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Wien - Unteres und Oberes Belvedere


Der gefeierte Feldherr Prinz Eugen von Savoyen hatte bereits ab 1693 mit Grundstückskäufen für den späteren Bau eines Gartenpalais am Rennweg begonnen. Diese nach Osten gerichtete Ausfallstraße war nach der endgültigen Vertreibung der Türken für die Anlage von Gartenpalais beim Wiener Adel sehr beliebt. Mit dem Fortschreiten seiner Karriere verfügte der Prinz über immer größere Mittel. So wurde die Anlage des Belvederes am Ende wesentlich größer, als sie anfangs geplant war. Im Jahre 1700 wurden erste Terrassierungen für den Garten durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt hatte noch die Errichtung des Stadtpalais Vorrang. Die Planungen für das Untere Palais erfolgten ab 1704 durch Johann Lukas von Hildebrandt. Die eigentlichen Bauarbeiten fanden ab 1714 statt. Eine eigene Ziegelei sorgte für die benötigten großen Mengen an Baumaterial. Da zwei Fresken im Marmorsaal und im ehemaligen Prunkschlafzimmer mit 1716 datiert sind, muss das Untere Belvedere zu diesem Zeitpunkt bereits weitgehend vollendet gewesen sein. 1717 dürfte die Orangerie fertig und schon mit seltenen Gewächsen bestückt gewesen sein, da sie damals der türkische Großbotschafter Ibrahim Pascha besichtigte. Das Untere Belvedere war das erste ebenerdige Lusthaus in den Wiener Vorstädten. Dieser bungalowartiger Bautyp war beim Trianon im Park von Versailles erstmals zur Ausführung gekommen. Zuvor waren hohe Sockelgeschosse üblich, die an der Gartenseite eine Grotte und an der Hofseite diverse Nebenräume wie Küchen und Vorratslager beherbergten. Wie in der Barockzeit üblich, errichtete Hildebrandt in den Jahren 1721/1722 am höchsten Punkt des Gartens ein Belvedere, allerdings in einer Größenordnung und Qualität, die alle anderen Bauwerke dieser Art in den Schatten stellen sollte. Dieser obere Palast diente fast ausschließlich der Repräsentation und war noblen Touristen, die sich auf einer der im Barock üblichen Kavalierstour befanden, zugänglich. Das Untere Belvedere hingegen war ein privater Bereich, der nur mit einer Einladung des Prinzen zu betreten war.

