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Wolfpassing (Tullnerfeld)


Man vermutet, dass Wolfpassing ähnlich wie das benachbarte Zeiselmauer eine karolingische Gründung des 9. Jahrhunderts ist. Der Ort wird 1108 als Wolfpeizingen erstmals urkundlich erwähnt. Kern der Siedlung dürfte ein Jagdhof des Bistums Passau gewesen sein, auf den auch der Name (peize = Jagd) hindeutet. Ob dieser bereits an der Stelle des heutigen Schlosses stand ist ungewiss. Noch im ersten Viertel des 12. Jahrhunderts gehörte Wolfpassing vorübergehend dem Stift Göttweig, gelangte aber bald wieder in Passauer Besitz. Hier lebten Ministeriale des Bistums, die sich nach Wolfpassing nannten. Von ihnen sind u.a. die Brüder Arnold und Huno (1140) sowie Otto und Heinrich (um 1160) als Lehensnehmer namentlich bekannt. Unter Rieder von Paar wurden in den Jahren 1580 bis 1585 umfangreiche bauliche Veränderungen vorgenommen, die den bis dahin recht einfachen mittelalterlichen Wirtschaftshof in ein Renaissanceschloss verwandelten. Die Passauer Herrschaft dauerte bis zur Säkularisierung von 1803. Dann ging Wolfpassing in private Hände über. Im 19. Jahrhundert kam es zu weiteren baulichen Veränderungen. Kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert verkaufte die Familie Bruckner den nun endgültig zum Schloss umgebauten Hof der Gemeinde Wolfpassing. Diese gab ihn aber bald wieder an Private ab. Unter den nun häufig wechselnden Eigentümern befanden sich die Familien Hager und Köchert. Das erstklassig restaurierte Gebäude gehört nun schon seit längerer Zeit der Familie Decker. Auch der anschließende ausgedehnte Garten ist bestens gepflegt.

Das langgestreckte Schloss liegt am bergseitigen Ende der Massingergasse in der Gemeinde Wolfpassing. An die Straße grenzt nur die dreiachsige Ostfront, die einen Schopfwalmgiebel trägt. Ihre Fassade ist mit profilierten Fensterumrahmungen und einer aufgemalten Eckquaderung geschmückt. Die Fenster des Erdgeschosses sind durch hübsch verzierte Schmiedeeisengitter geschützt. Ein rustiziertes Rundbogenportal mit einem Groteskenkopf im Keilstein und einem schmiedeeisernen Torgitter führt von der Straße in den an der Nordseite des Schlosses verlaufenden Hof. Das Portal befand sich ursprünglich im Schloss Hintersdorf bei St. Andrä-Wördern und wurde von einem der letzten Besitzer des Schlosses Wolfpassing erworben. Als Schauseite fungiert die Nordfront des Gebäudes. Ihr wurden in den Jahren 1580/85 zweigeschossige elfachsige Arkaden vorgeblendet. Wie häufig üblich ruhen die Rundbögen im Erdgeschoß auf recht stämmigen, im Obergeschoß aber auf weit eleganteren toskanischen Säulen. Die eingeschossige Südfassade wird nur durch die mit geraden Verdachungen versehenen Steingewändefenster gegliedert. Bei einem hier eingesetzten, reich verzierten Portalgewände dürfte es sich um eine Spolie aus dem 18. Jahrhundert handeln. Die schmale Westfront wird von zwei Rundtürmen gebildet, die das Gebäude nicht überragen. Der nordwestliche Turm ist im Erdgeschoß mit Schießscharten ausgestattet. Die Räume des Erdgeschosses sind tonnengewölbt. Die am Westende des Schlosses liegende ehemalige Kapelle zeigt gotische Rippenansätze. In den Wohnräumen des Obergeschosses finden sich intarsierte barocke Doppeltüren sowie Renaissance- und Barock-Stuckdecken. Das schmiedeeiserne Stiegengeländer ist spätgotisch und stammt aus dem 16. Jahrhundert. Auch der mit Jagdszenen geschmückte Kachelofen ist ein Werk vom Anfang des 16. Jh. Wie im Inneren des Schlosses finden sich auch im Park zahlreiche Spolien und sekundär aufgestellte Skulpturen. Einiges vom Parkschmuck wurde aus den abgerissenen Wiener Palais Rothschild und Rainer erworben. Neben dem Schloss liegt das an seinem Hauszeichen erkenntliche Hirschenhaus, ein eingeschossiges Jagdhaus aus dem 16. Jahrhundert, das wohl bereits damals zum Schloss gehört hat.

Lage: Niederösterreich/Tullnerfeld – ca. 10 km südöstlich von Tulln

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


01.11.2008