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Tentschach


Eine im Schloss Seltenheim 1236 ausgestellte Urkunde weist als Zeugen einen Fridericus de Stenzach auf, woraus man auf das Bestehen eines Herrensitzes schließen kann. 1274 stellte hier Philipp, der Sohn des Herzogs Bernhard von Spanheim für den Bamberger Bischof eine Urkunde aus. Die Burg dürfte damals bereits landesfürstlich und der 1284 genannte Hainricus de Tensach ein Ministeriale des Landesfürsten gewesen sein. Die Herren von Tentschach starben um die Mitte des 14. Jahrhunderts aus. Ihre Nachfolger als Burgherren waren zuerst die Gera und dann Servatius Pibriacher. Dessen Sohn Wolfgang verkaufte den Besitz um 1480 an Wilhelm Rumpf von Wulroß. 1569 wurde Moritz Rumpf vom Landesfürsten mit Tentschach belehnt. Er verkaufte die Herrschaft 1582 an Hans Pruggmayer. Ob es die Rumpf oder die Pruggmayer waren, die anstelle der mittelalterlichen Burg das heutige Renaissanceschloss erbauten, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. 1686 wurde es von Wolf Siegmund Pruggmayer an den Kärntner Landesverweser Johann Wilhelm Graf Attems veräußert. Dieser ließ das Gebäude restaurieren, doch verkaufte es sein Sohn bereits 1693 an den Tainacher Propst Karl Ludwig von Kliess. Von diesem ging Tentschach noch im gleichen Jahr an Clemens Ferdinand Freiherr von Kaiserstein über. Unter den Kaiserstein erfolgte ein aufwändiger Um- und Ausbau der Anlage. Als Johann Emanuel Freiherr von Kaiserstein 1848 starb, erbte seine Schwester Philippine den Besitz. Sie war mit Georg Göschen verheiratet, einem Offizier aus dem Lützowschen Freikorps. Die Familie Göschen betrieb in Leipzig einen bekannten Buchverlag. Oskar Göschen ließ nach 1886 größere Veränderungen im damaligen Zeitgeschmack vornehmen. Da das Schloss 1914 dem britischen Botschafter in Berlin, Sir Edward Goschen, gehörte, der dem englischen Zweig der Familie angehörte, wurde es als Feindbesitz sequestriert und als Erholungsheim für lungenkranke Soldaten genutzt. Nach dem Ersten Weltkrieg erhielt die Familie Goschen Tentschach zurück und behielt es bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im Zweiten Weltkrieg war das Schloss als Asylort für Benito Mussolini ausersehen. Heute gehört es dem Kärntner Maler Prof. Carlo Kos.

Schloss Tentschach ist auf Grund seiner beherrschenden Lage schon von weitem sichtbar. Es ist ein burgartiger dreigeschossiger Bau aus dem 16. Jahrhundert, dessen vier Flügeln um einen nahezu quadratischen Innenhof angeordnet sind. Starke Rundtürme überragen an drei Ecken die Wohntrakte. Sie trugen ursprünglich Zwiebelhelme, doch wurden diese im 19. Jahrhundert durch die heutigen Kegeldächer ersetzt. Auch der neoromanische Bogenfries, der unterhalb der Dachtraufe über alle Wände läuft und auch die Türme einbezieht, stammt vom Ende des 19. Jahrhunderts. Ältester Bauteil dürfte der Nordostturm sein. In seinem Erdgeschoß befindet sich die 1700 dem Hl. Nikolaus geweihte Schlosskapelle. Ihr Hochaltar mit dem prächtigen Akanthusrahmen wurde um 1700 von der Familie Kaiserstein gestiftet. Bemerkenswert sind die neugotischen spitzbogigen Maßwerkfenster mit den bunten Glasfenstern, die acht Wappen der einstigen Besitzerfamilien zeigen. Über dem schlichten Kapellenportal ist ein vorromanischer Symbolstein mit vier von Kreisen eingefassten Kreuzen zu sehen. Schauseite des Schlosses ist die fünfachsige Südfront. Hier befindet sich das einfach rustizierte Rundbogenportal. Darüber springt ein historisierender polygonaler Erker vor. In seinem unteren Bereich zeigt er die Wappen der Familien Kaiserstein und Goschen. Der dritte Wappenstein ist noch unbenutzt, trägt aber die Inschrift „wer Tentschach einmal erbt, der hat’s und hier ist für sein Wappen Platz“. Das Dach der Südfront wird durch einen hölzernen Dachreiter betont, der als Uhr- und Glockenturm fungiert. Die heute verglasten Pfeilerarkaden im Hof stammen aus dem 17. Jahrhundert. Die Innenräume mit ihrer qualitätvollen Einrichtung zeigen schöne Stuckplafonds und Türen sowie Fenster mit Butzen- und Wappenscheiben von Jakob Wald (Ende des 19. Jh.). Im Speisezimmer steht ein eingelegter Rundtisch mit drei Meter Durchmesser. Vor dem Schloss liegen die ehemaligen Wirtschaftsgebäude. Ein Teil der alten Ringmauer hat sich an der Südwestseite erhalten. Gepflegte Garten- und Parkanlagen trennen das Schloss von der vorbeiführenden Straße.

Lage: Kärnten/Klagenfurt-Umgebung – ca. 7 km nordwestlich des Stadtzentrums der Landeshauptstadt

Besichtigung: im Einvernehmen mit dem Besitzer möglich


Weitere Literatur:


02.12.2008