ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Graz - Palais Welserheimb


Sigmund Graf von Stubenberg war um die Wende des 17. zum 18. Jahrhundert eine wichtige Persönlichkeit in der Steiermark. Er war hier Generaleinnehmer und Kriegszahlmeister, was ihm ein beträchtliches Einkommen sicherte. 1689/94 ließ er sich durch den Baumeister Joachim Carlone auf einem Grundstück, das ihm von den steirischen Ständen überlassen worden war, ein Palais errichten. Der Baugrund lag in der damals die Stadtmauer entlang führenden Neugasse. Der damals viel beschäftigte Joachim Carlone ist vor allem als Architekt der Pöllauer Stiftskirche bekannt. Auf einem Stich aus dem Jahr 1699 ist das Palais als freistehender Dreiflügelbau dargestellt. Es blieb bis 1801 im Besitz der Familie Stubenberg. Nach dem Tod von Wolfgang Graf von Stubenberg kaufte es Josef Graf Welser von Welserheimb. Seine Nachkommen besaßen das Palais bis 1956. In dieser Zeit wurden Teile des Hauses immer wieder vermietet. So wohnte hier 1812 ein Bruder Napoleons unter dem Pseudonym Comte de Saint-Leu. Napoleon hatte ihn zuvor als König von Holland eingesetzt, doch war er nach dem Sturz des Kaisers von dort vertrieben worden. Als die Grazer Stadtbefestigungen abgebrochen wurden, kauften die Welserheimb die an das Palais angrenzende Landschaftsbastei und ließen hier einen vielbewunderten Terrassengarten anlegen. Nach weiteren Abbrucharbeiten wurde unter Leopold Graf von Welserheimb 1861 das Gebäude durch Joseph Mixner um zwei Achsen verlängert und an der Südseite eine Wagenremise mit Stallungen angelegt. Dadurch wurde die ursprünglich U-förmige Anlage geschlossen. 1911 mietete sich im Gebäude die Böhmische Unionbank ein. Zwischen 1924 und 1957 befand sich hier das Restaurant Reif. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Ostflügel durch Fliegerbomben teilweise zerstört. Die Schuhfabrik Humanic, die das Gebäude 1956 erworben hatte, verkaufte es bereits 1959 an die Österreichische Länderbank. Nun wurden umfangreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt und der zerstörte Hofflügel erneuert.

Das viergeschossige Palais zählt zu den bedeutendsten Barockbauten der Grazer Altstadt. Es ist ein repräsentatives Eckhaus, wobei die Fronten an der Hans-Sachs-Gasse und am Eisernen-Tor-Platz jeweils neunachsig sind. Die Fassaden sind in den Obergeschossen durch Pilaster mit ionischen (1. Obergeschoss) und korinthischen (2. und 3. Obergeschoß) Kapitellen gegliedert. Im ersten und zweiten Stock tragen die Fenster Dreiecks- und Segmentgiebeln. Von diesen hängen Festons mit stuckierten Früchte- und Blumenbuketts herunter. Eine horizontale Gliederung der Fassaden erfolgt durch die Blendbalustraden der Fensterparapete. Die stärker dekorierten Baluster des zweiten Obergeschosses weisen darauf hin, dass sich dahinter die Beletage befindet. Das Erdgeschoß wurde – wie bei städtischen Bauten leider üblich – durch den Einbau von Geschäftsportalen entstellt. Immerhin hat sich hier der große rustizierte Portalrahmen in der Hans-Sachs-Gasse erhalten. Er wird dem Steinmetzmeister Bernhard Leykhauff zugeschrieben. Das rundbogige Portal wird von zwei toskanischen Dreiviertelsäulen flankiert, die ein stark vorkragendes Gebälk tragen. Es dürfte noch aus der Erbauungszeit stammen. Die Türflügel wurden zwar 1959 erneuert, doch hat man die 1693 vom Hofgießer Metardus Reig angefertigten zwei Türklopfer aus Messing (Löwenköpfe) wieder angebracht. Eine zweijochige Durchfahrt, deren Kreuzgratgewölbe auf Wandpfeilern ruht, führt in den Innenhof. Die dreigeschossigen Pfeilerarkaden am dortigen Hauptflügel wurden 1961 freigelegt und verglast. Die Innenräume wurden nach 1959 weitgehend erneuert und modernisiert. Das prächtige Stiegenhaus mit seinen zwei, von Balustraden begrenzten Treppenläufen geht noch auf die Erbaungszeit des Palais zurück. Die Treppe ruht auf toskanischen, korinthischen und ionischen Pfeilern. Die Gewölbe wurden in den Jahren 1691 bis 1694 reich stukkiert. Der ausführende Künstler ist nicht bekannt, doch kann aus stilistischen Gründen im ersten und zweiten Stock Josef Antonio Serenio vermutet werden. 54 Kartuschenfelder in der Decke des Treppenhauses und des Vorraumes zur Beletage wurden mit Fresken versehen. Dabei dürften drei verschiedene Maler tätig gewesen sein, von denen nur Matthias Echter gesichert ist. Die Fresken wurden 1959/61 stark restauriert und ergänzt.

Ort/Adresse: 8010 Graz, Hans Sachs Gasse 7/Am Eisernen Tor 1

Besichtigung: nur von außen möglich. Das Treppenhaus ist jedoch meist zugänglich.


Weitere Literatur:


23.03.2009