Nach dem Tode des Prinzen erwarb Kaiserin Maria Theresia 1752 den Sommerpalast von seiner Erbin und Nichte Viktoria Herzogin von Sachsen-Hildburghausen. Die kostbare Einrichtung war jedoch bereits verschleudert worden. So wurde die im Oberen Belvedere untergebrachte berühmte Gemäldegalerie um einen Bruchteil des Wertes an den Herzog von Savoyen und König von Sardinien, Carlo Emanuele III verkauft. Sie befindet sich heute in Turin. Erst ab dem Zeitpunkt der Übernahme durch das Kaiserhaus kam der Name Belvedere für die Gesamtanlage auf. Sie wurde zum kaiserlichen Lustschloss, konnte jedoch nie die Beliebtheit und Bedeutung von Schönbrunn erringen. Nach 1755 wurden der Marstall und die Nebengebäude des Unteren Belvederes als Quartier für die Deutsche Arcierenleibgarde und die Galizische Garde bestimmt. Über 150 Jahre lang dienten sie diesem Zweck. 1770 fand in der gesamten Anlage ein großes Fest für 2000 Gäste anlässlich der Vermählung von Maria Antoinette mit dem französischen Dauphin, dem späteren Ludwig XVI, statt. Sieben Jahre später veranlasste Kaiser Josef II die Übersiedlung der kaiserlichen Gemäldegalerie aus der Stallburg ins Obere Belvedere. 1890 wurde sie dann endgültig ins Kunsthistorische Museum verlegt, ebenso die kunstgewerblichen Bestände der Ambraser Sammlung, die seit 1808 im Unteren Belvedere ausgestellt waren. Die freigemachten Räume wurden durch Emil von Förster für den Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand adaptiert, der das Obere Belvedere von 1899 bis zu seinem Tod 1914 bewohnte. Er war der erste Habsburger, der hier seinen Hauptwohnsitz hatte. Da er Möbel im neobarocken Stil bevorzugte, wurden seine Räume damit neu ausgestattet. Neben einer elektrischen Beleuchtung erhielten die Wohnräume auch eine Zentralheizung. Außerdem wurden moderne Bäder und Toiletten installiert. Im Unteren Belvedere war seine Militärkanzlei angesiedelt. Im Kustodentrakt des Oberen Palais wohnte und starb der österreichische Komponist Anton Bruckner. Auch Richard Strauss bewohnte von 1925 bis 1944 ein Nebengebäude. Im Haupttrakt lebte in den Jahren 1917/18 der Bruder Kaiser Karls, Erzherzog Maximilian. 1924 wurde hier ein Teil der Österreichischen Galerie (Gemälde des 19. und 20. Jh.) untergebracht. Das Untere Belvedere beherbergte seit 1923 das Österreichische Barockmuseum, während in der ehemaligen Orangerie das Museum Österreichischer Kunst des Mittelalters seine Schätze zeigt. 1945 wurden beide Palais durch Bombentreffer schwer beschädigt. Die Gebäude wurden anschließend wiederhergestellt, doch sind vor allem wertvolle Fresken und sonstige Raumausstattungen verloren gegangen. Am 15. Mai 1955 wurde im Marmorsaal des Oberen Palais der Österreichische Staatsvertrag, der dem Land nach 17-jähriger Besetzung seine Unabhängigkeit wieder gab, unterzeichnet. Die letzte Generalsanierung der einzelnen Gebäude erfolgte zwischen 1988 und 1996. Nach der letzten Neuordnung der Belvedere-Sammlungen ist die österreichische Kunst vom Mittelalter bis zur Gegenwart im Oberen Belvedere zusammengefasst, während das Untere Belvedere für Sonderausstellungen zur Verfügung steht. Neben Schönbrunn ist heute das Belvedere das am besten erhaltene Gesamtkunstwerk Wiens.

Das Untere Belvedere war das eigentliche Wohnpalais des Prinzen, das er allerdings nur in den Sommermonaten und auch da nur selten nutzte. Es ist ein langgestreckter, eingeschossiger Bau, der die gesamte Breite des Gartens einnimmt. Er besteht aus dem siebenachsigen Mittelrisalit und zwei Flügelbauten mit Eckpavillons. Die Flügelbauten sind eine Besonderheit des Unteren Belvederes. Sie dienten als Orangerie und waren zur Aufnahme von Zitrusbäumen und anderen südländischen Pflanzen bestimmt. Später wurde ihr Inneres in Wohnräume aufgeteilt. Die drei Mittelachsen des Risalits sind zweigeschossig und reicher gegliedert als der übrige Bau. Die Bauplastik stammt vermutlich von Giovanni Stanetti. Im Gegensatz zu den bisher üblichen barocken Gartenpalästen verfügt das Untere Belvedere über keine repräsentative Freitreppe und auch über keine Grotte. Wenige Stufen führen in die Räume, die sich mit hohen französischen Fenstern gegen den Garten hin öffnen und diesen praktisch in den Wohnbereich einbeziehen. Die Ausgestaltung der prunkvollen Innenräume erfolgte durch Claude Le Fort du Plessy. Während der Eingang in den letzten Jahrzehnten an der östlichen Schmalseite des Palais lag, wo sich ursprünglich die Küche befand, betrat man das Gebäude ursprünglich an seiner Mittelachse, entweder vom Hof am Rennweg aus, oder aber vom Garten her. Diese Eingangssituation wurde vor kurzem wiederhergestellt. Man gelangte so direkt in den Marmorsaal. Der zweigeschossige, dreiachsige Prunksaal ist das Zentrum des Palais. Er ist mit rotbraunem Marmor verkleidet. Aus Adneter Marmor bestehen aber nur jene Bereiche, die einer stärkeren Abnützung ausgesetzt sein könnten. Alles Übrige ist Kunstmarmor. Das Deckenfresko schuf Martin Altomonte im Jahre 1716. Es stellt eine Allegorie auf den Sieg des Prinzen über die Türken in der Schlacht von Peterwardein sowie über die danach verliehenen Ehrengaben des Papstes dar. Prinz Eugen wird hier als Sonnengott Apoll dargestellt, der auf einem von vier weißen Pferden gezogenen Triumphwagen dahineilt. Die Scheinarchitektur stammt von Marcantonio Chiarini und dessen Schwiegersohn Gaetano Fanti. Auffallend sind die beiden großen Marmorkamine, auf denen aus weißem Stuck gearbeitete gefangene Türken sitzen. Um den Marmorsaal herum lagen die Wohnräume des Prinzen.

