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Stockerau - Rathaus


In Stockerau gab es bereits im Hochmittelalter eine Burg, die sich jedoch nicht an der Stelle des späteren Schlosses und jetzigen Rathauses befand. Sie kann heute nicht mehr lokalisiert werden. Von manchen Lokalhistorikern wird sie neben der Pfarrkirche am Kirchenhügel vermutet. 1232 befand sie sich im Besitz des Hermannus de Stockerowe, einen landesfürstlichen Ministerialen. 1272 übergab sie König Ottokar II dem Aegidius von Preßburg. Später saß möglicherweise der Ritter Jans von Stokcherowe auf der nach wie vor landesfürstlichen Burg. Noch 1465 wird von ihr berichtet. Dann hören die urkundlich gesicherten Nachrichten auf. Kaiser Maximilian I erwarb 1540 die Herrschaft von den Haselbachern, die hier vermutlich ein Lehen besaßen. 1656 erbaute der kaiserliche Generalfeldmarschall Johann Christoph III Graf von Puchheim-Göllersdorf am heutigen Rathausplatz ein Wasserschloss. An seiner Stelle befand sich bereits im 16. Jahrhundert zumindest ein Bürgerhaus, dessen Substanz zum Teil in den Neubau einbezogen wurde. Bereits 1657 ging das neue Schloss an eine andere Linie der Grafen Puchheim über. 1707 gehörte es der Familie Schönborn, die es drei Jahre später an die Stockerauer Bürgerschaft verkaufte, die darin ihr neues Rathaus einrichtete. Obwohl das Schloss in einem guten Bauzustand war, veranlassten die Bürger 1738/39 einen großzügigen Barock-Umbau mit einer Neufassadierung des Ost- und des Nordflügels. Als Architekt wurde lange Josef Emanuel Fischer von Erlach vermutet, doch dürfte eher Franz Anton Pilgram die Pläne geliefert haben. Zu einem größeren Umbau, der sich vor allem auf das Innere erstreckte, kam es 1874 durch Ludwig Borowek. Im 20. Jahrhundert wurde das Gebäude mehrfach restauriert. Es dient der Stadt nach wie vor als Rathaus.

Das ehemalige Schloss nimmt die gesamte Westseite des Rathausplatzes ein, auf den die elfachsige Schauseite ausgerichtet ist. Ihr dreiachsiger Mittelrisalit trägt einen geschwungenen Giebel. In seiner Rundbogennische ist Justitia, die Göttin der Gerechtigkeit, zu erkennen. Die Fassade ist im Erdgeschoß gebändert. Bemerkenswert ist hier vor allem das große barocke rundbogige Holztor, auf dem ein riesiger Reichsadler aufgemalt ist. Die geschwungene Portalverdachung wird von je zwei Pfeilern und einer Säule getragen bzw. flankiert. Auf den Säulen stehen die Statuen der Wahrheit und der Stärke. Sie stammen von Johann Berann. Das Obergeschoß der Hauptfassade wird von den, mit qualitätvollen schmiedeeisernen Fensterkörben bestückten steingerahmten Fenstern dominiert. Sie sind mit profilierten Verdachungen und Solbänken versehen. Die vertikale Gliederung erfolgt durch ionische Pilaster, die im Erdgeschoß putzmäßig nur angedeutet werden. Über dem hohen Mansardendach erhebt sich ein Dachreiter mit Zwiebelhelm, dessen Spitze von einem Reichsadler gekrönt wird. Dieser Dachreiter hatte die Funktion eines Uhrturmes. Die übrigen Gebäudetrakte sind wesentlich schlichter gestaltet. Sie umgeben einen annähernd rechteckigen Hof. Ältester Bauteil ist der Südflügel. Die Gewölbeformen der dortigen Einfahrt weisen auf die Erbauung im 16. Jahrhundert hin. Die Gräben des einstigen Wasserschlosses sind längst verschwunden. Vom Hauptportal am Rathausplatz gelangt man zur Feststiege mit ihrer barocken Steinbalustrade. Im Treppenhaus ist ein großes Ölgemälde von Johann Georg Schmidt angebracht, das die Apotheose des Hl. Nikolaus darstellt. Es wurde 1720 geschaffen und befand sich ursprünglich in der Kapelle des Schlosses Schmida. Sehenswert ist auch der Große Sitzungssaal mit seiner figuralen Stuckdecke von 1769, die u. a. Kaiser Franz I und Kaiserin Maria Theresia zeigt. In einer Saalecke steht ein großer, reich verzierter Kachelofen. Er ist ein Werk des Stockerauer Hafners Philipp Winkler aus dem Jahr 1740. An den Wänden hängen sechs Ölbilder von Kaisern aus dem Hause Habsburg. Weitere Habsburgerporträts findet man noch in einem anderen Raum. Die Möbel gehen auf das Jahr 1893 zurück. Ansonsten sind die Zimmer modern und zweckmäßig eingerichtet.

Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 20 km nordwestlich von Wien

Besichtigung: während der Amtsstunden teilweise möglich


Weitere Literatur:


30.04.2009