1497 verkaufte Georg Pockh sein hier stehendes Haus an Christoph von Ratmansdorf. Bereits im 16. Jahrhundert wurde der mittelalterliche Bau vergrößert und umgebaut. 1669 ließ Albrecht von Ratmansdorf den hinteren Teil des Gebäudes erneuern. 1742 befand sich dieses im Besitz des Grafen Alois Josef Kazianer, der es außen und innen umbauen sowie barockisieren ließ. Es entstand das heutige Palais. Alois Josef starb 1760. Die Familie Kazianer zu Katzenstein lebte ursprünglich in Krain und kam 1446 in die Steiermark, wo sie bald größere Besitzungen erwarb. 1615 wurde sie in den Freiherren- und 1665 in den Grafenstand erhoben. Bekanntestes Familienmitglied war der kaiserliche Obristfeldhauptmann Johann Kazianer, der sich im Kampf gegen die Türken mehrfach auszeichnete und von 1530 bis 1537 Landeshauptmann von Krain war. Nach der Niederlage von Esseg wurde er angeklagt, konnte aber flüchten. 1538 wurde er auf dem Schloss Kostainica in Kroatien von Graf Nikolaus Zrinyi ermordet. Die Grafen Kazianer starben 1823 aus. Seit 1813 gehörte das Palais den Grafen von Goess. Die herrschaftlichen Stallungen waren noch 1863 vorhanden. 1910 erwarb die Druckerei Leykam das ehemalige Palais und richtete hier ihre Direktion sowie Büro- und Verkaufsräume ein, nachdem sie es entsprechend umgebaut hatte. 1944 wurde das Haus durch Fliegerbomben schwer in Mitleidenschaft gezogen. 1950 wurden die zerstörten Gebäudeteile erneuert. Die Stuckarbeiten im Inneren wurden 1966/67 freigelegt und restauriert.
Das Palais Kazianer ist ein viergeschossiges Stadtpalais mit zum Teil noch mittelalterlicher Bausubstanz. Seine fünfachsige Fassade wird durch Lisenen und Sturzrahmen vertikal gegliedert. In dieser Form stammt sie erst aus dem Jahr 1910. Die Fenster mit ihren Steinrahmen gehen aber noch auf die Zeit um 1742/45 zurück. Ihre Verdachungen sind im ersten Obergeschoß gerade und im zweiten Stock segmentbogig. Bemerkenswert ist die barocke Portalanlage. Das rundbogige Steinportal wird von zwei Pilastern flankiert, die das gerade Gebälk tragen. Auf diesem sitzen zwei vollplastische Sandstein-Katzen, die eine reichverzierte Kartusche mit dem Familienwappen der Kazianer halten. Rechts und links davon standen Steinvasen mit Blumengehängen. Die rechte Vase ist nicht mehr vorhanden. Diesen Portalschmuck dürfte Johannes Piringer um 1742/43 geschaffen haben. Die stichkappengewölbte Durchfahrt in den Hof wurde 1975 in eine Passage verwandelt. Die Erdgeschoßräume sind weitgehend mit Stichkappengewölben aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts versehen. Ein stuckverziertes schmales Zweipfeiler-Stiegenhaus von 1742/45 mit Schmiedeeisengeländer führt in die oberen Geschosse. In den Räumen des zweiten Stocks hat sich die wandfeste Ausstattung von 1742/45 weitgehend erhalten. Neben den Holzvertäfelungen und den Türen mit ihren Messingbeschlägen trifft dies vor allem auf die Stuckarbeiten zu. Der straßenseitige Mittelraum zeigt an der Decke figürliche Reliefs. Im Zentrum erkennt man die Jagdgöttin Diana mit zwei Hunden. Besonders reich dekoriert ist der anschließende Raum im Westen. Seine Decke zeigt im Mittelspiegel Venus und Adonis, sowie zwei weitere Szenen mit Venus und Amor. Im östlich an den Mittelraum grenzenden Zimmer erkennt man den weintrinkenden Bacchus. Die Stuckdekorationen werden Pietro Angelo Formentini (um 1745) zugeschrieben. Ein schöner Barockofen wurde 1910 in das Palais Saurau verbracht.
Ort/Adresse: 8010 Graz, Stempfergasse 3
Besichtigung: weitgehend nur von außen möglich
Weitere Literatur:
27.05.2009