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Schönkirchen


Um 1175 wird ein Ulrich von Sconenkirchen mehrfach genannt. Wenige Jahre später scheint ein Leopold von Schönkirchen auf. Dietmar von Schönkirchen machte unter Friedrich II Karriere am herzoglichen Hof. Ab 1285 tauchen die Sonnberger und die Herren von Gerlos in Schönkirchen auf. Bei ihnen dürfte es sich vermutlich um die Lehensherren der Schönkirchner gehandelt haben. Diese starben um 1363 aus. Durch die Heirat der Brigitte von Gerlos mit Ulrich von Haslau wurde dessen Familie zum größten Grundherrn der Umgebung. Als Bernhard von Haslau starb, verkaufte seine Witwe Margarethe Schönkirchen 1469 an Rüdiger von Starhemberg. Ritter Sigmund Schnaidpeck kaufte 1492 die Herrschaft. 1529 wurde diese von durchziehenden türkischen Streifscharen geplündert. 1596 wird ein Freiherr Wilhelm von Schönkirchen erwähnt, dem auch Angern, Ollersdorf und Stillfried gehörte. 1603 trennte er sich wieder von Schönkirchen, das Siegmund Freiherr von Landau erwarb. Da sich dessen Familie am protestantischen Adelsaufstand gegen Kaiser Ferdinand II beteiligt hatte, wurde ihr die Herrschaft 1621 konfisziert. Die Hofkammer verkaufte sie bereits im nächsten Jahr an Adam Freiherr von Herberstein. 1645 verwüsteten die Schweden den Ort. Zu den folgenden Besitzern zählten Franz Anton Graf Caretto von Grana, Maria Henriette Herzogin von Arenberg und Nikolaus Wilhelm Beckher Freiherr von Wallhorn. Letzterer war der Leibarzt von Kaiser Leopold I. Er ließ 1692/95 anstatt der alten Veste ein neues Schloss im ländlichen Barockstil erbauen. Dieses war wesentlich einfacher als die damals in Mode gekommenen sonstigen Marchfeldschlösser. Immerhin hatte es mehr als 60 Zimmer, elf Kammern und vier Küchen. Nach der Schlacht von Deutsch-Wagram richteten die Franzosen 1809 im Schloss ein Feldspital ein. Die heutige klassizistische Anlage stammt von Erzherzog Rainer, der 1822 Schönkirchen von Franz Freiherr von Plankenstern kaufte und auch den großen Schlosspark im englischen Stil anlegen ließ. Er war ein Sohn Kaiser Leopolds II und Vizekönig von Lombardo-Venetien. Sein Nachfolger wurde Erzherzog Ernst. Nach der Schlacht von Königsgrätz hielt König Wilhelm I von Preußen in Schönkirchen eine demonstrative Siegesparade von 60.000 Soldaten ab. Er dinierte anschließend im Festsaal des Schlosses. 1908 wurde das Schloss von Gustav Löw erworben und 30 Jahre später nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland enteignet. Dies führte 1945 zur Beschlagnahme durch die russische Besatzungsmacht als „Deutsches Eigentum“. Sie brachte darin die Ortskommandantur unter, was das Gebäude vor noch größeren Verwüstungen rettete. Später befand sich hier die Verwaltung der ÖMV, deren erste Erdölbohrungen im Gebiet von Schönkirchen erfolgreich waren. Nach der Rückstellung blieb Schönkirchen bis 1956 bei der Familie Löw. Das gut restaurierte Schloss gehört heute der Familie Legler von Diesbach.

Das dreigeschossige Gebäude liegt inmitten eines ausgedehnten Parks etwas erhöht am Südrand des Dorfes. Es ist daher von außen kaum sichtbar. Auf einem Stich von Georg Matthäus Vischer aus dem Jahr 1672 ist es als kastenartiger Bau dargestellt, der auf einem flachen Erdhügel steht und von einem Wassergraben umgeben ist. Davon ist heute nichts mehr zu sehen. Vom Grundriss her ist Schönkirchen eine Dreiseitanlage. Seine Hauptfront begrenzt mit zwei zweigeschossigen Seitenflügeln einen parkseitig gelegenen Ehrenhof. In der Mitte der Hauptfront springt das Treppenhaus über alle drei Geschosse vor. Er ist mit einem sehr flachen Pyramidendach gedeckt. An den Seitentrakten erkennt man noch je drei vermauerte Rundbögen. Hier befanden sich die Einfahrten zu den Remisen und Stallungen. Die zur Straße gerichtete elfachsige Hinterfront macht einen recht nüchternen Eindruck, der durch ihre Wuchtigkeit verstärkt wird. Im Kern des Haupttraktes hat sich der barocke Vorgängerbau erhalten. Die 1822 erfolgte Aufstockung hat die Proportionen aber ungünstig verändert. Die Gebäudeecken werden durch eine Ortsteinquaderung betont. Eine kleine Attika zeigt das Doppelwappen der Familie Erzherzog Rainer. Die Fenster der Beletage weisen einfache Parapete und gerade Verdachungen auf. Lediglich im kaum vorspringenden dreiachsigen Mittelrisalit sind letztere segmentbogig. Im ersten Obergeschoß liegt der sog. Rittersaal. Seine Kassettendecke (1822) weist zum Teil noch den klassizistischen Golddekor auf. Die Wohnräume sind weitgehend neu gestaltet. Zwei quadratische Eckräume sind kreuzgratgewölbt. Östlich des Schlosses liegt der ehemalige Meierhof mit dem Schüttkasten aus dem ersten Viertel des 18. Jahrhunderts. Der prächtige Park Erzherzog Rainers ist seit 1908 in seiner damaligen Form nicht mehr erhalten. Die heutige Anlage ist wesentlich verkleinert.

Lage: Niederösterreich/Marchfeld – ca. 4 km nordwestlich von Gänserndorf

Besichtigung: nicht möglich


Weitere Literatur:


29.03.2009