Das an den Marmorsaal angrenzende Paradeschlafzimmer war anfangs nicht zum Schlafen gedacht, sondern diente als offizieller Empfangsraum. Allerdings empfing der Feldherr seine Gäste nicht im Bett, wie es bei Ludwig XIV üblich war, sondern stehend davor. Erst nach der Fertigstellung des Oberen Belvederes verlegte er seine Empfänge dorthin und benutzte das Paradeschlafzimmer im Unteren Belvedere gelegentlich als privaten Schlafraum. Von dessen ursprünglicher Ausstattung haben sich das von Chiarini und Altomonte geschaffene Deckenfresko sowie zwei Supraportengemälde erhalten. Die beiden restlichen Supraporten befinden sich heute im links vom Marmorsaal angeordneten Speisesaal. Die einstige Stuckdecke ist nicht mehr erhalten. Hofseitig grenzte an den Speisesaal ein Bilderkabinett, das noch im 18. Jahrhundert in eine Kapelle verwandelt wurde. Diese ist zwar nicht mehr vorhanden, wohl aber ihre Wandverkleidung aus rotbraunem Stuckmarmor. Im westlichen Seitenflügel liegen die Prunkräume des Palais, wie der von Jonas Drentwett ausgemalte Groteskensaal. Dieser wurde im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört, aber bald wiederhergestellt. Er gilt heute als einer der schönsten Innenräume des Wiener Barocks. Seine Decke zeigt in den Ecken Allegorien der vier Elemente und dazwischen solche der vier Jahreszeiten. An den Wänden erkennt man u. a. die drei Grazien und die Schmiede des Vulkans. Prinz Eugen erhielt 1713 drei große antike Marmorstatuen geschenkt, die aus Portici bei Neapel stammten. Um diesen einen würdigen Rahmen zu geben, ließ er die Marmorgalerie im Westflügel einrichten, der eigentlich Nutzzwecken dienen sollte. Leider befinden sich diese Plastiken nicht mehr im Belvedere, da sie der sächsische Kurfürst Friedrich August III aus dem Nachlass des Prinzen erwarb. Sie werden heute in Dresden aufbewahrt. In den Wandnischen stehen jedoch lebensgroße mythologische Marmorstatuen von Domenico Parodi. Die Stuckdekorationen des Saales stammen von Santino Bussi. Der prächtigste Raum des Sommerschlosses ist das Goldkabinett. Zur Zeit des Prinzen Eugen befand es sich noch in seinem Stadtpalais in der Wiener Himmelpfortgasse. Nach dem Ankauf der beiden Palais durch die Kaiserin Maria Theresia ließ diese die Wandvertäfelung des dortigen Kabinetts abbauen und im ehemaligen privaten Schlafzimmer des Prinzen im Unteren Belvedere fast unverändert einbauen. Lediglich die korinthischen Pilaster in den Raumecken stammen nicht aus dem Goldkabinett sondern aus der Galerie des Stadtpalastes. Auch die Blumenmalereien in den Supraporten wurden erst um 1750 angefertigt. Nicht mehr vorhanden sind die zahlreichen chinesischen Vasen und sonstigen Porzellangefäße, die auf Konsolen vor den goldenen Wandvertäfelungen standen. Sie wurden teilweise durch Porzellan aus anderen Beständen ersetzt. Der Gesamteindruck wird durch die großen, in die Wände eingelassenen Spiegel verstärkt. In der Mitte des Raumes steht seit 1922 eine lebensgroße Statue aus weißem Marmor des Prinzen von Balthasar Permoser aus den Jahren 1718 bis 1721.

