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Berneck (Bernegg)


Auf Grund von Bodenfunden ist anzunehmen, dass der markante Burgfelsen bereits in der Antike besiedelt war. Die heutige Anlage dürfte zu Beginn des 13. Jahrhunderts von den Herren von Bernegg erbaut worden sein, doch gab es bereits einen Vorgängerbau, der vermutlich im Auftrag des Bistums Regensburg im 11. oder 12. Jahrhundert entstand, das damals hier Grundherr war. Die Burg diente der Sicherung der wichtigen Straße über den Reschenpass nach Italien. 1225 wird ein Hegeno de Berneggo als Zeuge in einer Urkunde erwähnt, womit auch das Bestehen eines Herrensitzes dokumentiert ist. Die Herren von Bernegg waren zuerst Dienstmannen der Grafen von Ulten und dann unter Herzog Meinhard II landesfürstliche Ministeriale. 1368 betätigte sich ein Heinrich von Bernegg als Richter in Imst. Gegen 1396 starben die Bernegger im Mannesstamm aus. Margareta von Bernegg heiratete zuerst Viktor von Firmian und nach seinem Tod 1411 Sigmund von Annenberg. Seit 1415 befand sich die Burg in seinem Besitz. Im Aufstand der Tiroler Adeligen gegen Herzog Friedrich IV, an dem sich auch Hans von Annenberg beteiligt hatte, wurde Berneck schwer beschädigt. Es wurde von Herzog Friedrich IV (Friedl mit der leeren Tasche) konfisziert, doch übergab er es bald wieder als landesfürstliches Lehen der Familie. Diese verkaufte die Burg 1435 an den Schweizer Adeligen Hans Wilhelm von Mülinen. Er war ein Freund des Herzogs, dem er, als dieser 1416 vom Kaiser geächtet worden war, auf der Flucht von Konstanz nach Südtirol behilflich war. Angeblich fand der Herzog auch auf Berneck vorübergehend Zuflucht. Erst 1434 war Mülingen von Kaiser Sigmund in den Freiherrenstand erhoben worden. Er ließ die Burg wieder aufbauen und erweitern. Unter ihm erlebte Berneck seine Glanzperiode. 1457 erwarb Hans Kripp aus Hall die Feste. Sein Sohn veräußerte sie aber wieder an Hilprant Rasp zu Laufenbach. Dessen Tochter heiratete Albrecht Rindsmaul, der Berneck 1488 dem Gewerken Christian Tänzl verkaufte.

Kaiser Maximilian I erkannte die strategische Bedeutung der Burg und tauschte sie gegen das Schloss Tratzberg ein. Vermutlich war er aber auch an den Jagdmöglichkeiten auf Gämsen und Hirschen im Kaunertal interessiert. Die Veste diente ihm mehrfach als Jagdstützpunkt. Zu diesem Zweck ließ er sie wohnlich ausstatten. Ein von Jörg Kölderer 1531 angefertigtes Inventar gibt darüber Aufschluss. Rueland von Dieperskircher wurde als Dank für seine Leistungen im Krieg gegen Venedig 1517 mit der Burghut von Berneck betraut. 1530 trennten sich die Habsburger wieder von der Burg und verkauften sie an Johann Zott, der als Salzmaier von Hall reich geworden war. Dieser ließ vor allem die Innenräume den Erfordernissen der Zeit anpassen. Es gelang ihm auch das bisherige Mannlehen in ein Kunkellehen umzuwandeln, so dass auch seine Töchter erbberechtigt waren. 1667 befand sich Berneck im Besitz der Familie Fieger von Hirschberg, die 1699 durch Franz Christoph Freiherr von Rassler abgelöst wurde. Johann Andre von Pach zu Hansenheim, der die unweit gelegene Burg Bideneck besaß, kaufte 1728 auch Berneck, das er restaurieren ließ. Eine neuerliche Instandsetzung erfolgte 1819. Die Burg diente nun zeitweise als Sommersitz. 1876 wurde das Lehen allodialisiert, d. h. Berneck ging in das Eigentum der Familie Pach über. Ab 1870 begann jedoch der Verfall, da die Pachs nur mehr wenig Interesse an Berneck zeigte. Dieser konnte auch durch die folgenden Besitzer, Gottfried Knabl und Anton Kathrein, denen die Burg seit 1932/34 gehörte, nicht aufgehalten werden. Auf Betreiben des Denkmalamtes wurde 1941 die verwahrloste Kapelle wieder instandgesetzt. Dabei wurden interessante Fresken aufgedeckt. Der New Yorker Börsenmakler Rolf Roland kaufte die Burg 1961 Max Kathrein ab. Eine geplante Generalrestaurierung unterblieb jedoch. Vor dem endgültigen Verfall gerettet wurde die bereits zur Ruine gewordene Anlage erst 1976, als sie der Innsbrucker Architekt Ekkehard Hörmann und seine Gattin, die Kunsthistorikerin Dr. Magdalena Hörmann-Weingartner, kauften. Bis 1983 wurden sämtliche Bauten saniert und wieder bewohnbar gemacht. 1987 konnte auch die Burgkapelle mit Hilfe der Münchner Messerschmitt-Stiftung renoviert werden.

