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Kraiger Schlösser


Zu den interessantesten Ruinen des Burgenringes, dem der Schutz der alten Herzogsstadt St. Veit oblag, zählen die sog. Kraiger Schlösser. Bodenfunde aus urgeschichtlicher Zeit beweisen, dass hier bereits sehr früh nach Eisen, Blei und anderen Erzen gegraben wurde. Es ist heute kaum vorstellbar, dass durch dieses einsame Waldtal einst eine Straße führte, in Bergwerken gearbeitet wurde und reges Leben herrschte. Schon im 11. Jahrhundert wurden die Herren von Kraig als Lehensträger der Landesherren bezeichnet. So blieb es auch das ganze Mittelalter hindurch. Im Jahr 1091 wird ein Dietricus de Kriwig erstmals urkundlich genannt. Er gilt als Stammvater der Herren von Kraig. 1147 wird auch das Tal um ihren Ansitz erstmals als „Chriwich“ bezeichnet, woraus sich schließlich der Ortsname Kraig entwickelt hat. Die Herren von Kraig waren eines der ältesten und bedeutendsten Kärntner Ministerialengeschlechter. Ihr Aufstieg begann im 12. Jahrhundert im Zusammenhang mit jenem der Spanheimer. Nahezu alle männlichen Familienmitglieder standen im Dienste der Kärntner Herzoge. Seit 1249 hatten sie das Truchseßamt inne. Damit hatten sie die Oberaufsicht über die Hofhaltung und das Gesinde des Landesherrn in der herzoglichen Burg von St. Veit. Die Kraiger Burgen waren so wehrhaft, dass sie nie ernstlich angegriffen oder erobert wurden. Lediglich 1269 mussten sie dem Böhmenkönig Przemysl Ottokar ihre Tore öffnen. Konrad I von Kraig begleitete Karl IV zur Kaiserkrönung nach Mailand. 1385 war er (Landes-)Hauptmann von Kärnten. 1374 wurde er Hauptmann in Krain. Sein Enkel Johann wurde 1449 von Kaiser Friedrich III nicht nur mit dem Obersterbtruchseßamt sondern auch mit dem Obersterbkämmereramt in Kärnten belehnt. Sein Grabstein hat sich in der Propsteikirche zu Kraig erhalten.

1466 wurden die Herren von Kraig in den Freiherrenstand erhoben. Außerdem erhielten sie auch das Recht, mit rotem Wachs zu siegeln. Damals wurde hier auch ein Landgericht eingerichtet. Als 1564 mit Konrad von Kraig, der schwachsinnig war und daher auch wenig schmeichelhaft „der Blödsinnige“ genannt wurde, die Kärntner Linie der Familie ausstarb, erbte dessen Schwester Barbara einen Teil des Besitzes. Ein Familienzweig war schon lange zuvor nach Böhmen ausgewandert und war nicht erbberechtigt. Barbara war mit Johann Graf von Hardegg verheiratet. Ihre Tochter Elisabeth hatte in zweiter Ehe Georg Graf von Nogaroll geheiratet. Dieser zahlte um 1566 die beiden übrigen Erben aus, so dass er nach dem Tod seiner Frau Alleininhaber der Herrschaft wurde. Die Erbämter der Kraiger durfte er aber nicht übernehmen. Erzherzog Karl verkaufte als landesfürstlicher Lehensherr seine Rechte 1570 an Georg Khevenhüller von Aichelberg, der aber den Grafen Nogaroll als Lehensnehmer vorläufig beließ. Unter seinem Sohn Sigmund Khevenhüller dürfte dieses Lehensverhältnis aber beendet worden sein. Als die Gegenreformation um 1629 in Kärnten ihren Höhepunkt erreichte, musste Paul Khevenhüller, Freiherr von Aichelberg, als bekennender Lutheraner das Land verlassen. Er zog nach Schweden, verkaufte aber zuvor die Herrschaft an den Freiherrn Ludwig Grotta von Grottenegg. Dessen Nachkommen wohnten nicht mehr auf Kraig, so dass die beiden Ansitze dem Verfall preisgegeben waren. Allerdings war ein Teil von Niederkraig noch bis zum Ende des 18. Jahrhunderts von Bediensteten bewohnt. 1682 erwarb Josef Wilhelm Graf von Kronegg, dem die Moosburg gehörte, auch die Kraiger Herrschaft. Diese gelangte aber bereits vier Jahre später in den Besitz des Franz Andreas von Mayerhoffen, bei dessen Familie sie bis 1806 blieb. Dann kaufte sie Josef Bogner, Ritter von Steinberg. Seit 1822 gehören die umliegenden Wälder mit den beiden Ruinen den Grafen Goess.

