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Martinsberg (Martinsbühel)


Prähistorische Funde aus der La-Tène-Zeit weisen auf eine frühe Besiedlung des Martinsberges hin. Im 4. und 5. Jahrhundert befand sich hier die römische Militärstation Teriolis. Hier hatte ein hoher Nachschuboffizier seinen Amtssitz. Der Name Martinsberg geht auf die unmittelbar neben der Burg gelegenen Martinskirche zurück, die auf den Resten eines antiken Baues errichtet wurde. Im 6. Jahrhundert saß hier kurzfristig der rätische Bischof Martinus-Marcianus. Die Bezeichnung Martinsbühel kam erst im 19. Jahrhundert auf. Von einer mittelalterlichen Burg wird um 1290/95 erstmals berichtet. Bald danach wurde Martinsberg landesfürstlich. Die Burg, die die durch das Inntal führende Straße und eine Fähre über den Fluss kontrollierte, wurde von Pflegern verwaltet. Sie war jedoch weder Gerichtssitz noch Zollstätte. Als 1363 Gräfin Margarete Maultasch mit Zustimmung der Stände Tirol ihrem Vetter Rudolf IV von Habsburg übergab, behielt sie neben drei weiteren Ansitzen auch Martinsberg. Später verliehen die Habsburger die Güter am Martinsberg an die Herren von Mentlberg, denen das Lehen bis zu ihrem Aussterben 1537 gehörte. Unabhängig vom Gutsbesitz war im 15. Jahrhundert die Burg von Erzherzog Sigmund (der Münzreiche) an seinen Kämmerer Ulrich Ramung als Lehen vergeben worden. Ramung war auch Pfleger des benachbarten Fragenstein. 1481 nahm Erzherzog Sigmund die Burg wieder zurück und schenkte sie seinem Sekretär Ulrich Kneusl, der als Dompropst von Trient fungierte. Er ließ den Ansitz ausbauen, verkaufte ihn aber bereits 1497 an König Maximilian I. Dieser benützte Martinsberg, das schon Erzherzog Sigmund als Jagdschloss gedient hatte, als Stützpunkt für die von ihm so geliebte Gemsenjagd. Hier entstand auch die Legende von Maximilians Jagdabenteuer in der Martinswand. 1546 konnten die Tiroler den Einfall der schmalkaldischen Truppen abstoppen, da sie die an der Burg vorbeiführende schmale Bergstraße verschanzt hatten. Auch 1703 beim „Boarischen Rummel“ und 1809 in den Franzosenkriegen wurde die Straßenenge militärisch genutzt. Zu diesen Zeiten befand sich der Ansitz Martinsberg aber bereits längst in bäuerlicher Hand, da ihn die Tiroler Landesregierung 1647 verkauft hatte, um sich die dringend erforderliche Renovierung zu ersparen. 1886 erwarb der Innsbrucker Kaufmann Alois Hepperger die Anlage, verkaufte sie aber bereits zwei Jahre später an den katholischen Verein der Kinderfreunde in Salzburg. 1940 wurden die Benediktiner enteignet und der Palas zuerst als Heim für Südtiroler Auswanderer und dann als Kriegsgefangenenlager benutzt. Heutiger Eigentümer ist die Salzburger Erzabtei St. Peter, die in den benachbarten modernen Nebengebäuden eine Sonderschule betreibt. Der Palas befindet sich derzeit (März 2009) in Restaurierung.

Die Burg wurde auf einem langgestreckten Felsrücken, etwa 25 m über dem linken Innufer erbaut. Von der mittelalterlichen Anlage hat sich abgesehen von der Martinskirche nur der rechteckige dreigeschossige Palas, der als Festes Haus in den Jahren 1300 bis ca. 1313 errichtet wurde, erhalten. Das ursprünglich romanische Gebäude wurde aber später wesentlich verändert. Vor allem 1485 wurde seine Wohnlichkeit verbessert, wobei die Raumaufteilung abgeändert wurde. Von damals stammen auch das spätgotische, zweifach gekehlte Spitzbogenportal an der Westseite sowie die gotischen Fenster im Giebel des Krüppelwalmdaches. Letztere haben teilweise ihre Stabwerkrahmungen bewahrt. Zwischen den beiden Fenstern des zweiten Obergeschosses ist ein großer schwarzer Doppeladler auf gelbem Grund angebracht. Da der freistehende Bau unverputzt ist, kann man sein regelmäßig gelagertes graues Hausteinmauerwerk gut erkennen. Die Gebäudekanten sind aus abwechselnd übergreifenden Quadern gebildet. Bemerkenswert sind die Reste romanischer und gotischer Fenster. Die großen gekuppelten Fenster mit den Gusssteinrahmen im ersten Obergeschoß wurden aber erst von Alois Hepperger um 1886 ausgebrochen. Im zweiten Geschoß der Südwand hat sich ein vermauertes Rundbogenportal erhalten. König Maximilian I ließ an der Ostseite des Palas ein Haus für seine Jäger anbauen. Es diente später als Pferdestall und Kutscherwohnung. Unter Maximilian I wurde auch die Martinskirche erneuert und in den Burgbereich einbezogen. Sie gehört zu den ältesten Kirchen Tirols. Der Zwiebelhelm ihres Dachreiters über dem hohen Satteldach stammt erst aus der Barockzeit. Palas und Kirche waren von einer gemeinsamen Ringmauer umgeben. Ihre Reste sind erst im 20. Jahrhundert weitgehend verschwunden. Noch vorhanden ist das rundbogige Tor einer zweiten Mauer, die das Vorgelände im Westen und Süden umfasst. Erhalten ist auch ein Stück der spätmittelalterlichen Sperrmauer, die sich nördlich von Martinsberg an einen Hang der Martinswand hinaufzieht.

Lage: Tirol/Mittleres Inntal – ca. 8 km westlich von Innsbruck

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


15.04.2009