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Lengenfeld - Neues Schloss


In Lengenfeld stand bereits im 11. Jahrhundert ein Festes Haus. Allerdings befand sich dieses nicht an der Stelle des heutigen Schlosses, sondern östlich davon, dort wo sich später der Komplex des Pudelhofes entwickelte. Als erster namentlich bekannter Bewohner des Festen Hauses wird in einer Göttweiger Urkunde von 1140 Wolfker de Lenginvelt erwähnt. Bei den Herren von Lengenfeld handelte es sich ursprünglich wohl um eine aus Bayern stammende Familie. Um 1378 dürfte die Herrschaft an die Familie Schad übergegangen sein. Herzog Albrecht III belehnte um 1387 Konrad Schad mit dem „mittleren und dem niederen Sitz zu Lengenfeld“. Herman Schad starb 1492. Er hatte keine männlichen Nachkommen. Seine Tochter Gertrud war in erster Ehe mit Bernhard von Seisenegg verheiratet. Ihr Sohn Georg von Seisenegg wurde 1493 mit der Herrschaft belehnt. Er wurde 1518 von Kaiser Maximilian I in den Freiherrenstand erhoben. Sein Sohn Christoph verkaufte Lengenfeld um 1535 und zog nach Italien, wo er in den Kreuzherrenorden eintrat. Als Käufer trat der Kremser Bürger Hans Espain auf. Christoph von Seisenegg hatte ihm die Herrschaft als Eigenbesitz verkauft, obwohl sie damals noch ein landesfürstliches Lehen war. Erst nach längeren Verhandlungen konnte er die Zustimmung des Kaisers erreichen, dass er Lengenfeld als freies Eigen besitzen durfte. Seine Witwe verkaufte es 1541 an die Brüder Bernhard und Thomas Beham von Friedesheim. Die Beham oder Böham waren ein altes niederösterreichisches Adelsgeschlecht, das sich bald nur mehr „von Friedesheim“ nannte und auf ihren ursprünglichen Namen keinen Wert mehr legte. Bernhard war Kammergraf und Thomas Münzmeister. Wie die meisten niederösterreichischen Adeligen waren auch die Friedesheim im 16. Jahrhundert Protestanten. Wilhelm Bernhard war ein bekannter Genealoge und Heraldiker. Er ließ im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts den alten landesfürstlichen Hof unterhalb des Schulhügels zum Renaissance-Wasserschloss ausbauen. Dieses wurde nun zur Unterscheidung von der alten Burg Neues Schloss genannt. Gegen 1602 erwarb Wilhelm Bernhard auch das Landgericht Lengenfeld, wodurch sich seine Einkünfte vergrößerten.

Sein Sohn Helmhard von Friedesheim war als eifriger Protestant führend im Horner Bund tätig. Er unterzeichnete 1620 auch die „Conföderation von Prag“, was einer Rebellion gegen die Habsburger gleich kam. Daraufhin wurde er von Kaiser Ferdinand II geächtet und musste nach der Schlacht am Weißen Berg fluchtartig das Land verlassen. Seine Besitzungen – darunter auch Lengenfeld – wurden konfisziert. Die Herrschaft wurde noch 1620 an Adolf Graf Althan verliehen, der aber sofort seine Rechte an das von ihm gestiftete Kremser Jesuitenkollegium abtrat. Kaiser Ferdinand II verfügte 1629, dass dem Orden das bisher landesfürstliche Lehen in freies Eigen umgewandelt wurde. Hans Albrecht von Friedesheim versuchte bis 1652 vergebens, die Herrschaft Lengenfeld für seine Familie zurückzubekommen. Nach der endgültigen Abwendung der Türkengefahr nahmen die Jesuiten am Schloss größere Veränderungen vor, wobei vor allem auf eine Verbesserung der Wohnqualität geachtet wurde. Die Wehreinrichtungen des Schlosses waren nun nicht mehr notwendig und wurden entfernt. Es gelang den Jesuiten, die Wirtschaftlichkeit des Gutes wesentlich zu verbessern und die Herrschaft durch Zukäufe zu vergrößern. 1773 wurde der Jesuitenorden vom Papst aufgehoben. Lengenfeld wurde wieder landesfürstlich und von staatlichen Beamten verwaltet. Dies war schon damals der Profitabilität sehr abträglich. Man entschloss sich daher zum Verkauf, der 1808 in Form einer Versteigerung erfolgte. Der niederösterreichische Statthalter Josef Thaddäus Vogt, Freiherr von Sumerau erhielt den Zuschlag. Über seine Tochter Katharina und ihren Gatten Max Freiherr von Ulm ging die Herrschaft 1854 an die Freiin Ursula von Ulm-Erbach über. 1888 erwarb der k. u. k. Hauptmann Georg Alesina von Schweitzer das Gut. Dieses blieb bis 1942 im Besitz seiner Familie, als es von seinem Enkel an die Deutschen Reichsforste verkauft werden musste. 1945 wurde der Besitz von der russischen Besatzungsmacht als Deutsches Eigentum beschlagnahmt und als USIA-Betrieb geführt. 1953 wurden Gut und Schloss von den Österreichischen Bundesforsten übernommen, die den Waldbesitz behielten und das bereits stark vernachlässigte Schloss 1971 an das Künstlerehepaar Christa Hauer-Fruhmann und Johann Fruhmann verkauften. Das Gebäude wurde in den Jahren 1976 bis 1978 revitalisiert und darin ein Maleratelier eingerichtet. Johann Fruhmann ist bereits 1985 verstorben. Frau Hauer-Fruhmann lebt und arbeitet auch heute noch hier.

Das Neue Schloss liegt im östlichen Bereich von Lengenfeld. Es ist eine zweigeschossige Anlage unter einem Walmdach, die mit dem Vischer-Stich von 1672 nichts gemeinsam hat, da auf diesem das Alte Schloss abgebildet ist. Im Nordtrakt des Neuen Schlosses ist hingegen der in Urkunden immer wieder zitierte „niedere Sitz“ enthalten. Die Schlossmauern wurden 1974 zum Teil von Johann Fruhmann mit ornamentalen Fassadenmalereien geschmückt. Die Gebäudekanten sind mit Ortsteinen eingefasst. Durch ein behäbiges rustiziertes Rundbogenportal gelangt man in den quadratischen Innenhof. Die Durchfahrt weist ein Stichkappentonnen-Gewölbe auf. Die vier Hoftrakte zeigen im Obergeschoß einen umlaufenden, flach gedeckten Laubengang. Seine geschnitzten Holzpfeiler sind reich mit manieristischem Rankenwerk verziert. Sie stammen aus dem späten 16. Jahrhundert. Die ehemalige Kapelle im Westflügel geht ebenfalls auf die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts zurück. In einigen Gängen haben sich Gratgewölbe erhalten. Die Bibliothek verfügt über ein unregelmäßiges Kreuzgewölbe. Die Wohnräume haben meist gekehlte Flachdecken mit geschweiften Stuckspiegeln. Auf Grund der Besatzungszeit hat sich von der beweglichen Einrichtung nichts erhalten. Das Schloss ist von einem Garten umgeben. An den Ecken seiner Begrenzungsmauer stehen vier auffallende niedrige Ecktürme. Sie zeigen einige hochrechteckige Scharten. Die spitzen Kegeldächer sind noch mit Holzschindeln gedeckt. Vom Alten Schloss sind nur geringe Reste vorhanden.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 5 km nördlich von Krems

Besichtigung: meist nur von außen möglich


Weitere Literatur:


24.04.2009