Die Kraiger Burgengruppe liegt weitab des Straßennetzes zwischen der Gemeinde Kraig und dem Schloss Frauenstein. Sie ist nur über Wanderwege zu erreichen. Das Ensemble besteht aus mehreren Teilen: der Hauptburg Niederkraig, dem mit einem Vorwerk ausgestatteten Hochkraig und einem zwischen den beiden Ruinen verlaufenden 40 m langen und 10 m hohen rundbogigen Aquädukt aus dem 15./16. Jahrhundert. Ihre vier Bögen überbrücken das enge Tal, in dem die ehemalige Römerstraße verlief. Aquädukte sind im Burgenbau sehr selten und wurden nur von besonders wohlhabenden Burgherren errichtet. Sie sind aber ein Beweis für die Bedeutung, die man damals den damit ausgestatteten Burgen gab. Hochkraig ist die ältere Burg und wird daher auch gelegentlich Alt-Kraig genannt. Es ist eine sehr gedrängte Gebäudegruppe, da der vorhandene Platz äußerst beschränkt war. Sie wurde im 12. Jahrhundert an der Südseite des Kraiger Berges auf einem schroffen Felsen errichtet, der fast 100 m über die Talsohle emporragt. Drei Seiten der Feste waren durch steile Felshänge geschützt. Lediglich die Nordwestseite musste durch einen etwa zehn Meter breiten Halsgraben gesichert werden, da sich hier ein flaches Vorgelände befindet. Ein schmaler, künstlich erweiterter Felseinschnitt führt zu Burg empor. Der steile Pfad zog sich dann um die Ostseite der Wehrmauer bis zum Burgtor an der Nordseite. Die aus Bruchsteinen errichtete Mantelmauer war etwa 6 m hoch und mit einem Wehrgang versehen. In nur ein bis zwei Meter Abstand umgibt sie den romanischen quadratischen Bergfried. Seine beiden Ecken der Angriffsseite – der Nordseite – sind abgerundet. Der Hochsteinstieg befindet sich im Nordosten. Große Teile des starkwandigen Turmes sind noch gut erhalten. In einem zweiten Bauabschnitt wurde an die ursprüngliche Turmburg ein kleiner Hof mit Palas und Kapelle angebaut. Der Bauplatz musste aber zuerst aus dem Fels geschremmt werden, beziehungsweise wurde dieser geschickt in den Mauerbau integriert. Aus Platzmangel musste die gotische Kapelle außerhalb der Ringmauer auf deutlich tieferem Niveau errichtet werden. Von ihr sind nur mehr geringe Reste vorhanden. Etwas nördlich von Hochkraig steht auf einem separaten Felsen ein dickwandiger romanischer Rundturm aus dem 12. Jahrhundert. Er diente als Vorwerk, wird aber auch als Fallturm (Gefängnisturm) bezeichnet.