Der Zugang zum Oberen Belvedere erfolgte vom Linienwall, dem heutigen Gürtel her. Hier empfängt eine dreiteilige Toranlage mit prächtigen Schmiedeeisengittern die Besucher. Auf den beiden mittleren Torpfosten stehen Löwen, die Wappentiere des Prinzen. Sie halten vergoldete Wappenschilder, auf denen ein Herzogshut angebracht ist. Die Ordenskette des Goldenen Vlieses wird von Putten auf den Nebeneingängen präsentiert. Zwischen dem Tor und dem Palais liegt ein großes Wasserbecken, das einerseits bei Festen mit Gondeln befahren wurde und anderseits als Reservoir für die Wasserspiele des Parks diente. Das Obere Belvedere, das ausschließlich für Feste und Empfänge gebaut wurde, ist die Dominante der gesamten Gartenanlage. Es ist wesentlich prächtiger als das Untere Belvedere ausgeführt. Es gilt als Meisterwerk Hildebrandts und als einer der Höhepunkte der europäischen Barockarchitektur. Der langgestreckte Baukörper weist an der Gartenseite nicht weniger als 29 Fensterachsen auf. Auf der Hofseite sind es 27. Dennoch ist es dem Architekten gelungen, diesen massigen Bau durch die Zerlegung in Pavillons und Türme, durch die bewegte Führung der Dachlandschaft, durch die Auflösung der Wände in große Türen und Fenster sowie durch den reichen plastischen Schmuck der Fassaden fast schwerelos erscheinen zu lassen. Der dreizehnachsige Mittelbau ist dreigeschossig, die beiden anschließenden Flügel sind zweigeschossig. Vier achteckige, kuppelbekrönte Eckpavillons begrenzen das Gebäude. Besonders prächtig ist die Gartenfassade gestaltet. Der dreiachsige Mittelrisalit springt hier um eine Fensterachse aus der Bauflucht vor. Durch sein gebrochenes Walmdach überragt er alle übrigen Gebäudeteile. Sämtliche Dächer sind in Kupferblech ausgeführt, was durch dessen Leichtigkeit eine geringere Stärke der Außenmauern ermöglichte. Besonders zierlich wirken die Seitenfronten des Palais. Die beiden polygonalen Eckrisalite sind durch einen Altan im Obergeschoß verbunden. An der Hofseite werden die Besucher von einem riesigen vergoldeten Wappen des Prinzen im geschweiften Blendgiebel über der Portalzone begrüßt. Die Kutschen konnten praktisch bis in das Treppenhaus vorfahren. Die 1826 aus Witterungsgründen verglasten dreiachsigen Arkaden des Mittelrisalites waren bis dahin offen.

