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Thierberg (Tierberg)


Die Freundsberger waren im Mittelalter eines der einflussreichsten Ministerialengeschlechter Tirols. Sie scheinen 1128 erstmals urkundlich auf, konnten aber bald mehrere Burgen im Unterinntal erbauen oder erwerben. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts dürften sie auch Thierberg zum Schutz ihrer Güter am linken Innufer errichtet haben. Als erster Burgherr wird Konrad von Freundsberg 1290 erwähnt, der auch unter dem Namen Chunrat von Tyrberch fassbar ist. 1303 wurde die kleine Burg von den Rattenbergern erobert, was aber nichts an den Besitzverhältnissen änderte, denn 1312 saß hier Thomas von Thierberg aus der Familie der Freundsberger. 1363 fiel mit Tirol auch der Thierberg an die Habsburger. Die Freundsberger hatten die Feste damals an Rudolf von Haslang verpfändet. Nachdem 1369 Kufstein an Bayern gefallen war, verkauften sie 1379 die Burg an die bayrischen Herzöge. Diesen ließen sie von Pflegern verwalten. Durch den Ausbau der Festungen Kufstein und Rattenberg ging die Bedeutung von Thierberg zurück, so dass die dortigen Bauten in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts dem Verfall überlassen wurden. Als Kaiser Maximilian I 1504 Kufstein eroberte, schenkte er Thierberg seinem Kammerdiener und seinem Türhüter, was auf den geringen Stellenwert hinweist, den die Burg damals hatte. Beide hatten sich aber kaum um ihren neuen Besitz gekümmert. Nun wechselten die Besitzer häufig. Als Christof Philipp Graf von Liechtenstein 1539 die Hofmark Thierberg als landesfürstliches Lehen bekam, wurde sie nur mehr als Burgstall bezeichnet. Zu einer Verbesserung kam es erst, als Georg Voglmayer 1584 Thierberg übernahm. Er ließ den bereits verfallenen Palas zur Hälfte wieder aufbauen, da er nun die Wallfahrtskapelle aufnehmen sollte. Voglmayer benützte die Reste der einstigen Ringmauer als Baumaterial für sein neues Haus unterhalb der Burg. 1653 ging das Lehen an Dr. Jacob Hueber, einem Innsbrucker Advokaten, über. Er wurde bald geadelt und durfte sich „von Tyerberg“ nennen. Seine Witwe verkaufte den Besitz 1691 an den Gewerken Franz Bernhard von Millau zu Weidenburg. Auch er stammt aus einer bürgerlichen Familie, die zuvor Müller hieß. Johann Georg von Millau zu Weidenburg konnte 1848 das Lehen in freies Eigen umwandeln. Dennoch verkaufte er noch im gleichen Jahr Thierberg an Roman Mayr, einem Kaufmann aus München. Sein Schwiegersohn Matthias Oberhummer erbte den Besitz, den er durch Grundzukäufe noch deutlich ausbauen konnte. 1939 verkaufte Hugo Oberhummer den Lehenhof mit den Resten der Burg an die Großindustriellenfamilie Henkel aus Düsseldorf. Sie blieb bis heute Grundeigentümer am Thierberg.

Die weithin sichtbare Burg liegt am höchsten Punkt eines bewaldeten Felsrückens am linken Innufer, gegenüber der Stadt Kufstein. Sie besteht heute nur mehr aus dem mächtigen quadratischen Bergfried und einem Teil des einstigen Palas, in dem sich eine vielbesuchte Wallfahrtskapelle sowie eine von 1676 bis 2004 bewohnte Einsiedelei befinden. Der viergeschossige Bergfried ist 21 m hoch. Der romanischen Erbauungszeit der Burg gehört aber nur die untere Hälfte an. Sein regelmäßig gelagertes Bruchsteinmauerwerk weist eine Stärke von bis zu 2,7 m auf. Im dritten Geschoß erkennt man seinen Hocheinstieg. Ansonsten wurde sein Inneres nur durch wenige Lichtschlitze an der sturmfreien Südostseite beleuchtet. Das Tor im Erdgeschoß der Nordostseite wurde erst später ausgebrochen, als der Turm keine wehrtechnischen Funktionen mehr hatte. Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts wurde die bereits stark ausgebrochene Mauerkrone saniert. Damals erhielt das oberste Geschoß seinen geraden Abschluss. 1995 stürzte die Südostecke des Bergfrieds ins Tal. 2001 wurde diese wieder aufgemauert und der bereits stark einsturzgefährdete Turm saniert. Das Innere wurde von den Thierberger Schützen als lokales Heimatmuseum gestaltet. Bei der nur wenige Meter vom Bergfried entfernten Wallfahrtskapelle handelt es sich um die einstige Burgkapelle, die aber bereits 1315 als Filialkirche der Pfarre Langkampfen bezeichnet wird. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts geriet sie in Verfall, doch wurde sie von Georg Voglmayer um 1584 wiederhergestellt. 1700 brannte sie durch die Unachtsamkeit eines Eremiten aus, wurde aber bald erneuert. Vor allem im 18. und 19. Jahrhundert erfreute sich die dem Hl. Johannes dem Täufer geweihte Wallfahrtskapelle regen Zuspruchs. 1811 wurde der Kirche eine Nachbildung der Muttergottes von Montserrat übergeben, die sich zuvor im Kloster der Englischen Fräulein in München befunden hatte. Damit wurde der Thierberg zu einem Marienwallfahrtsort. Die zweigeschossige Kapelle nimmt den größten Teil des Palasrestes ein. Das Kirchenportal ist spätgotisch. Die hölzerne Empore kann über einen angebauten runden Treppenturm erreicht werden, der in das Kircheninnere hineinragt. In den an die Kapelle anschließenden Wohnräumen hausten die Eremiten. Der turmartige Kapellenbau wird von einem mit Holzschindeln gedeckten Dachreiter überragt. Im obersten Stockwerk haben sich noch die alten kleinen Palasfenster mit ihren Sitzbänken erhalten. Von der einstigen Ringmauer existieren noch größere Teile an der Westseite. Sie weist eine auffallend regelmäßige Struktur auf.

Lage: Tirol/Unteres Inntal – oberhalb von Kufstein

Besichtigung: die Kapelle ist meist geöffnet, der Turm häufig gesperrt


Weitere Literatur:


23.05.2009