Das deutlich tiefer gelegene Nieder- oder Neukraig wurde wohl errichtet, weil das enge Hochkraig keine Ausbaumöglichkeiten bot. Es ist eine ausgedehnte Wehranlage auf einem relativ breiten Felsplateau. Ihr größter Teil entstand vermutlich im späten 14. Jahrhundert. Seit 1998 finden umfangreiche Sicherungs- und Sanierungsarbeiten statt. Niederkraig ist wesentlich besser erhalten als Hochkraig. Auch bei seiner Errichtung wurde das Terrain geschickt ausgenützt. Das äußere Burgtor ist durch eine Flankenmauer mit dem oberhalb gelegenen Hof verbunden. Der Torbau wurde teilweise in den Fels gehauen. Ein auf einem vorgeschobenen Felsen hinter dem Tor gelegener freistehender Rundturm wurde 1730 zur barocken Schlosskapelle umgebaut, die dem Hl. Johannes Nepomuk geweiht ist. An ihrer Außenmauer sind zwei figürliche Römersteine angebracht. 1784, also zu einer Zeit, als sowohl Hoch- als auch Niederkraig bereits weitgehend verfallen waren, war die Kapelle noch ein beliebter Wallfahrtsort. Als Filialkirche war sie der Pfarre des Dorfes Kraig unterstellt. Nordöstlich des ersten Tores liegt das zweite, das durch einen kleinen Wachturm und ein an den Felsen angebautes Gebäude, das ebenfalls Wehrzwecken diente, geschützt wurde. Es führt auf eine etwas höher gelegene Terrasse. Rechterhand gelangt man in den geräumigen inneren Burghof. An seiner Ostseite befindet sich ein mächtiger fünfgeschossiger Bergfried aus der Zeit der Romanik. Er könnte ungefähr gleichzeitig wie Hochkraig erbaut worden sein. Um ihn herum standen gotische Zubauten aus dem 14. und 15. Jahrhundert.

Vom dreigeschossigen Palas des 16. Jahrhunderts sind nur mehr Teile der Außenmauern vorhanden. Er war einst dreigeschossig. Die noch gut erhaltenen Fenstergewände und –kreuze aus weißem Marmor weisen darauf hin, dass dieser Renaissance-Wohnbau recht aufwändig gestaltet worden war. Dringt man weiter nach Norden vor, so gelangt man zum äußeren Wehrturm, der ebenfalls einen bergfriedähnlichen Charakter hat. Sein ebenerdiger Eingang ist nicht original. Er wurde wohl erst im 19. oder 20. Jahrhundert ausgebrochen. Über ihm liegt ein Hocheinstieg, der nur über Holzleitern zu erreichen war. Aber auch er stammt nicht aus der Erbauungszeit, sondern vermutlich aus dem 16. Jahrhundert. Der ursprüngliche Zugang lag darüber im dritten Geschoß. Von ihm haben sich nur die seitlichen Wangen erhalten, während der Rundbogen längst ausgebrochen und abgestürzt ist. Auch das rechteckige Fenster im vierten Geschoß dürfte erst im 16. Jahrhundert eingesetzt worden sein. Daneben erkennt man drei trichterförmige gekuppelte Schlitzfenster. Manche Burgenfachleute meinen, dass sie für Signalzwecke verwendet wurden. Ähnliche Öffnungen findet man in Kärnten auch in Mannsberg, Liebenfels und Glanegg. Andere messen ihnen nur dekorative Bedeutung bei. Im Inneren deuten Verputz und Sitznischen darauf hin, dass dieser Turm zumindest zeitweilig auch Wohnzwecken diente. Vom fünften Geschoß aus gelangte man durch eine Tür auf einen umlaufenden, von Holzpfosten gestützten Wehrgang. Ob der Turm ein Dach hatte, ist heute nicht mehr festzustellen. Im Südwesten des inneren Hofes schloss sich ein großer Burggarten an.

Lage: Kärnten/Bezirk St. Veit - ca. 6 km nördlich von St. Veit

Besichtigung: jederzeit möglich


Weitere Literatur:


19.01.2009