Die langgestreckte Burg liegt in 1070 m Seehöhe am Eingang des Kaunertals östlich von Kauns. Mit dem benachbarten Laudegg hat sie dessen spektakuläre Lage gemeinsam. Sie steht unmittelbar am Rande einer Felswand, die 130 Meter fast senkrecht abfällt. Im Norden und Osten ist sie aber bequem erreichbar, da hier eine Überhöhung durch das benachbarte Gelände gegeben ist. Aus diesem Grund musste die gefährdete Nordseite durch eine mächtige 80 m lange und etwa 15 m hohe Schildmauer geschützt werden. An der sturmfreien Südfront führt eine lange Fachwerkgalerie den Felsabbruch entlang. Dazwischen ist die Burg lediglich zehn bis vierzehn Meter breit. Die heutige Bausubstanz geht im wesentlichen auf den umfangreichen Umbau Mülinens von 1435/37 zurück. Die einzelnen Bauten gruppieren sich um drei kleine Höfe. Sie sind im Kern noch romanisch. Alle Mauern waren ursprünglich weiß und ockerfärbig verputzt und mit einer Quadrierung bemalt. Bei der letzten großen Restaurierung entschied man sich dafür, auf den Verputz weitgehend zu verzichten und die Schildmauer sowie den Turm steinsichtig zu belassen. Auffallend ist die Verwendung von gelbem Tuffstein für die Rahmen der Fenster und Türen. Auch die Eckquader und viele Kragsteine sind aus diesem leicht zu bearbeitenden Material soweit nicht vereinzelt Buckelquader zum Einsatz kamen. An der Nordseite führen zwei rundbogige Tore in die Burg. Über dem westlichen springt ein von drei Konsolen gestützter zweiteiliger Gußerker aus der Zeit um 1437 vor. Das darunter befindliche Fresko ist leider großteils zerstört, obwohl es um 1940 noch sehr gut erhalten war. Es stellte die Muttergottes sowie die Heiligen Bartholomäus und Romedius dar. Nur mehr schwer lesbar ist die Inschrift „S. Pardollmeuß pit fir uns“ (Heiliger Bartholomeus bitte für uns). Der eisenbeschlagene Torflügel ist mit einem Mannloch ausgestattet. Hinter diesem Tor liegt ein kleiner Zwinger, der zum inneren Tor führt.

Im Westen wird die Anlage durch den viergeschossigen, 20 m hohen Wohnturm abgeschlossen, der mit einigen Teilen der Ringmauer zum ältesten Baubestand der Burg gehört. Allerdings war er ursprünglich nur zweigeschossig und wurde erst unter Mülinen bzw. Kaiser Maximilian I um je ein Geschoß aufgestockt und bergfriedartig ausgebaut. Die damaligen Schwalbenschwanzzinnen wurden bei der Aufstockung vermauert. Der Turm hat eine Grundfläche von ca. 12 x 10 m und Wandstärken bis zu 2,5 m. An ihn schließt der ebenfalls von Mülinen errichtete Küchenbau an, vor dem die mit einem Holzboden abgedeckte Zisterne und eine Badestube lagen. Die Zisterne ist ein aus dem Schieferfelsen gemeißelter Schacht mit einem Durchmesser von 5 m. Der Palas befindet sich ungefähr in der Mitte der Nordfront. Er ist an den schönen Fenstern mit ihren Tuffsteingewänden erkenntlich. Sein östlicher Teil weist einen Grundriss von 9 x 9 m auf. Dies und seine besonders starken Mauern weisen darauf hin, dass sich hier einst der alte Bergfried aus der Mitte des 13. Jahrhunderts befunden hatte. Mülinen ließ ihn teilweise abtragen und in den Palas integrieren. Unter den Innenräumen ist vor allem eine gotische Stube bemerkenswert. Ihre Täfelung aus dem Jahr 1437 wurde 1940 - als Bernegg eine Ruine war – gemeinsam mit einem weiteren Getäfel ins Tiroler Volkskundemuseum Innsbruck transferiert, dort restauriert und später wieder an ihrem originalen Ort eingebaut. Die nahezu am Ostende der Anlage liegende spätgotische Burgkapelle ist durch den Kapellenhof vom Palas getrennt. Er diente und dient noch immer als Außenkirche bei Messen für die Ortsbevölkerung. Die alte Freikanzel in der Hofecke ist noch weitgehend erhalten. Bei Wallfahrten in das benachbarte Kaltenbrunn wurden hier oft Andachten abgehalten. Die fast quadratische Burgkapelle wurde nach ihrer Restaurierung 1987 neuerlich dem Hl. Bartholomäus geweiht. Über ihr ragt ein kleines Glockentürmchen auf. Oberhalb des gekehlten spitzbogigen Portals weist ein Wappenstein sowie eine Inschrift Hans von Mülinen als Bauherrn der Kapelle aus. Außerdem befinden sich hier drei guterhaltene Außenfresken. Auf einem ist der Baumeister Peter Koffel, der Mülinens Generalumbau leitete, als Edelmann dargestellt. Ein anderes Fresko zeigt den Hl. Bartholomäus. Eine weitere Bauinschrift sowie ein Mülinen-Wappen befinden sich an der inneren Eingangswand der Kapelle. An der Altarwand ist das Fresko einer Kreuzigungsszene zu sehen. Auch die Seitenwände waren bemalt. Am Fresko des Hl. Martin ist eine sehr frühe Darstellung einer Beinprothese abgebildet. Der runde Schlussstein des schweren Kreuzrippengewölbes zeigt das Allianzwappen Mülinen/Annenberg. Der Altarblock ist aus dem Felsen gehauen.

Lage: Tirol/Kaunertal – ca. 12 km südöstlich von Landeck

Besichtigung: Führungen finden von Juli bis anfangs September jeweils an Freitagen und Samstagen um 10.00 und 11.00 statt


Weitere Literatur:


02.06.2009