Das großzügige Treppenhaus wurde von Santino Bussi reich mit weißem Stuck versehen. Die Wandreliefs sind in ihrer Thematik Alexander dem Großen gewidmet. Das nicht mehr erhaltene Deckenrelief zeigte Alexander beim Zerschlagen des Gordischen Knotens. Die Prunktreppe führt lediglich in die Beletage. Alle anderen Geschoße sind nur über Nebentreppen an den Seiten des Treppenhauses zugänglich. Der Mittelrisalit beherbergt im Erdgeschoß die Sala terena und im Obergeschoß den großen zweigeschossigen Marmorsaal. Das Gewölbe der Sala terrena wird von vier mächtigen Atlanten getragen. Sie sind möglicherweise ein Werk von Lorenzo Mattielli und wurden erst später unter Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg aufgestellt, um die Statik des Gebäudes zu verbessern. Unter Hohenberg wurde der Saal, der sich ursprünglich in fünf Bögen zum Garten hin öffnete, gegen Ende des 18. Jahrhunderts geschlossen. Damit wurde Platz für die kaiserliche Gemäldegalerie geschaffen. Die gartenseitigen Säle des Erdgeschosses waren einst reich dekoriert. Ihr Originalzustand hat sich aber lediglich in einem an die Sala terrena anschließenden Raum erhalten. Während die Wände mit Scheinarchitekturen von Gaetano Fanti bemalt sind, zeigt das Deckenfresko von Carlo Innocenzo Carlone eine Allegorie auf Prinz Eugen, der hier wieder einmal als Apoll dargestellt wird. Wie beim Unteren Belvedere ist auch hier der in braunen und roten Tönen gehaltene Marmorsaal im Hauptgeschoß der zentrale Repräsentationsraum. Er liegt ungewöhnlicherweise an der Nordseite des Gebäudes, doch wurde seine Lage wegen der Aussicht gewählt, da man von hier aus die ganze Stadt überblicken konnte. Fünf große Fenster bieten ein Panorama, das vom Wienerwald bis zur Donauebene reicht. Trotz seines Namens sind auch hier nur die Türstöcke, die Fensterlaibungen und der Fußboden aus rotem Adneter Marmor gefertigt. Die Pilaster mit ihren vergoldeten Kapitellen und das darüber liegende Gebälk bestehen aus Stuckmarmor. Das große Deckenfresko ist ein Werk von Carlo Innocenzo Carlone. Es stellt eine Allegorie des Ruhmes des Prinzen dar. Die Architekturmalerei stammt von Gaetano Fanti. Sie lässt das flache Spiegelgewölbe wie eine Kuppel wirken. Die Ölgemälde über den Kaminen zeigen Tiere und Pflanzen aus der Menagerie und den Gewächshäusern des Belvederes. Sie wurden vom kaiserlichen Kammermaler Johann Ignaz Heinitz von Heinzenthal geschaffen. Im Marmorsaal wurde am 15. Mai 1955 von den Außenministern Österreichs, Russlands, Frankreichs, Großbritanniens und der USA der Österreichische Staatsvertrag unterzeichnet.

Das Paradeappartement, in dem Prinz Eugen seine Empfänge abhielt, liegt an der Gartenseite. Es besteht aus zwei Vorzimmern, einem Audienzsaal und dem Goldkabinett. Alle Räume sind durch eine Enfilade verbunden. Da das Gebäude im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt wurde, ist die originale Innenausstattung des Paradeappartements nur zum geringen Teil erhalten. Sie entstand unter der Leitung von Claude Le Fort du Plessy. Vor allem die Wandbespannungen aus Seide und Damast sind längst verloren gegangen. Die Möblierung war ohnehin nur spärlich. Sie bestand vorwiegend aus Wandtischen, zahlreichen Sitzmöbeln und etlichen Wandspiegeln. Die Supraportengemälde von Franz Werner Tamm befinden sich heute meist im Kunsthistorischen Museum. Noch vorhanden sind aber die Stuckdecken von Santino Bussi und seiner Werkstatt. In zwei Sälen des Ostflügels finden sich Deckenbilder des neapolitanischen Malers Giacomo del Pò. Das im nordwestlichen Eckpavillon liegende Goldkabinett wurde bei einem Brand 1950 zerstört, 1954 aber als Kopie wiedererrichtet. Sein von Francesco Solimena gemaltes Deckengemälde ist jedoch verloren. Die Privaträume des Prinzen lagen parallel zum Paradeappartement an der Hofseite des Hauptgeschosses. Sie waren wesentlich schlichter ausgestattet. Im südöstlichen Eckpavillon liegt die zweigeschossige Kapelle. Sie wurde 1723 vollendet, worauf ein Chronogramm über dem Altar hinweist. Ihre Ausstattung ist nahezu vollständig erhalten. Das Kuppelfresko stammt von Carlo Innocenzo Carlone, das Hochaltarbild von Francesco Solimena. Es zeigt die Auferstehung Christi. Im nordwestlichen Gebäudeflügel befanden sich die Gesellschaftsräume, zu denen ein Speisesaal, ein Kaffeezimmer und ein Spielzimmer gehörten. Außerdem war hier ein Appartement für besonders vornehme Gäste eingerichtet. Der vorletzte Raum des linken Flügels diente als Bildergalerie, doch war hier nur ein Teil der wesentlich umfangreicheren Gemäldesammlung des Prinzen zu sehen.

