließ die Herrschaft 1810 einziehen und vorerst von der kaiserlichen Hofkammer verwalten. 1823 wurde sie öffentlich versteigert. Den Zuschlag erhielt Friedrich Ritter von Bors und Borod. Er ließ einen Anbau im Norden des Altschlosses abreißen und an seiner Stelle das sog. Neuschloss errichten. 1900 kam das Gebäude an die Freiherren von Tinti, die es bis 1985 besaßen. Auf Grund schwerer Kriegsschäden musste der Nordteil des Neuschlosses 1947 abgerissen werden. Letzte private Eigentümerin des Schlosses war Maria Amberger. Dann übernahm es die Stadt Pöchlarn. 2002 erwarb die „Schloss Pöchlarn Pflegeheim Betriebs- und Verwaltungs GesmbH“ den Bau. Sie ließ ihn umfassend restaurieren bzw. modernisieren. Seither dient das Schloss als gepflegte Seniorenresidenz und Pflegeheim. Bei den archäologischen Grabungen von 2003 wurden im Schlosspark Fundamente des römischen Kastells Arelape angeschnitten.

Ältester Teil der hakenförmigen Schlossanlage ist der 25 m lange und 10 m breite, dreigeschossige Südflügel. Seine Mauerstärke von bis zu 140 cm weist auf ein hohes Alter hin. Allerdings haben archäologische Untersuchungen in den Jahren 2002/03 eindeutig ergeben, dass die vorhandenen Mauern dieses Saalbaues nicht vom Festen Haus des 11. Jahrhunderts stammen können. Sie wurden vielmehr in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts datiert. Es dürfte jedoch bereits einen Vorgängerbau gegeben haben, worauf einzelne Bodenfunde hindeuten. Das Schloss wurde nach Norden hin mehrfach erweitert. Vom 1576 erfolgten Ausbau blieben nur der schmale, nördlich an den Saalbau anschließende Trakt sowie ein weiteres Stück der Ostfront erhalten. Diese grenzte an den einst wassergefüllten Schlossgraben, der dann gleichzeitig als Stadtgraben diente. Der Zugang zum Schloss erfolgte nicht wie heute von Osten her, sondern von der Kirche bzw. dem Pfarrhof im Westen. Der Graben, über den ursprünglich wohl eine Zugbrücke führte, wurde 1823 zugeschüttet. An seiner Stelle führt heute eine Straße am Schloss vorbei. Damals wurde auch der größte Teil des Nordtraktes abgerissen und durch einen Neubau im Stil des romantischen Historismus ersetzt. Der bergfriedartige, viergeschossige, quadratische Eckturm, der nordwestlich an den Altbau anschließt, ist nicht, wie man vermuten könnte, der älteste Bauteil des Schlosses. Er wurde wohl erst im 16. Jahrhundert errichtet. Sein pseudo-mittelalterliches Aussehen mit seinem Kranz von Schwalbenschwanzzinnen, den großen rundbogigen Fenstern und der vorkragenden Bogengalerie unterhalb der Traufe erhielt er erst im dritten Viertel des 19. Jahrhunderts.

Um den Eckturm hat sich ein Stück des ehemaligen Grabens erhalten. Er wurde bei der letzten Restaurierung wieder mit Wasser gefüllt. Er trennt das Schloss von den unpassenden modernen Zubauten, die 2003/04 im Zusammenhang mit dem Ausbau zum Seniorenheim errichtet wurden. Ebenfalls im dritten Viertel des 19. Jahrhunderts wurde der gesamte Südtrakt historistisch auf alt getrimmt. Außerdem wurden diesem zwei eingeschossige quadratische Ecktürme im Süden vorgelagert. Wegen des kriegsbedingten Abrisses von Teilen des Nordtraktes liegt die Einfahrt nicht mehr in der Mitte des Gebäudes. Über ihr erkennt man das Wappen der Freiherren von Tinti. Über dem genuteten Sockelgeschoß liegt die ehemalige Beletage. Die hier befindlichen Fenster sind mit verschiedenartigen neobarocken Verdachungen aus der Zeit um 1880/90 versehen. Im Stiegenhaus hat sich ein Fenster mit prächtigen Glasmalereien und einer Wappendarstellung von 1615 erhalten. Der Nordtrakt wurde erst nach 1900 von den Freiherren von Tinti eingerichtet. Aus dieser Zeit stammen einige Kachelöfen und neobarocke Stuckdecken. Der ehemalige Schüttkasten im Südosten des Schlosses ist mit diesem durch eine Mauer verbunden. Er ist zweigeschossig und mit einem Treppengiebel ausgestattet. Der Bau stammt aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, seine neobarocken Fensterkörbe aber erst vom Umbau im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts. Im Park stehen vereinzelte barocke Gartenskulpturen.

Lage: Niederösterreich/Donau – am östlichen Rand der Stadt Pöchlarn

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


13.06.2009