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Graz - Palais Lengheimb (Rindsmaul)


Beider Grundaufteilung von 1689 wurde dem innerösterreichischen Regimentsrat Bernhard Graf von Rindsmaul ein Grundstück in der heutigen Hans-Sachs-Gasse steuerfrei übergeben. Er ließ sich hier vermutlich durch den Baumeister Joachim Carlone das heutige Stadtpalais errichten. Noch 1719 kam dieses an die Grafen von Lengheim, die es bis 1803 besaßen. Diese Adelsfamilie stammte aus Krain, war aber bereits im 15. Jahrhundert in die Steiermark gekommen, wo sie 1620 in den Freiherren- und 1674 in den Grafenstand erhoben wurde. Sie besaß in der Mittel- und Oststeiermark mehrere Burgen und Schlösser, u. a. auch Pertlstein und Kapfenstein. Im Jänner 1719 gehörte das Grazer Stadtpalais dem Grafen Max Adam von Lengheim. Damals brach hier ein schwerer Brand aus, der am Gebäude großen Schaden anrichtete. Von 1804 bis 1813 gehörte das Gebäude dem Freiherrn Anton von Königsbrunn. Danach gelangte es in bürgerlichen Besitz. Die Familie Sessler, der das Haus ab 1827 gehörte, vermietete Teile davon. So war hier ab 1865 im zweiten Stock das Musikinstitut Johann Buwa mit dem Buwasaal, der Konzerten diente, untergebracht. Als die Stadtmauern und Basteien endgültig abgerissen wurden, ließ Katharina Reicher-Sessler 1860/61 das Palais um drei Fensterachsen an der Hamerlinggasse durch den Architekten Carl Follius verlängern. Dabei behielt man die barocke Fassadengestaltung bei. 1909 ging das Palais in das Eigentum der Arbeiterunfallversicherung über. 1945 wurde im Verlauf eines Bombenangriffes die gesamte Hausecke zerstört. Alexander Bogner leitete den Wiederaufbau 1948. 1961 wurden hier verschiedene Universitätsinstitute untergebracht.

Das Palais ist für das sog. späte Comaskenbarock der Steiermark typisch. Es ist ein stattlicher, dreieinhalbgeschossiger, L-förmiger Baublock, dessen beide Fassaden (Hans-Sachs-Gasse 3 und Hamerlinggasse 1) stockweise durch toskanische Doppelpilaster gegliedert werden. Lediglich am Zubau steht zwischen den Fenstern nur jeweils ein Pilaster. Die einzelnen Geschosse werden durch kräftige Gurtgesimse getrennt. Charakteristisch für das Gebäude sind die mächtigen, mit Schuppen und Akanthusdekor verzierten Konsolen im obersten Mezzaningeschoß. Sie stützen das stark vorkragende Kranzgesims. Das Erdgeschoß ist genutet. Die Fenster der beiden Hauptgeschosse tragen abwechselnd Dreieck- und Segmentgiebel. Der Haupteingang liegt in der Mitte der Front an der Hans Sachs Gasse. Es handelt sich dabei um ein steinernes Rundbogenportal. Die Rustizierung erstreckt sich auch auf die, auf starken Prellsteinen aufsitzenden, flankierenden Pilaster. Das zierliche schmiedeeiserne Oberlichtgitter zeigt Laubwerkmotive. In der darüber befindlichen barocken Akanthus-Kartusche erkennt man das viergeteilte farbige Wappen der Freiherren von Königsbrunn. Das Gebälk des Portals ist mit Blumenfestons verziert. An den blechbeschlagenen Torflügeln haben sich die Messing-Türklopfer in Form von Löwenköpfen erhalten. Sie stammen aus der Bauzeit und werden dem Hofgießer Metardus Reigg zugeschrieben. In den Kellerräumen sowie in jenen des Erdgeschosses haben sich die Kreuzgrat- und Stichkappengewölbe aus der Zeit um 1690 erhalten. Die um zwei solide Mauerpfeiler geführte Haupttreppe weist die für das Ende des 17. Jahrhunderts charakteristischen kantigen Baluster auf. Das Stiegenhaus musste 1948 zum Teil erneuert werden. Die ehemalige Ausstattung der einstigen Wohn- und Repräsentationsräume, zu der auch Stuckplafonds vom Ende des 17. sowie vom dritten Viertel des 18. Jahrhunderts gehörten, ist kriegsbedingt verloren gegangen. Das Fragment eines Deckenfreskos wurde 1948 abgenommen, restauriert und dem Grazer Stadtmuseum zur Aufbewahrung übergeben.

Ort/Adresse: 8010 Graz, Hans-Sachs-Gasse 3/Hamerlinggasse 1

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


19.04.2009