Der Belvederegarten ist nur in einer stark vereinfachten Form erhalten. Er wurde bereits 1850/52 verändert. Dennoch gibt er ein gutes Bild barocker Gartengestaltung. Seine Planung erfolgte durch Dominique Girard, einen Schüler von Le Notre und Gartenbauinspektor des Kurfürsten Max Emanuel von Bayern. Er schuf die Verbindung zwischen den beiden Palais, wobei sich dem Betrachter, je nach Standpunkt, immer neue Ansichten bilden. Die Niveauunterschiede zwischen dem flachen unteren Bereich, mit seinem Labyrinth und den schattenspendenden Bosketten, und dem leicht ansteigenden oberen Teil, der von den großen Parterres bestimmt wird, werden durch Treppenanlagen, Rampen und Kaskaden überbrückt. Vor dem Oberen Belvedere liegt ein großes Bassin, das die Silhouette des Gebäudes verdoppelt. Die Erhaltung der prachtvollen Muster der Broderien war sehr aufwändig, so dass diese bald vereinfacht wurden, wie schon ein Gemälde von Canaletto von 1759 zeigt. Von der ursprünglichen Ausstattung mit Skulpturen, deren Programm auf den Prinzen bezogen war, und den zahlreichen Wasserspielen hat sich ebenfalls nur ein Teil erhalten. Die heute entlang der Hecken aufgestellten Sandsteinskulpturen wurden erst 1850 aufgestellt. Sie gehörten früher zur Orangerie. Dominique Girard plante auch die Wasserspiele des Gartens mit ihren vielfältigen Brunnenskulpturen. Ein Problem war die Wasserversorgung. Dieses musste durch eine lange Leitung aus ausgehöhlten Fichtenstämmen gelöst werden. Angeblich wurde diese bis nach Ober St. Veit verlegt. Das südliche Gartentor ist wahrscheinlich das schönste Schmiedeeisenportal Wiens. Seit einigen Jahren sind Bemühungen im Gange, den Gartenparterres ihr ursprüngliches Aussehen wieder zu geben. Die mit verschiedenfarbigen Sanden, Ziegelsplitt und Glassplittern ausgelegten Broderien werden rekonstruiert. Vorbild ist ein Werk von Salomon Kleiner aus der Zeit um 1730. Während der große Garten wegen seiner Gestaltung und seiner Aussicht viel besucht war, blieb der schmale Kammergarten im Westen des Grundstücks weitgehend dem Prinzen vorbehalten. Seine Besonderheit waren die sieben Treillagepavillons, von denen noch zwei vorhanden sind. Im hinteren Teil des Kammergartens befand sich ein großes Vogelhaus, in dem im Sommer exotische Ziervögel und Geflügel gehalten wurden. An seiner Stelle steht heute ein Wohnhaus. Ein Gewächshaus, das 1730 zweitausend seltene Pflanzen beherbergte, schloss an das Untere Belvedere an. Manche Glashäuser waren bereits mit Fußbodenheizungen ausgerüstet. An der Ostseite des Oberen Belvederes lag die halbkreisförmige Menagerie des Prinzen, deren Tiere nach seinem Tod in den kaiserlichen Tiergarten des Neugebäudes kamen. Südlich davon, auf dem heutigen Gelände des Botanischen Gartens, befand sich der Küchengarten des Belvederes. Wie es im Barock üblich war, wurde auch er geometrisch gegliedert. Der Belvedere-Garten ist wie die übrigen Wiener Hofgärten seit 1779 einer breiten Öffentlichkeit zugänglich.

Lage: Unteres Belvedere – 1030 Wien, Rennweg 6 Oberes Belvedere – 1030 Wien, Prinz Eugen Straße 27

Besichtigung: Da in beiden Palais Museen untergebracht sind, können die Prunkräume während der Besuchszeiten (täglich 10.00 – 18.00) besichtigt werden.

Homepage: www.belvedere.at


Weitere Literatur:


22.12.2008